Auch Stiftungen sind von den Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung des Coronavirus betroffen. Um die Handlungsfähigkeit von Stiftungen zu gewährleisten, wurden mit Wirkung ab dem 28.3.2020 Regelungen für den vorübergehenden Fortbestand bestimmter Organbestellungen getroffen.
Ohne diese Regelung stünden Stiftungen vor dem Problem, dass die Amtszeit von Vorstandsmitgliedern ausläuft und die Nachbesetzung nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen kann. Das gilt immer dann, wenn die Satzung nicht ausdrücklich regelt, dass ein Organmitglied im Amt bleibt, bis der Nachfolger bestellt ist. In diesem Fall scheidet der Vorstand automatisch mit Ablauf der Amtszeit aus. Eine wirksame Vertretung im Rechtsverkehr ist dann nicht mehr möglich und Organe werden unter Umständen beschlussunfähig. Es droht also die Handlungsunfähigkeit einer Stiftung.
Hier schafft Artikel 2 § 5 Abs. 1 des Gesetzes Abhilfe, indem Vorstandsmitglieder auch nach Ablauf ihrer Amtszeit im Amt bleiben, bis sie abberufen werden oder ein Nachfolger bestellt ist.
Beschlussfassung des Stiftungsvorstands ohne Zusammenkunft
Grundsätzlich sind Sitzungen eines Stiftungsvorstands als Präsenzveranstaltungen abzuhalten. Satzungen sehen beispielsweise häufig eine Beschlussfassung „mit 2/3 der Anwesenden“ vor. Allerdings haben viele Stiftungen in ihren Satzungen bereits Regelungen für ein schriftliches oder elektronisches Umlaufverfahren getroffen. Sofern die Satzung jedoch nicht vorsieht, dass von der Grundregel der Präsenzveranstaltung durch andere Verfahren der Beschlussfassung abgewichen werden kann, gelten die Regelungen des Artikel 2 § 5 Abs. 2 des Gesetzes auch für Beschlussfassungen in mehrgliedrigen Vorständen von Stiftungen und in weiteren Gremien. Das ergibt sich aus den Verweisungen in § 86 Satz 1 und § 28 BGB auf das Vereinsrecht.
Dementsprechend werden auch für Organe von Stiftungen die Regeln geändert, die im Vereinsrecht nach § 32 Abs. 2 BGB für Mitgliederversammlungen gelten: Nach entsprechender Anwendung des Artikel 2 § 5 Abs. 2 des Gesetzes können Stiftungen virtuelle Vorstandssitzungen durchführen, auch wenn dies nicht ausdrücklich durch die Satzung legitimiert ist. Die Vorstandsmitglieder können ihre Stimmrechte per Telefon- oder Videokonferenz wahrnehmen, indem sie elektronisch etwa über Skype oder Zoom kommunizieren. Notwendig ist aber, dass alle Vorstandsmitglieder Zugang zu dem gewählten Verfahren haben. Denkbar ist auch, dass ein Teil des Vorstands an einem bestimmten Ort zusammenkommt und andere Mitglieder auf elektronischem Weg an der Sitzung teilnehmen. Die Vorstandsmitglieder können ihre Stimme vor Beginn der Sitzung schriftlich gegenüber der Stiftung abgeben, auch per Mail.
Erleichterte Beschlussfassung im Umlaufverfahren
Anders als in § 32 Abs. 2 BGB ist nach Artikel 2 § 5 Abs. 3 des Gesetzes nicht mehr für alle Beschlüsse die Zustimmung aller Vorstandsmitglieder erforderlich. Ein Beschluss ist gültig, wenn er mit der Mehrheit gefasst wird, die nach Gesetz oder Satzung erforderlich ist. Voraussetzung ist aber, dass alle Vorstandsmitglieder beteiligt wurden. Außerdem muss im Umlaufverfahren mindestens die Hälfte der Vorstandsmitglieder ihre Stimme innerhalb der Entscheidungsfrist in Textform abgegeben haben. Eine Teilnahme per E-Mail reicht aus.
Hinweis
Das Gesetz ist zum 28.3.2020 in Kraft getreten. Die Regelungen gelten für Bestellungen von Stiftungsvorständen, die im Jahr 2020 ablaufen, sowie für Beschlussfassungen in mehrgliedrigen Vorständen von Stiftungen im Jahr 2020. Aufgrund der sehr vergleichbaren Interessenlage sind die Grundsätze auf weitere Stiftungsorgane wie Stiftungsräte oder Kuratorien analog anwendbar. Sofern die Auswirkungen der Corona-Pandemie fortdauern, kann der Geltungsbereich bis zum 31.12.2021 verlängert werden.