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Wirtschaftsprüfung

Kurzarbeitergeld in der Rechnungslegung

Laut Ifo-In­sti­tut wa­ren in Deutsch­land im Mai 2020 rund 7,3 Mil­lio­nen Be­schäftigte in Kurz­ar­beit. Noch nie war diese Zahl so hoch und um­fasste na­hezu alle Bran­chen. Ne­ben dem rechts­si­che­ren Um­gang mit den Re­ge­lun­gen zum Kurz­ar­bei­ter­geld rückt da­mit auch die sach­ge­rechte Ab­bil­dung in der Rech­nungs­le­gung in den Fo­kus der Un­ter­neh­men.

Bilanzierung nach Handelsrecht

Beim Be­zug von Kurz­ar­bei­ter­geld tritt der Ar­beit­ge­ber prak­ti­sch als Treuhänder auf, der die Zah­lungs­ab­wick­lung über­nimmt und für die Agen­tur für Ar­beit in Vor­leis­tung geht. Wurde Kurz­ar­beit an­ge­zeigt oder wird diese mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit in­ner­halb von drei Mo­na­ten frist­ge­recht ein­ge­reicht wer­den und lie­gen die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen vor, hat der Ar­beit­ge­ber für die mo­nat­li­chen Vor­leis­tun­gen einen Er­stat­tungs­an­spruch ge­genüber der Agen­tur für Ar­beit und weist dafür eine For­de­rung aus. Die Agen­tur für Ar­beit hat für die Gewährung des Kurz­ar­bei­ter­gelds un­ter Vor­be­halt kei­nen Er­mes­sens­spiel­raum, was der Ak­ti­vie­rung so­mit nicht ent­ge­gen­steht. Es han­delt sich da­bei um einen durch­lau­fen­den Pos­ten, der die Ge­winn- und Ver­lust­rech­nung nicht berührt, son­dern sich auf den Bi­lanz­kon­ten nie­der­schlägt.

Der An­spruch auf Er­stat­tung von So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträgen, der für Ar­beits­ausfälle bis 31.12.2020 während des Kurz­ar­bei­ter­geld­be­zugs be­an­sprucht wer­den kann, ist hin­ge­gen, da es sich um nicht rück­zahl­bare Zu­wen­dun­gen han­delt, als Auf­wands­zu­schuss ein­zu­ord­nen und als sons­ti­ger be­trieb­li­cher Er­trag zu er­fas­sen. Al­ter­na­tiv kann er mit dem Per­so­nal­auf­wand ver­rech­net wer­den. Eine er­trags­wirk­same Er­fas­sung knüpft an die Erfüllung der Vor­aus­set­zun­gen und die Ver­rech­nung mit den kor­re­spon­die­ren­den Auf­wen­dun­gen aus der Zah­lung der So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge an, so­dass die Rea­li­sa­tion über die re­le­van­ten Pe­rio­den hin­weg er­folgt. Die For­de­rung ist ba­sie­rend auf dem Zeit­raum der an­ge­zeig­ten Kurz­ar­beit zu be­wer­ten. Ist die­ser Zeit­raum länger als ein Mo­nat, muss ein pas­si­ver Rech­nungs­ab­gren­zungs­pos­ten ge­bil­det und über die Fol­ge­pe­rio­den ra­tier­lich auf­gelöst wer­den. Zu­dem ist für die bi­lan­zi­elle Ab­bil­dung der Er­stat­tung eine Erläute­rung im An­hang laut § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB vor­zu­neh­men.

Tritt der Fall ein, dass nicht rück­zahl­bare Zu­wen­dun­gen schon aus­ge­zahlt wur­den, ob­wohl es (noch) an den Vor­aus­set­zun­gen fehlt, ist eine sons­tige Ver­bind­lich­keit zu pas­si­vie­ren.

Auch wenn Er­stat­tun­gen sei­tens der Agen­tur für Ar­beit un­ter Vor­be­halt ge­zahlt wer­den, ist dafür keine Rück­stel­lung we­gen ei­ner po­ten­zi­el­len Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung zu bil­den.

Für zukünf­tig zu zah­lende ver­min­derte Löhne und Gehälter ist eben­falls keine Rück­stel­lung zu bil­den, weil die Aus­ge­gli­chen­heits­ver­mu­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses gilt.

Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsstandards

Der An­spruch auf Er­stat­tung des Kurz­ar­bei­ter­gel­des ist als „vir­tually cer­tain“ an­zu­se­hen, so­dass auch bei ei­ner Bi­lan­zie­rung nach den IFRS ein Aus­weis als For­de­rung ge­bo­ten er­scheint. Die Er­stat­tung von So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge ist eine er­folgs­be­zo­gene Zu­wen­dung der öff­ent­li­chen Hand, die bei Be­an­tra­gung als For­de­rung ge­genüber der Agen­tur für Ar­beit aus­ge­wie­sen und planmäßig er­folgs­wirk­sam er­fasst wer­den sollte. Dies kann ent­we­der durch einen sons­ti­gen be­trieb­li­chen Er­trag oder über eine Ver­rech­nung mit den Auf­wen­dun­gen er­fol­gen. Wie auch nach deut­schem Han­dels­recht ist bei ei­ner mehr­mo­na­ti­gen Lauf­zeit der Kurz­ar­beit ein Rech­nungs­ab­gren­zungs­pos­ten zu bil­den.

