Bereits seit 2017 sind multinationale Unternehmensgruppen mit einem Gruppenumsatz von mehr als 750 Mio. Euro verpflichtet, einen länderbezogenen Bericht vorzulegen, das sog. Country-by-Country-Reporting, kurz CbCR. Der im Falle einer inländischen Konzernobergesellschaft an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermittelnde Bericht wird an die zuständigen Behörden der Ansässigkeitsstaaten der Konzernmitglieder weitergeleitet, so dass diesen die Informationen zu Umsatzerlösen, Ertragsteuern, Jahresergebnis, Eigenkapital, einbehaltenen Gewinn, Beschäftigtenzahlen und Vermögenswerte zur Verfügung stehen. Die ersten Reports wurden mittlerweile zwischen den Behörden der einzelnen Länder ausgetauscht, so dass dem Bundeszentralamt für Steuern auch Informationen zu Gruppengesellschaften ausländischer Konzerne vorliegen.
Betroffene Unternehmen haben die Hürden der Einführung eines funktionierenden Reportings längst genommen. Es hat sich aber- wie zu erwarten - bestätigt, welch enormer Aufwand betrieben werden muss, um innerhalb einer Unternehmensgruppe vollständige und konsistente Daten liefern zu können. Erschwerend kommt hinzu, dass sich zu den einzelnen Kennzahlen zahlreiche Detailfragen stellen, welche in den vorliegenden gesetzlichen Regelungen und OECD-Papieren großteils nur oberflächlich und teilweise auch gar nicht beantwortet werden. Weiterhin ist der Einsatz eines IT-Tools, wie beispielsweise unsere Softwarelösung von Universal Units, notwendig, um die zusammengetragenen Daten in dem zwingend vorgegebenen xml-Format elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern übermitteln zu können.
War hier bislang die Übertragung per De-Mail möglich, hat dies ab Juli 2019 zwingend über die ELMA-Schnittstelle des Bundeszentralamts für Steuern zu erfolgen. Auf den ersten Blick scheint das neue Verfahren einfacher zu sein als die bisherige Vorgehensweise. Jedoch löst die Umstellung erneuten Mehraufwand aus, da zum einen Registrierungen erforderlich sind und sich zum andern der Verfahrensverlauf als kompliziert erweist. Vor diesem Hintergrund sollte geprüft werden, ob ggf. die bisherige Vorgehensweise bei der Erstellung des Reportings angepasst werden muss, um den nächsten CbCR ohne größere Komplikationen an das Bundeszentralamt übertragen zu können.
Doch was geschieht mit den Daten, die die Finanzbehörden im In- und Ausland erhalten? Ist der enorme Aufwand der mittelständischen und großen Unternehmensgruppen aufgebürdet wird, gerechtfertigt durch die gewonnen Erkenntnisse und sind diese entsprechend verwertbar? Die OECD hat hierzu ein Handbuch zur effektiven steuerlichen Risikobewertung veröffentlicht. Darin finden sich Indikatoren, die es den Steuerverwaltungen der einzelnen Staaten ermöglichen sollen, steuerliche Risiken durch die Verrechnungspreisgestaltung zwischen den Gruppenunternehmen zu erkennen. In den so identifizierten Risikobereichen könnten die Steuerverwaltungen dann gezielt weitere Prüfungen durchführen und ggf. die in den jeweiligen Staaten zu zahlenden Steuern anpassen.
Ob nun aber die in dem OECD-Papier genannten Indikatoren dazu geeignet sind, steuerliche Risiken aufzuzeigen, darf in Frage gestellt werden. So sollen z. B. Änderungen in der Konzernstruktur als Indikator dienen. Da Strukturänderungen jedoch regelmäßig nicht steuergetrieben sind, dürfte diesen nur sehr begrenzte Aussagekraft zukommen. Weiter sollen Geschäftstätigkeiten in Niedrigsteuerländern oder substantielle Geschäftstätigkeiten mit nur geringem Gewinn auf Steuerrisiken hinweisen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass im CbCR keine Einzelinformationen zu den Tätigkeiten der Konzerngesellschaften in den einzelnen Ländern, sondern vielmehr aggregierte Werte zu allen Konzerngesellschaften und Betriebsstätten in einem Land enthalten sind.
Unternehmensgruppen, die ein CbCR übermitteln müssen, werden sich jedenfalls gezwungen sehen, sich mit diesen Indikatoren zu befassen und ggf. durch weiteres Datenmaterial vermutete Steuerrisiken zu widerlegen, um weitergehende Prüfungen der Steuerbehörden zu vermeiden, die bei den Unternehmen regelmäßig enormen Betreuungsaufwand auslösen. Auch liegt die Vermutung nahe, dass entsprechend der identifizierten Indikatoren seitens der Steuerverwaltungen noch mehr Transparenz bei den Unternehmen eingefordert wird, was wiederum zu einer Ausweitung der Dokumentationspflichten führen dürfte. Die Tendenz geht damit eher hin zu einer Ausweitung der Dokumentationspflichten als zu einem maßvollen Zurückführen auf wesentliche Unternehmenskennzahlen.
Schließlich sehen sich Unternehmensgruppen weiterhin mit der Forderung nach einem öffentlichen CbCR konfrontiert. Zwar wurde ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission aus 2016 bislang noch nicht weiterverfolgt. Das Thema wird jedoch mit Verweis auf mehr Steuergerechtigkeit immer wieder auf politischer Ebene diskutiert. Insbesondere mittelständische Konzerne fürchten zurecht, dass sie neben den Bürden eines hohen Verwaltungsaufwands dann auch noch Wettbewerbsnachteile erleiden würden, wenn wesentliche Kennzahlen ihrer Unternehmen für jedermann - somit auch für Konkurrenten - frei zugänglich wären.