In der Tradition eines Familienunternehmens im Südwesten hat ElringKlinger die gesamte Grundlagenentwicklung an der Unternehmenszentrale in Dettingen/Erms konzentriert – ein Bekenntnis zu Deutschland und dem Ursprung des Unternehmens.
Bei ElringKlinger steht Corporate Governance für eine verantwortungsbewusste und auf langfristige Wertschöpfung ausgerichtete Unternehmensführung. Vorstand und Aufsichtsrat sehen sich in der Verpflichtung, durch eine verantwortungsbewusste und langfristig ausgerichtete Unternehmensführung für den Bestand des Unternehmens und eine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen.
Markus Münstermann spricht mit Dr. Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender der ElringKlinger AG, über die Frage, wie erfolgreiche Unternehmen Corporate Governance umsetzen, dabei Risiken zentral steuern und auch im Ausland überwachen können, ohne in der aktuellen Situation vor Ort im Ausland präsent sein zu können.
Herr Dr. Wolf, der Verbrennungsmotor wird zunehmend zum Auslaufmodell und nun beschäftigt die Unternehmen auch noch die Corona-Pandemie - der perfekte Sturm für die Automobilzulieferindustrie?
Das ist sicherlich keine angenehme Situation für uns Automobilzulieferer. Aber Unternehmen müssen auch mit schwierigen Zeiten zu Recht kommen, Risiken im Griff behalten und ihre Zukunft selbst gestalten.
Was Corona betrifft: Gerade gut organisierte Betriebe wie wir haben ja bisher entscheidend dazu beigetragen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, indem wir verantwortungsbewusst und eigeninitiativ gehandelt haben.
Auch auf die Transformation der Automobilindustrie hat sich ElringKlinger schon frühzeitig vorbereitet und das Produktportfolio auf die Technologien der Zukunft ausgerichtet. Aber das kostet richtig Geld – und ist eine echte Herausforderung. Entlang unserer Kernkompetenzen Stanzen, Prägen, Formen, Beschichten und Kunststoffspritzguss verfügen wir über hochtechnologische Lösungen für beide Welten: für verbrennungsmotorbetriebene Fahrzeuge genauso wie für alternative Antriebsformen. Bspw. arbeiten wir seit 20 Jahren an der Brennstoffzelle und haben uns über die Jahre Know-how aufgebaut. Insgesamt müssen wir uns da keine Sorgen über die Zukunft machen.
Der richtige Umgang global erfolgreicher Unternehmen mit ihren Risiken war natürlich immer schon gefordert und die dazugehörigen Corporate Governance Strukturen haben sich in den vergangenen Jahren deutlich professionalisiert. Wie ist Ihre Wahrnehmung und was sind die Hintergründe für diese Entwicklung?
Das ist richtig. Die zunehmende Größe und Internationalisierung der Unternehmen einerseits und die wachsende Komplexität auch des regulatorischen Umfelds andererseits, lässt Risiken steigen. Dem begegnen erfolgreiche Unternehmen mit Verbesserungen der entsprechenden Corporate-Governance-Elemente, d. h. beim internen Kontrollsystem, beim Risikomanagement, beim Compliance-Management und bei der internen Revision. Allerdings ist die Ausgestaltung der einzelnen Corporate-Governance-Funktionen, wie z. B. der internen Revision, in der Regel vom einzelnen Unternehmen abhängig, d. h. unter anderem von der Branchenzugehörigkeit, der Größe, dem Grad der Internationalisierung und der Kapitalmarktorientierung.
In welchen Unternehmensbereichen lauern häufig Risiken?
Risiken resultieren häufig aus klassischen blinden Flecken, die nicht regelmäßig genug überwacht werden. Das können individuelle Management-Fehler bei einer Tochtergesellschaft sein, aber auch Schwachstellen in Standardprozessen, die niemand auf dem Radar hatte, z. B. im Einkauf von nicht produktionsbezogenen Materialien oder Dienstleistungen oder auch ganz einfach Sonderzahlungen und Reisekosten im Personalbereich. In einer Unternehmensgruppe summiert sich so etwas schnell auf.
