Die Volksrepublik China hat im Jahr 2018 durch die Veröffentlichung verschiedener Gesetzesänderungen und Rundschreiben durch das chinesische Finanzministerium (MOF), die staatliche Steuerverwaltung (SAT) und das Handelsministerium (MOFCOM) ihre Zielsetzung unterstrichen, durch steuerliche Begünstigungen das wirtschaftliche Wachstum und die Investitionen in Innovationen in China zu fördern. Die Maßnahmen umfassen unter anderem die Erweiterung des Kreises der Begünstigten für den sog. TASC-Körperschaftsteuersatz, die Verlängerung der Vortragsfähigkeit steuerlicher Verluste in bestimmten Fällen sowie die Erhöhung des Sofortabzugs qualifizierter Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen. Darüber hinaus wurden die Voraussetzungen für die Aussetzung des Quellensteuerabzugs auf Gewinnausschüttungen gelockert und eine (geänderte) amtliche chinesische Auslegungen ausgewählter DBA-Artikel veröffentlicht.
Reduzierter TASC-Körperschaftsteuersatz: Erweiterung des Kreises der Begünstigten
Multinationale Unternehmen mit einer chinesischen Tochtergesellschaft, die als sog. Technology Advanced Service Company (TASC) qualifiziert, können von einem niedrigen Körperschaftsteuersatz i. H. v. 15 % profitieren. Eine TASC muss im High-End-Technologie Bereich oder im Bereich der sog. „high value-added services“ tätig sein. Zu den begünstigten Unternehmen gehören gemäß der gemeinsam veröffentlichten Verlautbarung (Caishui 2018 Nr. 44) vom 19.5.2018 des MOF, der SAT und des MOFCOM nunmehr auch chinesische Unternehmen, die in den folgenden Bereichen tätig sind:
- Computer- und Informations-Dienstleistungen (z. B. „information system integration“ und „data service“),
- Forschung und Entwicklung sowie Technologiedienstleistungen (z. B. Forschung und experimentelle Entwicklung, Industriedesign, grenzüberschreitende Lizensierung und Übertragung von IP),
- kulturelle technologische Dienstleistungen (digitale Produktion von kulturellen Produkten) und
- traditionelle chinesische medizinische Behandlungsdienstleistungen.
Verlängerung des Zeitraums zur Nutzung von Verlustvorträgen
Grundsätzlich können körperschaftsteuerliche Verluste ab dem Jahr, das auf das Jahr folgt, in dem der Verlust entstanden ist, nicht länger als fünf Jahre vorgetragen werden. Durch Caishui 2018 Nr. 76 vom 11.7.2018 wird den sog. „High-and-New Technology Enterprises“ (HNTE) und sog. „Technology-based Small and Medium-sized Enterprises“ (TSME) rückwirkend ab dem 1.1.2018 ein verlängerter Verlustvortragszeitraum von bis zu zehn Jahren in bestimmten Fällen gewährt. Ungenutzte steuerliche Verluste, die einem Unternehmen in den fünf Jahren vor Qualifikation als HNTE bzw. TSME entstanden sind, können bis zu fünf Jahre vorgetragen und genutzt werden.
Erhöhter Abzug von qualifizierten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen ab 2018 für alle Unternehmen möglich
Durch Caishui 2018 Nr. 99 wird der bisher nur für TSME anwendbare erhöhte Betriebsausgabenabzug von qualifizierten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen auf alle Unternehmen ausgeweitet. Rückwirkend ab dem 1.1.2018 und bis zum 31.12.2020 erhöht sich somit auch für alle übrigen Unternehmen der Sofortabzug qualifizierter Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen von 150 % auf 175 %.
