Hintergrund und Ziele
Grundlegendes Ziel der CSRD ist die Erhöhung der Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte. Erstmals wird es dazu verbindliche Berichtsstandards mit einer starken Quantifizierung geben. Im Kontext des EU Green Deals soll die Schaffung von Transparenz in der Nachhaltigkeitsleistung - insbesondere auch von nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen - dazu führen, dass Finanzmarktakteure ihre Kapitalströme in nachhaltigere Wirtschaftszweige umlenken. Diese Umlenkung soll zur Erreichung der europäischen Nachhaltigkeitsziele beitragen.
Anwendungskreis auf rund 15.000 Unternehmen ausgeweitet
Während die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) lediglich große kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungen mit mehr als durchschnittlich 500 Mitarbeitenden betrifft, soll durch die CSRD eine deutliche Erweiterung des Anwendungskreises erfolgen. Ab dem Geschäftsjahr mit Beginn am oder nach dem 01.01.2024 (Veröffentlichung 2025) ersetzt die CSRD die NFRD und legt zunächst denselben Anwenderkreis zu Grunde. Ab dem Geschäftsjahr 2025 (Veröffentlichung 2026) sollen sämtliche große Unternehmen, unabhängig von der Kapitalmarktorientierung, von der Verordnung betroffen sein. Im darauffolgenden Geschäftsjahr wird der Kreis der betroffenen Unternehmen auf kapitalmarktorientierte KMU, kleine, nicht-komplexe Kreditinstitute sowie firmeneigene Versicherungsunternehmen erweitert. Kapitalmarktorientierte KMU erhalten hierbei die Möglichkeit eines Aufschubs bis zum Geschäftsjahr 2028. Dann erfolgt auch eine Ausweitung auf Nicht-EU-Unternehmen, die mehr als 150 Mio. Euro Nettoumsatz in der EU erwirtschaften und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben.
Hinweis: Tochterunternehmen erfahren eine Befreiung von der Berichtspflicht mit Ausnahme großer kapitalmarktorientierter Tochterunternehmen. Eine Berichterstattung für einzelne Tochterunternehmen hat trotzdem zu erfolgen, wenn signifikante Unterschiede in deren Risiken und Auswirkungen im Vergleich zum Gesamtkonzern bestehen.
Formale und inhaltliche Anforderungen
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist in einem gesonderten Abschnitt des Lageberichts vorzunehmen und daher gemeinsam mit diesem offenzulegen. Die Nachhaltigkeitsangaben unterliegen den Vorgaben zum ESEF-Tagging des Lageberichts.
Die Berichtsinhalte werden in der CSRD selbst und in ergänzenden Berichtsstandards („European Sustainability Reporting Standards“ - ESRS) spezifiziert. Grundsätzlich umfassen die Inhalte neben qualitativen auch quantitative Angaben.
Die CSRD selbst fordert unter anderem folgende Informationen:
- Beschreibung von Geschäftsmodell und Strategie mit Blick auf verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte, etwa in Bezug auf das 1,5 °C-Ziel zum Klimaschutz
- Nachhaltigkeitsziele und ‑politik sowie Zuständigkeiten der Organe und Risiken
- Wertschöpfungskette: Umsetzung nachhaltigkeitsbezogener Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Lieferkette.
Aufgrund des Umfangs der Angabepflichten und dem damit verbundenen Aufwand billigt der europäische Gesetzgeber dabei KMU eine Reduzierung der Angaben zu.
European Sustainability Reporting Standards
Neben den bereits im Richtlinientext spezifizierten Inhalten sollen durch die ESRS, für deren Erstellung die EU-Kommission die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) mandatiert hat, verbindliche Berichtsstandards geschaffen werden. Die ESRS werden dann als delegierte Rechtsakte verabschiedet und sind direkt für betroffene Unternehmen verbindlich. Die Anfang 2022 von der EFRAG veröffentlichten Standardentwürfe umfassen hierbei zwei sog. Cross-Cutting-Standards mit allgemeinen Anforderungen sowie elf themenspezifische sektorübergreifende Standards, fünf zum Bereich Umwelt, vier zu Sozialem und zwei zur Unternehmensführung („Governance“). Sie enthalten detaillierte Vorgaben zu Strategie, Umsetzung (Regelungen, Ziele und Maßnahmen) und Leistungsmessung.
Für die Ermittlung der berichtspflichtigen Inhalte wird eine doppelte Wesentlichkeit zu Grunde gelegt: Sowohl Auswirkungen des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsaspekte („Inside-out“) als auch die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen („Outside-In“) sind zu berücksichtigen.
Hinweis: Weitere sektorspezifische Standards sind darüber hinaus in Arbeit.
Zusammenspiel zwischen CSRD und EU-Taxonomie
Seit Geschäftsjahren mit Beginn am 01.01.2021 sind die meisten Unternehmen, die unter den Anwendungskreis der NFRD fallen, durch die Taxonomie Verordnung (EU) 2020/852 vom 18.06.2020 dazu verpflichtet, in ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung quantitative Angaben zu nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten zu machen. Angabepflichtig sind insbesondere der Anteil vom Umsatz, die Investitionen („CapEx“) und Betriebsausgaben („OpEx“), die in Verbindung mit nachhaltigen („taxonomiekonformen“) Wirtschaftstätigkeiten stehen.
Durch die CSRD werden alle Unternehmen, die unter ihren Anwendungskreis fallen, zur Berichterstattung gemäß Taxonomie Verordnung verpflichtet, die - zusammen mit den ergänzenden delegierten Rechtsakten - die Inhalte definiert.
Prüfungspflicht
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung unterliegt zukünftig einer externen Prüfungspflicht. Diese ist zunächst für eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit („limited assurance“) vorgesehen, die Erweiterung auf eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit („reasonable assurance“) analog zur Abschlussprüfung ist mittelfristig bereits angekündigt.
Weiterer Gesetzgebungsprozess
Sobald die Richtlinie final auf EU-Ebene verabschiedet wurde, sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die Vorgaben innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht zu überführen. Eine Verabschiedung der sektorübergreifenden Standards ist aktuell bis zum 30.06.2023 vorgesehen. Die Verabschiedung der sektorspezifischen ESRS sowie für Nicht-EU-Unternehmen folgt voraussichtlich 2024.
Was jetzt zu tun ist
Aufgrund der großen Komplexität von ESRS und Taxonomie sollten sich Unternehmen frühzeitig auf die erstmalige Anwendung vorbereiten.
Hierzu gehören eine Betroffenheitsanalyse und die Bestimmung von Zuständigkeiten im Unternehmen. Im Anschluss bietet sich eine modulare Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Anforderungen an, um frühzeitig Strukturen und robuste Prozesse für die Ermittlung der qualitativen und quantitativen Angaben zu etablieren. Dazu ist eine Wesentlichkeitsanalyse für die Identifizierung der relevanten Themen durchzuführen.