Erste Vorschläge können den Wahlprogrammen der Parteien entnommen werden. Konkret von Interesse ist dabei die angestrebte Steuerpolitik und wie wahrscheinlich deren Umsetzung in den möglichen Koalitionsszenarien sein könnte.
Spitzenverdiener bei den einen im Visier…
Grüne, SPD und Linke verfolgen unisono ein Ziel: Spitzenverdiener sollten stärker zur Kasse gebeten werden - kleinere und mittlere Einkommen weniger. Und: die erbschaftsteuerlichen Regelungen sollen verschärft werden sowie die Vermögensteuer wiederaufleben. Noch radikaler ist die Linkspartei, die zusätzlich eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Corona-Lasten einführen möchte.
Alle drei Parteien möchten die Einkommensteuer reformieren und haben dafür Mehrbelastungen für höhere Einkommen im Blick. Dabei wird allerdings die Schwelle unterschiedlich definiert, ab der ein höheres Einkommen vorliegen soll.
… die anderen wollen eine Abschaffung des Mittelstandsbauchs
CDU und CSU sehen zwar ebenso eine Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen vor. Eine höhere Belastung von darüberhinausgehenden Einkommen ist dagegen nicht geplant.
Die FDP bekennt sich zu einem neoliberalen Konzept. Konkret setzt sie sich für die Abschaffung des Mittelstandsbauchs im Einkommensteuertarif ein und möchte einen leistungsgerechten „Chancentarif“ gestalten. Steuertarif, Freigrenzen und Pauschbeträge sollen regelmäßig angepasst werden, der Spitzensteuersatz soll ab 90.000 Euro greifen. Der Solidaritätszuschlag soll in Gänze abgeschafft werden.
Im Wahlprogramm der AfD werden steuerpolitische Themen nur gestreift. Generell spricht sie sich für eine Entlastung des Mittelstandes und sogar für die Abschaffung der Erbschaftsteuer aus.
Unternehmensbesteuerung
Die Linkspartei will die Körperschaftsteuer von heute 15 % auf 25 % erhöhen und zugleich die Gewerbesteuer verschärfen, die nur wenige andere Länder kennen. Dagegen sprechen sich die Liberalen für deren Abschaffung im Zuge der Harmonisierung der Unternehmensteuern in Europa aus. Sie soll durch einen kommunalen Zuschlag auf die Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatzrecht ersetzt werden. In der Union ist von einer Deckelung der Unternehmensteuern auf im Unternehmen belassene Gewinne von 25 % die Rede.
Reizthema Vermögensteuer
Sowohl Grüne, SPD als auch Linke sehen die Wiedereinführung der Vermögensteuer vor, die Linkspartei sogar zudem die Einführung einer Vermögensabgabe. Die Haltung der FDP zu diesem Thema ist eindeutig: Sie hatte im Januar 2021 einen Gesetzesvorschlag eingebracht, wonach die derzeit ausgesetzte Vermögenssteuer ganz abgeschafft werden soll. Die Union spricht sich gegen eine Wiederbelebung der Vermögensteuer aus. Laut Wahlprogramm der AfD soll diese ersatzlos wegfallen.
Hinweis: Seit 1997 wird die Vermögensteuer aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 (Az. 2 BvL 31/91; BStBl. 1995 II, S. 655) nicht mehr erhoben. Grund war die grobe Ungleichbehandlung der verschiedenen Vermögensarten, speziell des Grundvermögens. Zudem wurde bereits in der Vergangenheit in Frage gestellt, ob die Vermögensteuer angesichts des enormen Erhebungsaufwands tatsächlich zu einem Einnahmenplus für den Fiskus führen kann. Statt Grundvermögen höher zu bewerten und damit stärker zu besteuern, wie dies im Verfassungsgerichtsurteil gefordert wurde, entschied sich die damalige Bundesregierung, die Vermögensteuer nicht mehr zu erheben. Das Vermögensteuergesetz ist aber bisher nicht aufgehoben. Bis heute wurde das Vermögensteuergesetz jedoch aufgrund der bestehenden hohen verfassungsrechtlichen Hürden noch nicht angepasst.
Konkret beinhalten die Programme von Grünen, SPD und Linkspartei bereits folgende Rahmendaten:
Blick über die Grenze
Deutschland ist im internationalen Vergleich schon jetzt ein Hochsteuerstandort (siehe dazu novus Mandanteninformation, Juni 2021 S. 5). Daran dürfte sich auch nichts ändern, selbst wenn andere Staaten, etwa die USA oder Großbritannien, eine Erhöhung der Unternehmensteuersätze angekündigt haben. Eine Vermögensbesteuerung ist nur in wenigen Staaten anzutreffen.
Fazit
Offensichtlich ist, dass die enormen Mehrausgaben des Staates, ausgelöst durch die Corona-Krise und die damit einhergehende Wirtschaftskrise, gegenfinanziert werden müssen. Um diese Last nicht ausschließlich künftigen Generationen aufzubürden, ist mit einer Mehrbelastung der Steuerpflichtigen zu rechnen. Wichtig ist dabei allerdings, dass dadurch der nun wieder anlaufende Motor für Wachstum nicht durch überbordende Steuermehrbelastungen abgedrosselt wird. Insb. aus Sicht mittelständischer Unternehmen, die regelmäßig von Familienunternehmern geführt werden, wäre gerade die Rückkehr der Vermögensteuer das größte anzunehmende Übel. Denn dadurch würden den Unternehmern liquide Mittel durch die zusätzliche Steuerbelastung entzogen, die andernfalls für die Wirtschaft ankurbelnde Investitionen genutzt werden könnten. Die Folge: Die Wirtschaft wächst dadurch langsamer, wodurch das Aufkommen aus Einkommen- und Konsumsteuern ebenfalls sinken würde. Schließlich könnte dies auch für das Beschäftigungsniveau einen Rückgang bedeuten.
Steuerpflichtige und insb. Unternehmen sollten die Entwicklungen in der politischen Diskussion bis zum Ausgang der Bundestagswahl beobachten und sich auch Gedanken über ihre Vermögensnachfolge machen. So kann Vermögen bereits auf die nächste Generation übertragen oder in eine Stiftung eingebracht werden.