Die Sonderverwaltungszone Hongkong folgt dem Beispiel der Volksrepublik China und erhöht ebenfalls den steuerlichen Abzug ausgewählter Forschungs- und Entwicklungs-Aufwendungen. Die gesetzlichen Neuregelungen wurden am 2.11.2018 verabschiedet und unterscheiden zwischen sog. Type A und Type B Aufwendungen. Während die Type A Aufwendungen zu 100 % und somit in voller Höhe abzugsfähig sind, sieht die gesetzliche Neuregelung für die ersten 2 Mio. Hongkong-Dollar der Type B Aufwendungen einen Abzug i. H. v. 300 % vor. Für Type B Aufwendungen, die den Betrag von 2 Mio. Hongkong-Dollar übersteigen, wird ein Abzug i. H. v. 200 % gewährt. Die Neuregelungen gelten für alle Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, die nach dem 1.4.2018 entstanden sind.
Aussetzung der Quellensteuererhebung auf Gewinnausschüttungen zur Förderung chinesischer Investitionen
Um dem insbesondere durch die US-Steuerreform angeheizten weltweiten Standortwettbewerb Stand zu halten und Investitionen ausländischer Unternehmen in China zu fördern, haben MOF, SAT und MOFCOM bereits in ihrem gemeinsam veröffentlichten Caishui 2017 Nr. 88 vom 21.12.2017 die Aussetzung der Quellensteuererhebung auf Gewinnausschüttungen chinesischer Unternehmen an ausländische Investoren rückwirkend zum 1.1.2017 beschlossen. Bei der Aussetzung der Quellenbesteuerung handelt es sich nicht um einen bloßen Aufschub der Besteuerung, sondern die Quellensteuer wird - sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind -tatsächlich nicht erhoben (vgl. novus Januar/Februar 2018, S. 27).
Um die steuerliche Begünstigung in Anspruch nehmen zu können, sind diverse Voraussetzungen kumulativ zu erfüllen. Von der Regelung erfasst werden von einer chinesischen Gesellschaft aus dem Jahresergebnis und Gewinnrücklagen der Vorjahre an den ausländischen Investor gezahlte Dividenden, Boni und andere Beteiligungsergebnisse. Die empfangenen Finanzmittel müssen auf direktem Weg in China reinvestiert werden und dürfen nicht über zwischengeschaltete Unternehmen erfolgen.
Als begünstigte Direktinvestitionen qualifizieren Kapitalerhöhungen bei einer bestehenden Kapitalbeteiligung, die Neubeteiligung oder Erweiterung der Beteiligung an unverbundenen chinesischen Unternehmen, die Neugründung eines chinesischen Unternehmens sowie sonstige vom chinesischen Finanzministerium erlaubte Investitionsformen. Ausgeschlossen sind jedoch der Erwerb von börsennotierten Aktien mit Ausnahme von bestimmten erlaubten strategischen Investitionen sowie der Erwerb von Beteiligungen an verbundenen Unternehmen.
Darüber hinaus war bisher eine der Voraussetzungen, dass das jeweilige ausschüttende chinesische Unternehmen einer der im „Catalogue of Industries for Guiding Foreign Investment“ oder „Catalogue of Priority Industries for Foreign Investment in Central und Western China“ näher definierten Tätigkeiten nachgeht bzw. in einer der hier definierten Branchen tätig ist. Gemäß des am 26.9.2018 durch das MOF, SAT und MOFCOM gemeinsam veröffentlichten Caishui 2018 Nr. 102 wird die Aussetzung des Abzugs der Quellensteuer rückwirkend zum 1.1.2018 auf alle Gewinnausschüttungen chinesischer Unternehmen ausgeweitet, sofern die jeweilige Tätigkeit des chinesischen Unternehmens nicht gesetzlich verboten ist und die weiteren Voraussetzungen (insbesondere direkte Reinvestition der Ausschüttung in China) erfüllt sind.
