Der Sachverhalt:
In dem Streitfall Az.: IV R 11/15 hatte ein Gesellschafter (Beigeladener) seinen Anteil an einer KG zunächst in eine neu gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG (Klägerin) eingebracht, die dann sogleich unter demselben Datum aus der KG ausschied. Zur Abfindung erhielt die ausscheidende neue Gesellschaft alle Wirtschaftsgüter eines nicht als Teilbetrieb organisierten Geschäftsbereichs der KG, den sie anschließend fortführte.
Für das Streitjahr 2003 ging das Finanzamt nach einer Außenprüfung davon aus, dass die Umstrukturierungen wirtschaftlich als das Ausscheiden des Beigeladenen aus der Klägerin gegen Sachwertabfindung mit Spitzenausgleich im Wege eines Tauschs zu würdigen seien. Im Ergebnis habe der Beigeladene einen dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Veräußerungsgewinn gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG erzielt. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage vollumfänglich statt. Auch die Revision des Finanzamtes vor dem BFH blieb erfolglos.
+++ IV R 31/14 +++
In dem Streitfall Az.: IV R 31/14 war eine von Vater und Sohn betriebene GmbH & Co. KG aufgelöst worden war. Von den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens erhielt der Vater nur einen geringen Teil, während der Sohn mit dem wesentlichen Teil des ehemaligen Gesellschaftsvermögens weiter alleine betrieblich tätig blieb. Das Finanzamt lehnte für das Streitjahr 2005 eine gewinnneutrale Realteilung ab, weil die betriebliche Tätigkeit fortgesetzt worden sei. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes war nur teilweise erfolgreich.
Die Gründe:
+++ IV R 11/15 +++
Die Übertragung der Kommanditanteile des Beigeladenen hatte nicht zu einem Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils des Beigeladenen i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG geführt. Der Vorgang war eine gewinnneutrale unechte Realteilung, weshalb im Ergebnis das erstinstanzliche Urteil bestätigt werden konnte. Auf das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus der Mitunternehmerschaft gegen Sachwertabfindung aus dem mitunternehmerischen Vermögen finden die Grundsätze der Realteilung auch dann Anwendung, wenn die Abfindung nicht in der Übertragung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, sondern in der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter besteht.
Die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben v. 20.12.2016 (-IV C 6-S 2242/07/10002:004-), die im vorliegenden Fall unter Einbeziehung einer kurz zuvor vorgenommenen Übertragung vom Gesellschafter auf die Gesellschaft ein gewinnrealisierendes Tauschgeschäft angenommen hatte, ist bislang mit der Anwendung von Realteilungsgrundsätzen auf Fälle des Ausscheidens gegen Abfindung mit einzelnen Wirtschaftsgütern nicht einverstanden. Negative Auswirkungen kann die Handhabung der Finanzverwaltung insbesondere dann haben, wenn der ausscheidende Gesellschafter mit den erhaltenen Wirtschaftsgütern verbundene Schulden oder sonstige Verpflichtungen übernimmt.
+++ IV R 31/14 +++
Die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Feststellung ergab sich zwar nicht bereits daraus, dass das Finanzamt in dem geänderten Gewinnfeststellungsbescheid nicht ausdrücklich einen Veräußerungsgewinn festgestellt hatte. Die Feststellung eines Veräußerungsgewinns war jedoch deshalb rechtswidrig, weil hier eine Realteilung i.S.d. § 16 Abs. 3 S. 2 EStG vorlag und dabei jedenfalls im Streitfall allenfalls ein auf Ebene der Gesellschaft zu erfassender und auf die einzelnen Realteiler zu verteilender Aufgabegewinn entstanden sein konnte und kein Veräußerungsgewinn.
Die Grundsätze der Realteilung gelten sowohl für die Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens ("echte Realteilung") als auch für das Ausscheiden (mindestens) eines Mitunternehmers unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft ("unechte Realteilung"). Ob im Einzelfall eine echte oder eine unechte Realteilung vorliegt, richtet sich danach, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen ausscheidet. Die Tätigkeit der Gesellschaft war infolge ihrer Auflösung und Vollbeendigung eingestellt worden.
Zusammenfassung:
Gesellschafter können künftig weitergehend als bisher aus ihren Personengesellschaften gewinnneutral und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven ausscheiden. So liegt eine sog. gewinnneutrale Realteilung in allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters vor, wenn er die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet. Es wird eine Buchwertfortführung auch dann ermöglicht, wenn der ausscheidende Gesellschafter lediglich Einzelwirtschaftsgüter ohne sog. Teilbetriebseigenschaft erhält.
Damit wendet sich der BFH ausdrücklich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben s.o.), die eine Gewinnneutralität nur dann gewähren will, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält. Der Auflösung der Gesellschaft mit anschließender Verteilung der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern wird damit das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden Gesellschaft gleichgestellt.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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