Z. B. durch Förderung der politischen Wahrnehmungsfähigkeit oder des politischen Verantwortungsbewusstseins. Genauso ist es gemeinnützigen Organisationen gestattet, sich im Rahmen ihres Kernbereichs, z.B. des Umweltschutzes, in gewissem Umfang politisch zu engagieren.
Gemeinnützige politische Bildungsarbeit vollzieht sich allerdings nach Auffassung des BFH im Rahmen geistiger Offenheit. Die Grenze der Gemeinnützigkeit sei dort überschritten, wo darauf abgezielt wird, die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne der eigenen Auffassungen zu beeinflussen. Diese Aufgabe sieht der BFH den Parteien vorbehalten, die im Gegenzug zur Wahrung der politischen Transparenz strengeren Regelungen der Finanzierung und weiteren Rechenschaftspflichten als gemeinnützige Organisationen unterliegen.
Diese Rechtsprechung hat nun erneut eine der großen allgemeinpolitisch tätigen gemeinnützigen Organisationen eingeholt. Der Kampagnenorganisation Campact wurde im Oktober im Rahmen der Veranlagung des Überprüfungszeitraums 2015 bis 2017 vom Finanzamt Berlin der Gemeinnützigkeitsstatus entzogen, wie die Organisation mitteilte. In der Pressemitteilung bemängelt Campact, dass politisches Engagement - wie bereits erwähnt nur - im Rahmen der vorhandenen gemeinnützigen Zwecke gefördert werden kann. Wesentliche Zwecke wie Menschenrechte, faire Handelspolitik und soziale Gerechtigkeit sieht Campact aber nicht als eigenständigen gemeinnützige Zweck vom Gemeinnützigkeitskatalog abgedeckt.
Nach der Entscheidung über Campact heizte sich die bereits länger schwelende Debatte über eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts erneut auf, als Finanzminister Olaf Scholz mit Nachdruck eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts forderte. Er ließ am 22.10.2019 verlautbaren, dass mit Hochdruck an einem Modernisierungsgesetz und einer Reform des Steuerrechts gearbeitet werde, damit Organisationen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzten „nicht schlechter gestellt würden als jeder x-beliebige Verein“. Dabei blieb unerwähnt, dass bereits seit längerem an einer solchen Reform gearbeitet wird und verschiedene Vorschläge bereits ausgearbeitet, wenn auch noch nicht veröffentlicht sind (Vgl. hierzu novus Öffentliche Hand & Gemeinnützigkeit 3. Ausgabe 2019, Seite 14).
In der Politik wurde z. T. zurückhaltend auf die Forderung des Finanzministers reagiert. Zwar sei bürgerschaftliches Engagement wichtig und es müsse gemeinnützigen Organisationen auch erlaubt sein, in untergeordneten Umfang gesellschaftspolitisches Engagement zu entfalten, selbst wenn der eigene Zweck nicht unmittelbar davon betroffen sei. Gleichzeitig wird jedoch eingewandt, dass das BFH-Urteil zu Attac klare Trennlinien aufgezeigt habe, die den Rahmen für gemeinnützige Organisationen absteckten. Eine Privilegierung des politischen Engagements gegenüber den politischen Parteien mit ihren umfangreichen Transparenzverpflichtungen dürfe es jedoch nicht geben. Der Status der Parteien dürfe nicht durch eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts unterlaufen werden. Befürchtungen wurden laut, dass sonst radikale Vereine durch den Gemeinnützigkeitsstatus steuerliche Privilegien erhielten und durch das Steuergeheimnis geschützt würden.
Campact hatte sich auf dieses Szenario vorbereitet. Seit Ergehen der Attac-Entscheidung wurden vorsorglich keine Spendenbescheinigungen mehr ausgestellt. Nichtsdestotrotz werden hohe Lasten auf die Organisation zukommen. Die Aberkennung des Gemeinnützigkeitsstatus betrifft sowohl die Ertragsteuer wegen Wegfalls der Steuerbegünstigung für die Vermögensverwaltung, etwaige Zweckbetriebe oder wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalb der Aufgriffsgrenze. Eine Spendenhaftung wird zumindest zu prüfen sein. Daneben entfallen umsatzsteuerliche Begünstigungen und es können schenkungsteuerliche Nachteile eintreten.
Hinweis
Wie wir bereits in Zusammenhang mit dem Attac-Urteil festgehalten haben, hat sich für steuerbegünstigte Körperschaften, die sich im Rahmen ihrer Zweckverwirklichung auch politisch engagieren, kein unmittelbarer Änderungsbedarf ergeben. Die Rechtsprechung folgte der bisherigen Linie des BFH, so dass sich auch die Anwendungspraxis der Finanzbehörde nicht grundsätzlich ändern dürfte. Vergrößert haben sich lediglich die Risiken bei Organisationen, die rein politische Zwecke verfolgen. Allen Organisationen ist aber zu raten, den Umfang und die inhaltliche Ausrichtung ihrer politischen Tätigkeiten anzusehen und hinsichtlich des Nebenzweckgedankens einer kritischen Würdigung zu unterziehen.