Hin­sicht­lich der Rück­stel­lungs­bil­dung gel­ten im Er­geb­nis die­sel­ben Schluss­fol­ge­run­gen wie bei der Bi­lan­zie­rung nach deut­schem Han­dels­recht: Für eine et­waige Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung ist keine Rück­stel­lung not­wen­dig. Auf die um­fang­rei­chen An­hangs­an­ga­ben für einen Zu­schuss ist eben­falls zu ach­ten (IAS 20.39).

Potenzielle Rückzahlungsverpflichtung

Eine po­ten­zi­elle Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung durch die Gewährung von Kurz­ar­bei­ter­geld un­ter Vor­be­halt ist im Han­dels­recht zunächst nicht zu pas­si­vie­ren. Auch ist eine po­ten­zi­elle Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung nach in­ter­na­tio­na­len Rech­nungs­le­gungs­stan­dards re­gelmäßig noch nicht hin­rei­chend si­cher, da nicht genügend sub­stan­ti­elle Hin­weise im Gewährungs­zeit­punkt vor­lie­gen.

Negative Arbeitszeitkonten

Es han­delt sich bei ne­ga­ti­ven Ar­beits­zeit­kon­ten um einen Lohn- und Ge­halts­vor­schuss des Ar­beit­ge­bers, wenn auf bei­den Sei­ten Ei­nig­keit darüber be­steht, dass es sich um einen Vor­schuss han­delt. Ar­beits­zeit­de­fi­zite können einen (späte­ren) wirt­schaft­li­chen Nut­zen stif­ten und sind selbstständig be­wert­bar, da das Un­ter­neh­men die re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen be­sitzt. So­mit sind ne­ga­tive Ar­beits­zeit­kon­ten nach Han­dels­recht als sons­tige Vermögens­ge­genstände an­zu­set­zen. Gemäß IAS 19.11 (a) sind ne­ga­tive Ar­beits­zeit­kon­ten zu ak­ti­vie­ren, wenn eine Re­du­zie­rung künf­ti­ger Zah­lun­gen oder ein Rück­zah­lungs­an­spruch hin­rei­chend si­cher ist.

Freiwillige Aufstockungsbeträge des Arbeitgebers

Ins­be­son­dere bei ta­rif­ver­trag­lich ver­ein­bar­ter Kurz­ar­beit sind häufig Zu­schüsse des Ar­beit­ge­bers zum Kurz­ar­bei­ter­geld vor­ge­se­hen. Gewährt der Ar­beit­ge­ber zusätz­lich frei­wil­lige Auf­sto­ckungs­beträge, die nicht ar­beits­ver­trag­lich vor­ge­se­hen sind, ge­hen diese über das Dienst­verhält­nis hin­aus. Da kein Er­stat­tungs­an­spruch ge­genüber der Agen­tur für Ar­beit be­steht und keine Ge­gen­leis­tung des Ar­beit­neh­mers er­folgt, ist die un­kom­pen­sierte Last han­dels­recht­lich als Rück­stel­lung für un­ge­wisse Ver­bind­lich­kei­ten zu pas­si­vie­ren. Dies setzt ins­be­son­dere eine Bin­dungs­wir­kung der Maßnahme ge­genüber den Ar­beit­neh­mern vor­aus. Ent­spre­chen­des gilt nach IFRS: Wurde beim be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter die ge­recht­fer­tigte Er­war­tung für diese (Zu­satz-)Leis­tung ge­weckt, ist eine fak­ti­sche Ver­pflich­tung begründet und da­mit zu pas­si­vie­ren.

Darüber hin­aus ist die an­ge­ord­nete Re­du­zie­rung der Ar­beits­zeit­kon­ten durch einen Ver­brauch der Per­so­nalrück­stel­lun­gen ab­zu­bil­den, und ggf. ent­ste­hende ne­ga­tive Ar­beits­zeit­kon­ten sind ak­ti­vi­sch ab­zu­gren­zen, wenn beide Sei­ten sich ei­nig sind, dass es sich um einen Ge­halts­vor­schuss han­delt.

Hinweis

Wei­tere In­for­ma­tio­nen zum Kurz­ar­bei­ter­geld, insb. zur be­fris­te­ten Erhöhung und zu den mo­di­fi­zier­ten Vor­aus­set­zun­gen, fin­den Sie auf un­se­rer Web­site eb­ner­stolz.de im Corona A bis Z.

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