Diese umfasst u.a. etwa die eingeschränkten Möglichkeiten zur Erlangung von Prüfungsnachweisen, Prüfungsunterbrechungen, Home-Office, Fernprüfungshandlungen, Unmöglichkeit einer Inventurbeobachtung, Einschränkungen der Reise- und Bewegungsfreiheit, Datenaustausch über virtuelle Datenräume sowie erschwerte Abstimmungen mit Teilbereichsprüfern. Zudem ergeben sich aufgrund der hohen Dynamik der Corona-Krise für den Abschlussprüfer erhöhte Anforderungen an die Kommunikation mit den gesetzlichen Vertretern und den Überwachungsorganen.
Im Rahmen der Prüfung sollte zunächst für das Unternehmen eine detaillierte Betroffenheitsanalyse hinsichtlich aller relevanter Einflussfaktoren (z. B. Markt, Wettbewerb, Beschaffung, Produktion, Absatz, Personal, Finanzierung) sowie erfolgter Reaktionen hierauf (Umfang der Befassung, Maßnahmen in Planung/Umsetzung) vorgenommen werden. Darauf aufbauend erfolgt in einer Gesamtbetrachtung eine Risikoeinstufung in Bezug auf die Auswirkungen der Corona-Krise. Diese Betroffenheitsanalyse kann als Grundlage für eine Einschätzung des Umfangs notwendiger Unternehmensangaben im Anhang/Lagebericht sowie eigener Berichtspflichten des Abschlussprüfers (Prüfungsbericht, Bestätigungsvermerk) dienen.
Ergeben sich aus der Corona-Krise gegenwärtig keine wesentlich erhöhten Risiken und sind die Erläuterungen hierzu im Anhang und Lagebericht hinreichend, reicht es zumeist aus, wenn der Abschlussprüfer auf die Lage des Unternehmens im Prüfungsbericht in knapper Form im Rahmen der Vorwegberichterstattung eingeht.
Sofern sich allerdings entwicklungsbeeinträchtigende Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf des Unternehmens ergeben bzw. solche Auswirkungen zukünftig ernsthaft erwartet werden (z. B. Kurzarbeit, temporäre Betriebsschließungen), hat der Abschlussprüfer hierüber in einem eigenen Abschnitt im Prüfungsbericht zu berichten.
Ein Hinweis im Bestätigungsvermerk entsprechend IDW PS 406 (Hervorhebung eines Sachverhalts), durch den auf eine angemessene Darstellung der durch die Corona-Krise bestehenden erhöhten Unsicherheiten im Jahresabschluss/Lagebericht aufmerksam gemacht wird, ist grundsätzlich möglich. Ein solcher Hinweis wird aber häufig eher allgemeiner Natur sein und insofern nicht als geeignetes Mittel der Berichterstattung angesehen (vgl. IDW, Fachlicher Hinweis (Teil II) vom 25.3.2020, S. 31 f.). Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass ein Hinweis nach IDW PS 406 die kritische Auseinandersetzung des Abschlussprüfers hinsichtlich einer notwendigen Modifizierung des Bestätigungsvermerks beeinträchtigt bzw. anstelle eines ggf. notwendigen Hinweises zur Bestandsgefährdung erfolgt. Die Prüfung der Auswirkungen der Corona-Krise kann zudem bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE) unter Umständen einen besonders wichtigen Prüfungssachverhalt (Key Audit Matter) darstellen. Dann ist auch über das prüferische Vorgehen und entsprechende Schlussfolgerungen im entsprechenden Abschnitt des Bestätigungsvermerks zu berichten.
Resultiert aus der Corona-Krise eine wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit (z. B. längerfristige Produktionsausfälle wegen Personal- oder Lieferengpässen bzw. infolge des Einbruchs von Absatzmärkten, erhebliche Forderungs- und Zahlungsausfälle verbunden mit Liquiditätsengpässen, Bruch von Covenant-Klauseln, Unsicherheiten im Hinblick auf beantragte staatliche Liquiditäts-/Unterstützungsleistungen), hat der Abschlussprüfer zusätzliche Prüfungshandlungen vorzunehmen. Bei der Beurteilung einer angepassten Planung (Annahmen, Plausibilität, Maßnahmen) sind vor allem die Annahmen zum weiteren Verlauf der Corona-Krise (Shutdown-Szenarien, Rekuperationszeiten) sowie die Einschätzung der Anspruchsvoraussetzungen bei noch nicht verbindlich zugesagten staatlichen Leistungen (z. B. zusätzliche Anforderungen bei KfW-Krediten mit Eigenanteil der Hausbanken) zu würdigen. Gegenwärtig dürfte es nicht zu beanstanden sein, wenn die Unternehmensplanung von einer sich wieder normalisierenden Gesamtsituation im Jahresverlauf mit einer schrittweisen Abmilderung der damit verbundenen Folgen ausgeht.