Wie ist ElringKlinger bisher mit diesen Risiken umgegangen?
ElringKlinger geht mit solchen Risiken nicht leichtfertig um. Wir versuchen über unsere Corporate-Governance-Systeme genau diese Risiken zu adressieren.
Wir wägen sehr genau ab und statten derartige Maßnahmen mit den möglichen notwendigen Ressourcen aus. Der Einsatz von externen Revisoren wird gerade in sensiblen Bereichen eines Konzerns nicht unkritisch gesehen, weil man dort Know-how-Transfer befürchtet und dann auch die Akzeptanz für die vorgeschlagenen Maßnahmen leidet. Ganz zu schweigen von den vergleichsweise hohen Kosten für den Einsatz externer Spezialisten. Viele Unternehmen wenden sich der externen Revision daher nur aus konkretem Anlass zu. Wir gehen den Weg der möglichst präventiven internen Revision.
Was gibt es für Lösungen und welchen Nutzen haben diese für Unternehmen?
Wie die meisten Unternehmen gehen auch wir bei ElringKlinger von einer ganzheitlichen Sicht aus und setzen parallel auf verstärkte Agilität, auch im Bereich Corporate Governance. Konkret bedeutet dies die Umsetzung einer zeitgemäßen Struktur der einzelnen Governance-Organe.
Nach unserer Erfahrung wird durch einen zentral koordinierten Einsatz externer Spezialisten der Nutzen aus den Revisionsaktivitäten für das Unternehmen signifikant verbessert. Wir erreichen ein effektives Governance-, Risk- und Compliance-Management für den Bereich Revision durch einen Chief Compliance Officer, der mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist, sowie einen eigenständigen Revisionsleiter in der Gruppe, der das Co-Sourcing der Revisionsteams im In- und Ausland koordiniert. Im Ergebnis resultiert daraus eine schlagkräftige Mischung aus externem und internem Know-how.
Haben sich durch die Corona-Pandemie wesentliche Änderungen in Ihrem Corporate Governance und Revisionsansatz ergeben?
Nein, in der grundsätzlichen strategischen Ausrichtung und in unserem Anspruch nicht. Wir haben natürlich die geplanten Revisionen bei unseren Auslandsgesellschaften in diesem Jahr nicht vor Ort durchführen lassen. Das wiederum bot uns aber die Chance, unseren Revisionsansatz auf eine ganz neue Basis zu stellen. Wir gehen hier mit unseren Outsourcing-Dienstleistern viel stärker in Richtung Digitalisierung und können so zukünftig die in Koordination mitunter aufwändigen Revisionsbesuche zielgerichteter gestalten. Wenn man konkrete Maßnahmen betrachtet, haben wir gute Erfahrungen mit standardisierten Analysen von Massendaten gemacht. Innerhalb der Gruppe lässt sich der Reifegrad der einzelnen Konzerngesellschaften auf diesem Weg gut im Sinne eines Benchmarkings als Querschnittsanalyse vergleichbar machen.
Was erwarten Sie zukünftig?
Unternehmen wollen natürlich sowohl ihre Risiken im Griff behalten als auch die gesamten Kontrollkosten weiter optimieren – d. h. die Beibehaltung einer ausreichenden bzw. optimalen Kontrollintensität erreichen. Hier werden zunehmend weiter automatisierte Vorgehensweisen des „Continuous Auditing“ und Data bzw. Process Mining Tools bestimmt noch interessante Entwicklungen bringen.
Wir dürfen nicht vergessen: Erfolgreiche Digitalisierung braucht genau wie erfolgreiche Globalisierung einen Ankerpunkt. Davon ausgehend kann man dann die internationalen Standards entwickeln. Und auf diesem Weg ist es auch möglich, unsere Grundwerte an allen Standorten zu leben. Für uns sind Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit von wesentlicher Bedeutung. Nur in einer solchen Kultur können Menschen Probleme offen ansprechen und eine gemeinsame Lösung finden. Das gilt für heute genauso wie für morgen.