Auslegung chinesischer DBA
Chinas Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) spiegelt sich bisher hauptsächlich in der Mitteilung der SAT über die Freigabe der Artikel des DBA zwischen China und Singapur und den einschlägigen Protokollen wider (Guoshuifa 2010 Nr. 75). Diese Auslegung ist auch auf andere von China geschlossene DBA anwendbar, wenn die Bestimmungen der einschlägigen Artikel in diesen DBA mit denen im DBA zwischen China und Singapur übereinstimmen. Mit der Ankündigung Nr. 11 vom 9.2.2018 hat die chinesische SAT eine aktualisierte DBA Auslegung ausgewählter Artikel veröffentlicht. Die Ankündigung Nr. 11 ist nicht nur als eine Klarstellung, sondern auch als eine Ausweitung des Besteuerungsrechts Chinas zu verstehen. Die Ankündigung Nr. 11 ist seit dem 1.4.2018 in Kraft.
Im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen von Dienstleistungsbetriebsstätten wird klargestellt, dass die in einigen älteren chinesischen DBA genutzte Zeitgrenze von sechs Monaten als 183-Tagesgrenze interpretiert werden soll (im Sinne von „183 in den letzten zwölf Monaten“). In dem aktuellen DBA zwischen China und Deutschland, welches am 6.4.2016 in Kraft getreten ist, ist als Tatbestandsmerkmal der Dienstleistungsbetriebsstätte bereits die 183-Tagesgrenze berücksichtigt (Art. 5 Abs. 3 Buchst. b DBA China).
Darüber hinaus hat sich die SAT zu bestimmten Aspekten der abkommensrechtlichen Behandlung von ausländischen Personengesellschaften und ausländischen Gesellschaftern von chinesischen Personengesellschaften geäußert. Nach nunmehr geltender Auslegung haben Gesellschafter einer chinesischen Personengesellschaft (i. S. einer nach chinesischem Recht gegründeten Personengesellschaft), die nicht in China, sondern in einem anderen Vertragsstaat ansässig sind und durch die Personengesellschaft Einkünfte erzielen, die der Besteuerung mit chinesischer Einkommensteuer unterliegen, grundsätzlich Anspruch auf DBA Vergünstigungen.
Eine ausländische Personengesellschaft (i. S. einer nach ausländischem Recht gegründeten Personengesellschaft), die in einem anderen Vertragsstaat ansässig ist und dort als steuerpflichtiger Rechtsträger behandelt wird, kann für chinesische steuerpflichtige Einkünfte die entsprechenden DBA-Vergünstigungen des DBA China in Anspruch nehmen. Die Auslegung der DBA durch China in diesen Fällen steht im Einklang mit der internationalen Praxis. In Fällen, in denen eine ausländische Personengesellschaft nach dem Steuerrecht des ausländischen Vertragsstaats als transparenter Rechtsträger behandelt wird und die im gleichen ausländischen Vertragsstaat ansässigen Gesellschafter die Einkünfte der Personengesellschaft zu versteuern haben, können die Vergünstigungen des DBA mit China in Bezug auf chinesische steuerpflichtige Einkünfte nur in Anspruch genommen werden, wenn das einschlägige DBA die Gewährung der DBA Vergünstigungen an die Gesellschafter ausdrücklich vorsieht. Die Auslegung der DBA durch China in den Fällen ausländischer Personengesellschaften, die im ausländischen Vertragsstaat transparent behandelt werden, ist sehr strikt. Die Auslegung Chinas weicht von der internationalen Praxis ab, da im Regelfall bei Personengesellschaften, die in ihrem Ansässigkeitsstaat transparent behandelt werden und Einkünfte aus einem DBA Quellenstaat beziehen, die jeweiligen Gesellschafter abkommensberechtigt sind und die entsprechenden DBA Vergünstigungen in Anspruch nehmen können.
Hinweis
Um zu klären, welche konkreten steuerlichen Begünstigungen für Ihr Unternehmen nutzbar sind, stehen Ihnen Ihre bekannten Ansprechpartner sowie unsere Kollegen an den neuen Standorten in Shanghai und Peking gerne zur Verfügung (s. dazu Neue Standorte in Shanghai und Peking).