Neben anderen im Rahmen der Corona-Krise vorgesehenen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen können Unternehmen, deren Arbeitnehmer sich in Kurzarbeit befinden, Kurzarbeitergeld (Reduzierung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit der Arbeitnehmer z. B. aufgrund von Produktionsausfällen in Folge der Corona-Pandemie) beantragen, um Arbeitnehmern einen Teil (60 % bzw. 67 % - geplant ist derzeit eine stufenweise Aufstockung auf 70 % bzw. 77 % sowie 80 % bzw. 87 %) des durch die Kurzarbeit bedingten Verdienstausfalls zu ersetzen, sofern mindestens 10 % der Beschäftigten vom Ausfall betroffen sind. Die Lohnkosten und Sozialabgaben werden dabei von der Bundesagentur für Arbeit übernommen (weitere Informationen zur Kurzarbeit finden Sie hier).
Das Kurzarbeitergeld wird durch das Unternehmen an den Arbeitnehmer ausgezahlt. Demnach werden Unternehmen jeweils in Vorleistung gehen müssen, da voraussichtlich ein gewisser zeitlicher Versatz zwischen Auszahlung an den Mitarbeiter und Erstattung durch die Bundesagentur für Arbeit zu erwarten ist. Unternehmen können zudem eine Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge auf „Ausfallstunden“ beantragen und freiwillig Aufstockungsbeträge an Arbeitnehmer leisten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Bundesagentur für Arbeit keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der Erstattung des Kurzarbeitergelds und der Sozialversicherungsbeiträge hat, sofern die erforderlichen Voraussetzungen jeweils vorliegen und die Anträge ordnungsgemäß gestellt werden.
Unternehmen sollten im Hinblick auf die Bilanzierung der vorstehend genannten Maßnahmen in einem ersten Schritt beurteilen, inwieweit IAS 20 Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand anwendbar ist. Einige Maßnahmen fallen eindeutig in den Anwendungsbereich von IAS 20 (z. B. Kurzarbeitergeld), andere Maßnahmen fallen z. B. in den Anwendungsbereich von IAS 12 (z. B. Stundung von Steuerschulden).
Kurzarbeitergeld als durchlaufender Posten
Bei Kurzarbeitergeld, welches vom Unternehmen an die Arbeitnehmer weitergeleitet wird, handelt es sich aus Sicht des bilanzierenden Unternehmens um einen durchlaufenden Posten, da der Anspruch der Arbeitnehmer gegenüber der Bundesagentur für Arbeit besteht. Folglich ist in der Gewinn- und Verlustrechnung weder ein Aufwand noch ein Ertrag zu erfassen, es sind weder die Regelungen des IAS 20 noch die Regelungen des IAS 19 direkt einschlägig. Gemäß IAS 8.10 in Verbindung mit IAS 8.11 a.) erscheint es für die Frage der Erfassung eines Vermögenswerts für die Erstattung des Kurzarbeitergelds jedoch sachgerecht, die Regelungen des IAS 19.116 (Ansatzschwelle: virtually certain) bzw. des IAS 37.53 (Ansatzschwelle: virtually certain) in Analogie heranzuziehen. In Anbetracht dessen, dass die Bundesagentur für Arbeit bei der Erstattung des Kurzarbeitergeldes - die Erfüllung der Voraussetzungen für die Beantragung sowie ein ordnungsgemäß einzureichender Antrag unterstellt - keinen Ermessensspielraum hat, erscheint es sachgerecht, eine Forderung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit (sofern den Arbeitnehmern das Kurzarbeitergeld des laufenden Monats bereits ausbezahlt wurde) anzusetzen, da es als virtually certain angesehen werden kann, dass das Unternehmen die Erstattung erhält.
Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen
Bei der Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge auf sog. „Ausfallstunden“ handelt es sich um erfolgsbezogene Zuwendungen (government grants related to income, vgl. IAS 20.3). Unternehmen müssen die Erfassungskriterien gemäß IAS 20.7 erfüllen. Demnach muss bei Zuwendungen der öffentlichen Hand eine angemessene Sicherheit (reasonable assurance) darüber bestehen, dass das Unternehmen die jeweiligen Bedingungen erfüllen und die Zuwendung erhalten wird. Im hier vorliegenden Fall erscheint es - die Erfüllung der Voraussetzungen für die Beantragung unterstellt - daher sachgerecht, bei Antragstellung auf Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge eine Forderung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zu erfassen. Die Bewertung der Forderung basiert auf dem Zeitraum der beantragten bzw. erwarteten Kurzarbeit. Sofern dieser Zeitraum einen Monat überschreitet, ist ein passiver Abgrenzungsposten zu bilden und in den Folgeperioden aufzulösen. Die erfolgswirksame Erfassung der Forderung und Auflösung des Abgrenzungspostens kann entweder als Ertrag oder als Verminderung des Personalaufwands gebucht werden.
Anhangangaben
Unternehmen, die staatliche Unterstützung erhalten bzw. staatliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen haben, müssen zudem die Offenlegungsanforderungen gemäß IAS 20 berücksichtigen und sollten folgende Informationen offenlegen:
- Art und Umfang der anerkannten staatlichen Zuschüsse,
- Hinweis auf weitere staatliche Unterstützung, von der es profitiert hat, und
- unerfüllte Bedingungen und sonstige Eventualverbindlichkeiten in Zusammenhang mit der staatlichen Unterstützung.