Virtuelle General- und Vertreterversammlungen
Vor dem Hintergrund des derzeit geltenden Kontaktverbots ermöglicht es Artikel 2 § 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, General- und Vertreterversammlungen ohne physische Präsenz durchzuführen.
Abweichend von § 43 Abs. 7 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) können die Mitglieder Beschlüsse schriftlich oder in elektronischer Form, etwa per E-Mail, fassen - und zwar auch dann, wenn das in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen ist. Telefon- oder Videokonferenzen etwa per Skype oder Zoom sind ebenfalls möglich. In diesem Fall muss der Vorstand der Niederschrift über die Beschlüsse der Generalversammlung gemäß § 47 GenG eine Liste der Mitglieder beifügen, die an der Beschlussfassung mitgewirkt haben. Für jedes Mitglied ist darin die Art der Stimmabgabe zu vermerken.
Erleichterte Einberufung der Generalversammlung
Statt per Brief lassen sich Versammlungen per Anzeige auf der Internetseite der Genossenschaft einberufen. Auch ist eine unmittelbare Benachrichtigung in Textform möglich. Weiterhin unverändert gelten aber die Fristvorgaben für die Einberufung. Und nach wie vor ist die Tagesordnung mit der Einberufung bekannt zu machen.
Feststellung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat
Anders als in § 48 Abs. 1 Satz 1 GenG geregelt, kann die Feststellung des Jahresabschlusses auch durch den Aufsichtsrat erfolgen, wenn die eigentlich zuständige Versammlung infolge des Corona-Virus nicht stattfinden kann, Art. 2 § 3 Abs. 3 des Gesetzes.
Auszahlung von Abschlägen auf Dividenden oder Auseinandersetzungsguthaben
Der Vorstand kann auch ohne Versammlungsbeschluss eine Abschlagszahlung auf eine zu erwartende Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens eines ausgeschiedenen Mitgliedes oder eine an ein Mitglied zu erwartende Dividendenzahlung leisten. Voraussetzung ist, dass der Aufsichtsrat dem zustimmt. Dabei sind entsprechend eines Verweises auf § 59 Abs. 2 Aktiengesetz folgende Beschränkungen zu beachten:
- Die Genossenschaft muss im vergangenen Geschäftsjahr einen Jahresüberschuss erwirtschaftet haben.
- Insgesamt darf höchsten die Hälfte des Betrags gezahlt werden, der vom Jahresüberschuss nach Abzug der Beträge verbleibt, die laut Gesetz oder Satzung in Gewinnrücklagen einzustellen sind.
- Und in Summe darf der Abschlag die Hälfte des vorjährigen Bilanzgewinns nicht übersteigen.
Vorstände und Aufsichtsräte bleiben vorübergehend im Amt
Genossenschaften stellt es vor Probleme, wenn die Amtsperiode von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern ausläuft und die Nachbesetzung nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen kann, weil die Versammlung Covid-19-bedingt ausfällt. Eine wirksame Vertretung im Rechtsverkehr ist dann nicht mehr möglich und der Vorstand oder Aufsichtsrat wird unter Umständen beschlussunfähig, wodurch die Handlungsunfähigkeit der Genossenschaft droht. Hier schafft Artikel 2 § 3 des Gesetzes ebenfalls Abhilfe, indem Vorstands-und Aufsichtsratsmitglieder einer Genossenschaft nach Ablauf ihrer Amtszeit ausnahmsweise im Amt bleiben, bis ein Nachfolger bestellt ist.
Falls ein Vorstand oder Aufsichtsrat etwa aufgrund einer Krankheit sein Amt nicht mehr ausüben kann, ist es unschädlich, wenn diese Organe dadurch weniger Mitglieder haben als gesetzlich oder nach der Satzung vorgesehen ist. Allerdings sind Kreditgenossenschaften nicht von der Vorgabe nach Bankaufsichtsrecht befreit, wonach der Vorstand aus mindestens zwei hauptamtlichen Mitgliedern bestehen muss.
Verlängerung der Frist für die Anmeldung von Maßnahmen nach Umwandlungsrecht
Infolge des Kontaktverbots besteht die Gefahr, dass etwa vor einer Verschmelzung Versammlungsbeschlüsse nicht rechtzeitig gefasst werden können, um die Eintragung innerhalb der achtmonatigen Frist anmelden zu können. Deshalb hat der Gesetzgeber den Zeitraum auf zwölf Monate verlängert. So ist es möglich, eine Verschmelzung mit Stichtag 31.12.2019 für die Schlussbilanz noch zwischen dem 31.08. und 31.12.2020 zur Eintragung beim Registergericht anzumelden, sofern ein wirksamer Beschluss zur Verschmelzung vorliegt und der Verschmelzungsvertrag beurkundet wurde.
Hinweis
Die Regelungen sind zeitlich auf das Jahr 2020 beschränkt. Die Fristverlängerung für umwandlungsrechtliche Maßnahmen greift nur für Anmeldungen, die 2020 vorgenommen wurden. Sofern die Auswirkungen der Corona-Pandemie fortdauern, kann die Geltungsdauer bis zum 31.12.2021 verlängert werden.