deen

Aktuelles

Cum/ex-Aktiengeschäfte:Keine zur doppelten Anrechnung von Kapitalertragsteuer berechtigende Gesetzeslücke

Hessisches FG 10.2.2015, 4 K 1684/14

Im Hin­blick auf sog. Cum/ex-Ak­ti­en­ge­schäfte exis­tiert keine Ge­set­zeslücke, die zur dop­pel­ten An­rech­nung von Ka­pi­tal­er­trag­steuer be­rech­ti­gen würde. Die Ka­pi­tal­er­trags­steu­er­be­schei­ni­gung nach § 45a Abs. 2 o. 3 EStG lie­fert bei Zah­lun­gen der Net­to­di­vi­dende durch eine inländi­sche De­pot­bank le­dig­lich einen An­scheins­be­weis für die Er­he­bung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer. Für Ge­schäfte, bei de­nen die Ak­tien außerbörs­lich ein­schließlich ei­nes Di­vi­den­den­an­spruchs er­wor­ben wer­den, de­ren Be­lie­fe­rung al­ler­dings ab­wei­chend von der Ver­ein­ba­rung erst nach dem Di­vi­den­den­be­schluss­tag er­folgt, wird die­ser An­scheins­be­weis für die Er­he­bung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer re­gelmäßig er­schüttert.

Hin­ter­grund:
Hin­ter­grund der sog. "Cum/ex-Ge­schäfte" ist der Han­del von Ak­tien mit ("cum") und ohne ("ex") Di­vi­den­den­be­rech­ti­gung rund um einen Di­vi­den­den­stich­tag, der bei be­stimm­ter Ge­stal­tung die Ge­fahr ei­ner dop­pel­ten/mehr­fa­chen An­rech­nung von (ein­mal er­ho­be­ner) Ka­pi­tal­er­trag­steuer in sich trägt. Die zwi­schen­zeit­lich ein­ge­tre­tene Rechts­kraft des vor­lie­gen­den Ur­teils könnte im Er­geb­nis auch bei noch of­fe­nen Steu­erfällen zu ei­ner Be­gren­zung des Scha­dens für den Fis­kus durch die nach Auf­fas­sung des Ge­richts wi­der­recht­li­che An­rech­nung nicht er­ho­be­ner Ka­pi­tal­er­trag­steuer führen.

Der Sach­ver­halt:
Das Ver­fah­ren be­trifft außerbörs­li­che Ak­ti­en­ge­schäfte (sog. OTC-Ge­schäfte), bei de­nen statt der ver­ein­bar­ten Lie­fe­rung von Ak­tien mit Di­vi­den­den­an­spruch (cum Di­vi­dende) vor dem Di­vi­den­den­stich­tag verspätet Ak­tien ohne Di­vi­den­den­an­spruch (ex Di­vi­dende) nach dem Di­vi­den­den­stich­tag ge­lie­fert wur­den. Die Kläge­rin ist emp­fangs­be­vollmäch­tigte Ge­sell­schaf­te­rin ei­ner aty­pi­sch stil­len Ge­sell­schaft. Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die ge­son­derte Fest­stel­lung an­re­chen­ba­rer Ka­pi­tal­er­trag­steuer und So­li­da­ritätszu­schlag auf Aus­schüttun­gen aus er­wor­be­nen Ak­tien im Streit­jahr 2010.

Das FG wies die Klage ab. Das Ur­teil ist rechtskräftig. Die Re­vi­sion zum BFH wurde zwar we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen. Die Kläge­rin ver­zich­tete je­doch auf die Ein­le­gung der Re­vi­sion.

Die Gründe:
Es exis­tiert keine Ge­set­zeslücke, die zu ei­ner dop­pel­ten An­rech­nung von Ka­pi­tal­er­trag­steuer be­rech­ti­gen würde.

So­weit ein Teil der Li­te­ra­tur meint, dass die Ka­pi­tal­er­trag­steuer un­abhängig von de­ren Er­he­bung an­ge­rech­net wer­den kann, verstößt dies ge­gen den kla­ren Ge­set­zes­wort­laut des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Diese Rechts­an­sicht be­ruht zu­dem auf der ir­ri­gen An­nahme ei­nes mehr­fa­chen wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tums, was mit den fun­da­men­ta­len Grundsätzen des deut­schen Rechts un­ver­ein­bar ist. An­hand des Wort­lau­tes und des Re­ge­lungs­ge­halts des § 39 Abs. 2 AO wird klar, dass ein Wirt­schafts­gut und da­mit auch Ak­tien nur im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner Per­son ste­hen können und dass die An­rech­nung von Ab­zugs­steu­ern den­klo­gi­sch de­ren Ein­be­hal­tung vor­aus­setzt.

Beim außerbörs­li­chen Er­werb börsen­no­tier­ter Ak­tien wird wirt­schaft­li­ches Ei­gen­tum an den Ak­tien re­gelmäßig nicht be­reits mit Ab­schluss der schuld­recht­li­chen Ver­ein­ba­rung er­wor­ben. Der Ei­gen­tumsüberg­ang tritt erst im Zeit­punkt der Lie­fe­rung der Ak­tie ein. Eine Er­he­bung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG liegt nicht be­reits mit Aus­zah­lung der Net­to­di­vi­dende/Di­vi­den­den­kom­pen­sa­ti­ons­zah­lung an die inländi­sche De­pot­bank des Ak­ti­enkäufers vor. Er­for­der­lich ist zusätz­lich, dass die mit der Net­to­di­vi­dende/Kom­pen­sa­ti­ons­zah­lung be­las­tete De­pot­bank des Verkäufers den Brut­to­di­vi­den­den­be­trag er­hal­ten hat, von der die Steuer ein­zu­be­hal­ten ist. Auf die tatsäch­li­che Abführung der Steuer durch die De­pot­bank an die Fi­nanz­behörde kommt es da­ge­gen nicht an.

Dem die An­rech­nung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer be­geh­ren­den Ak­ti­enkäufer ob­liegt die Fest­stel­lungs­last für die Er­he­bung der Ab­zugs­steuer. Die Ka­pi­tal­er­trags­steu­er­be­schei­ni­gung nach § 45a Abs. 2 o. 3 EStG lie­fert bei Zah­lun­gen der Net­to­di­vi­dende durch eine inländi­sche De­pot­bank le­dig­lich einen An­scheins­be­weis für die Er­he­bung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer. Für Ge­schäfte, bei de­nen die Ak­tien außerbörs­lich ein­schließlich ei­nes Di­vi­den­den­an­spruchs er­wor­ben wer­den, de­ren Be­lie­fe­rung al­ler­dings ab­wei­chend von der Ver­ein­ba­rung erst nach dem Di­vi­den­den­be­schluss­tag er­folgt, wird die­ser An­scheins­be­weis für die Er­he­bung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer re­gelmäßig er­schüttert und kommt nicht zum Tra­gen. Dies gilt zu­min­dest dann, wenn keine sog. Be­rufsträger­be­schei­ni­gung für die Ak­ti­en­ge­schäfte er­teilt wird. In die­sen Fällen ob­liegt es dem die An­rech­nung be­geh­ren­den Ak­ti­enkäufer, den Voll­be­weis für die Er­he­bung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer zu führen.

Link­hin­weis:

nach oben