Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Verordnungen und behördlichen Verfügungen zu Betriebsschließungen sind viele Hotels und gastronomische Betriebe über Monate hinweg geschlossen geblieben. Die Versicherten mit gültiger Betriebsschließungsversicherung verlangten von ihren Versicherungen die Auszahlung von Versicherungsleistungen und bekamen überwiegend pauschalierte Ablehnungen, eventuell ergänzt um „Kulanzangebote“ zur Leistung zwischen 10 bis 15% der vereinbarten Tagesentschädigung für die Dauer der versicherten Schließungszeit mit abschließender Abgeltungsklausel.
Die Argumente der Versicherer zur Ablehnung der Versicherungsleistung beziehen sich im Wesentlichen darauf, dass es sich bei den behördlichen Schließungsverfügungen um generalpräventive Schließungen handele und das neuartige COVID-19 nicht von der Aufzählung der vom Versicherungsumfang umfassten Krankheiten oder Krankheitserreger des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) erfasst sei.
Das Landgericht Mannheim hat sich in seinem Urteil vom 29.4.2020 (Az. 11 O 66/20) mit den Problemen und Komplexitäten der Versicherbarkeit solcher Pandemien mit neuartigen Erregern auseinandergesetzt. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung die Auffassung vertreten, dass für die Erfüllung der konkret vorgelegten Versicherungsbedingungen bereits die generalpräventive Schließung ausreichend gewesen sei, eine individuelle Schließungsverfügung für einzelne Betriebe sei für den konkreten Deckungsschutz nicht erforderlich. Soweit die Versicherungsbedingungen eine - regelmäßig dynamische - Verweisung auf die §§ 6,7 IfSG enthalten, sei auch das neuartige COVID-19-Virus vom Versicherungsschutz umfasst, obwohl dieser Erreger bei Vertragsschluss unbekannt war.
Anders entschied das Oberlandesgericht Hamm mit einem nicht anfechtbaren Beschluss vom 15.7.2020 (Az. 20 W 21/20). Die konkret vorgelegten Versicherungsbedingungen enthalten nach Ansicht des Oberlandesgerichts eine abschließende Liste der versicherten Krankheiten und Erreger. Die darin enthaltene Verweisung auf die §§ 6, 7 IfSG begründe nach der Auffassung des OLG keine dynamische Verweisung im Sinne einer späteren Erweiterung des Versicherungsschutzes.
Hinweis
Es bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte die vorgelegten Versicherungsbedingungen bewerten und Raum für Klagen gegen die Versicherer gegeben ist. Die gegenwärtige Debatte zeigt aber bereits, dass die Bandbreite der unterschiedlichen Versicherungsbedingungen zu den abgeschlossenen Betriebsschließungsversicherungen groß ist und zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.