Nach deutschem Steuerrecht ist eine Kapitalgesellschaft im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie hier ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat. Ist der alleinige Geschäftsführer einer ausländischen Kapitalgesellschaft aufgrund der Corona-Pandemie gezwungen von seinem Wohnsitz im Inland aus tätig zu werden, könnte damit die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland begründet werden. Die Kapitalgesellschaft wäre damit mit einer Doppelbesteuerung im Sitzstaat und in Deutschland konfrontiert. In Deutschland wäre eine steuerliche Registrierung der Geschäftsleitungsbetriebsstätte und die Abgabe einer Steuererklärung mit einer Betriebsstättengewinnermittlung geboten. Ein zwischen dem Sitzstaat und Deutschland vereinbartes Doppelbesteuerungsabkommen verhindert dies nicht, sondern sorgt nur dafür, dass es nicht zu einer mehrfachen Besteuerung des gleichen Steuersubstrats kommt. Zudem drohen Diskussionen über den Umfang des der Betriebsstätte zuzuordnenden Gewinns.
Auf internationaler Ebene sind allerdings bereits erste Stimmen zu vernehmen, die sich dafür einsetzen, dass ein durch die Corona-Pandemie eingeschränktes oder vorübergehend nicht mögliches Tätigwerden am Unternehmenssitz für die steuerliche Ansässigkeit und damit die Steuerpflicht unschädlich sein soll.
So äußerte sich die OECD bereits dahingehend, dass die vorübergehende Tätigkeit vom Wohnsitz aus für die Frage des Bestehens einer steuerlichen Betriebsstätte unbeachtlich sein soll. Auch Irland, Großbritannien und Australien wollen keine steuerlichen Konsequenzen daraus ziehen, wenn Führungskräfte multinationaler Unternehmen vorübergehend nicht am Unternehmenssitz tätig werden können.
Hinweis
In Deutschland bestehen derzeit zwar nur Bestrebungen, bei grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmern keine steuerlichen Konsequenzen aus der vorübergehenden Tätigkeit im Home Office anstelle des gewöhnlichen Tätigkeitsortes zu ziehen (siehe dazu Beitrag Grenzgänger). Wir erwarten aber, dass dies auch für die Geschäftsleitungsbetriebsstätte greifen wird. Es sollte dennoch darauf geachtet werden, dass sich die Aktivitäten von einem Home Office eines Geschäftsführers nicht verfestigen, da ansonsten - auch ohne Pandemieeffekte - der Weg zu einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte in Deutschland kurz ist.