Dem Urteil vom 28.5.2020 (Az. I ZR 7/16, "Cookie Einwilligung II") war im Herbst 2019 die Entscheidung „Planet49“ des Europäischen Gerichtshofs vorausgegangen. Der EuGH hatte darin entschieden, dass ein voreingestelltes Ankreuzkästchen („Opt-out“) nicht die gesetzlichen Anforderungen einer Einwilligung erfüllt.
Hintergrund der Entscheidungen ist ein Streit zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen mit dem Gewinnspielanbieter „Planet49“ wegen der rechtswidrigen Gestaltung eines Gewinnspiels: Im Rahmen der Anmeldung zum Gewinnspiel sollte der Teilnehmer einwilligen, dass auf seinem Computer Cookies gesetzt werden, die es Partnern von „Planet49“ erlaubten, das Surfverhalten des Gewinnspielteilnehmers auszuwerten (sog. Tracking). Cookies sind winzige Textdateien, die beim Aufruf einer Website auf dem Computer des Besuchers gespeichert werden und der Wiedererkennung des Besuchers dienen. Das Häkchen zum Setzen der Cookies hatte „Planet49“ im Teilnahmeformular für das Gewinnspiel vorausgewählt. Wollte ein Teilnehmer das Setzen der Cookies verhindern, musste er das Häkchen aktiv abwählen. Diese Gestaltung erklärt der BGH nunmehr für rechtswidrig.
Zur Begründung stützt sich der BGH auf § 15 Abs. 3 Telemediengesetz. Dieser besagt, dass der Betreiber einer Website zu Werbe- und Marktforschungszwecken Nutzungsprofile erstellen darf, „sofern der Nutzer dem nicht widerspricht“. Aus dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich das Erfordernis einer aktiven Einwilligung jedoch nicht ableiten, er spricht vielmehr dafür, dass ein Opt-out genügt. Um die Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs umzusetzen, soll § 15 Abs. 3 Telemediengesetz nach dem BGH-Urteil aber so ausgelegt werden, dass ein Einwilligungserfordernis besteht. Dies gelte auch mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung. Indirekt erteilt der BGH damit auch dem Tracking zu Werbezwecken auf Basis eines überwiegenden berechtigten Interesses nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO eine Absage.
Obwohl die Begründung des BGH gewagt erscheint, überrascht das Ergebnis kaum: Tracking zu Werbe- und Marktforschungszwecken darf nur mit Einwilligung des Betroffenen erfolgen. Auch die Datenschutz-Aufsichtsbehörden haben diese Auffassung basierend auf der DSGVO seit längerer Zeit vertreten und dürfen sich nun bestätigt fühlen. Es droht daher nun ein strengeres Vorgehen der Aufsichtsbehörden. Auch die Abmahnungen von Wettbewerbern dürften in diesem Bereich zunehmen.
Empfehlung
Beinahe jede moderne Website setzt Cookies und Tracking-Dienste von Google, Facebook und anderen Anbietern ein. Spätestens jetzt sollte daher das Cookie- und Tracking-Konzept der Website auf den Prüfstand gestellt und ein rechtskonformer Einwilligungsprozess implementiert werden. Ein Cookie-Banner, das keine aktive bestätigende Handlung des Besuchers vor dem Speichern des Cookies vorsieht, wird die Anforderungen des BGH in aller Regel nicht erfüllen. Es wird sich der Trend fortsetzen, dass Websitebetreiber auf sog. Consent-Tools setzen. Das sind Softwarelösungen, die eine Steuerung einzelner Cookies oder Kategorien von Cookies in Abhängigkeit von der Einwilligung des Betroffenen erlauben. Für jeden Dritten ist mit einem schnellen Blick auf die Website erkennbar, ob die Anforderungen des BGH umgesetzt wurden. Wer diese ignoriert, riskiert Bußgelder durch Datenschutz-Aufsichtsbehörden und Abmahnungen durch Interessenverbände oder Konkurrenten.