Liegt eine Bestandsgefährdung vor, ist diese in einem eigenen Abschnitt im Prüfungsbericht und durch einen Hinweis auf die Bestandsgefährdung im Bestätigungsvermerk entsprechend IDW PS 270 n. F. unter Bezugnahme auf die Angaben im Abschluss und ggf. Lagebericht darzustellen (hinsichtlich der Besonderheiten bei PIEs bei gleichzeitigem Vorliegen von bestandsgefährdenden Risiken und eines Key Audit Matters siehe APAS Verlautbarung Nr. 9 vom 26.2.2020). Der Hinweis setzt das Bestehen eines Fortführungsrisikos voraus, dessen Eintritt aber nach den zum Datum des Bestätigungsvermerks vorliegenden Erkenntnissen und Tatsachen nicht so wahrscheinlich ist, dass eine Abkehr von der Fortführungsannahme zu erfolgen hat. Gleichwohl erscheint jedoch eine angemessene Information der Abschlussadressaten erforderlich.
Neben Einwendungen infolge falscher bzw. ungenügender Darstellungen im Anhang und/oder Lagebericht können aufgrund der Corona-Krise vor allem auch Prüfungshemmnisse (keine Möglichkeit zur Erlangung ausreichend geeigneter Prüfungsnachweise) zu Modifizierungen von Prüfungsurteilen im Bestätigungsvermerk führen. Die gegenwärtigen erheblichen Unsicherheiten führen allerdings bei zukunftsorientierten Finanzinformationen (z. B. Fortführungsannahme, Prognosen im Lagebericht) allein noch nicht zu einem Prüfungshemmnis. Kann der Abschluss infolge der Auswirkungen der Corona-Krise nicht mehr unter Annahme der Going-Concern-Prämisse aufgestellt werden, ist eine Bilanzierung nach den Regelungen des IDW RS HFA 17 (z. B. Bewertung unter Liquidationsgesichtspunkten) vorzunehmen. Bei fehlender Anpassung der Bilanzierung ist der Bestätigungsvermerk zu versagen.
Soll die Auslieferung von Prüfungsberichten in tradierter physischer Form unter Verwendung einer eigenhändigen Unterschrift erfolgen und ist dies in Corona-Zeiten aufgrund der damit einhergehenden Beschränkungen nicht zeitgerecht möglich, kann die Vorabversendung einer elektronischen Kopie in Betracht gezogen werden. Allerdings muss die Vorlagepflicht spätestens bis zum Zeitpunkt der Feststellung durch die Zuleitung von zumindest einem eigenhändig unterschriebenen Berichtsexemplar an den Vorsitzenden des Feststellungsorgans (ggf. an dessen Stellvertreter) erfüllt werden. Sofern dies in Ausnahmefällen nicht möglich ist, sollte der Abschlussprüfer in der Sitzung des Feststellungsorgans (z. B. in Form einer Videokonferenz) zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten erklären, dass die bislang versandte elektronische Kopie dem unterschriebenen Original entspricht (vgl. IDW, Fachlicher Hinweis (Teil II) vom 25.3.2020, S. 31 f.). Unabhängig davon besteht die Möglichkeit, Prüfungsberichte ausschließlich in elektronischer Form unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz vorzulegen.
Wegen der Auswirkungen der Corona-Krise kann sich die Situation ergeben, dass der Jahresabschluss nach Vorlage des Prüfungsberichts (Testatserteilung) durch das Unternehmen nochmals geändert wird. In diesem Fall muss der Abschlussprüfer den geänderten Jahresabschluss im Wege einer Nachtragsprüfung (§ 316 Abs. 3 Satz 1 HGB) prüfen, soweit die Änderung reicht. Dazu muss die Gesellschaft einen geänderten Abschluss als solchen kennzeichnen und über die vorgenommenen Änderungen im Anhang berichten. Der Abschlussprüfer muss über das Ergebnis der Prüfung schriftlich in Form eines eigenständigen Nachtragsprüfungsberichts berichten und den ursprünglich erteilten Bestätigungsvermerk um einen Hinweis auf die erfolgte Nachtragsprüfung ergänzen. Der geänderte Jahresabschluss ist dem zuständigen Organ erneut zur Feststellung vorzulegen. Eine erneute Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung entfällt, sofern sich die Änderungen des Jahresabschlusses nicht auf den Bilanzgewinn ausgewirkt haben.