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Cum-/Ex-Geschäfte: Keine Rückforderung der angerechneten Kapitalertragsteuer nach Ablauf der Zahlungsverjährung

FG Hamburg 14.10.2016, 3 V 201/16

Die iso­lierte Ände­rung ei­ner An­rech­nungs­verfügung zur Rück­for­de­rung ur­sprüng­lich an­ge­rech­ne­ter Ka­pi­tal­er­trag­steuer ist nicht mehr möglich, wenn die fünfjährige Zah­lungs­verjährung ab­ge­lau­fen ist. Die Zah­lungs­verjährung be­ginnt mit der Be­kannt­gabe der Steu­er­fest­set­zung, auch wenn in ihr ein Er­stat­tungs­an­spruch aus­ge­wie­sen wird.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trag­stel­le­rin ist eine GmbH und be­treibt ein Un­ter­neh­men, das den Er­werb und die Veräußerung von börsen­no­tier­ten Wert­pa­pie­ren und De­ri­va­ten im ei­ge­nen Na­men und für ei­gene Rech­nung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 u. 5 KWG mit dem Ziel ei­nes kurz­fris­ti­gen Ei­gen­han­dels­er­fol­ges zum Ge­gen­stand hat. Im Jahr 2006 hatte sie drei Ak­tien-Trans­ak­tio­nen getätigt und da­bei Di­vi­den­den­erträge i.H.v. ins­ge­samt über 6,3 Mio. € er­zielt. Dies­bezüglich ver­buchte die An­trag­stel­le­rin in ih­rer Ge­winn- und Ver­lust­rech­nung Zin­sen und ähn­li­che Auf­wen­dun­gen i.H.v. ins­ge­samt 6,5 Mio. € ge­winn­min­dernd (da­von Di­vi­den­den­aus­gleich­zah­lun­gen i.H.v. über 5,9 Mio. €.

Das Fi­nanz­amt er­ließ am 22.10.2007 einen Be­scheid über Körper­schaft­steuer für 2006, in dem es aus­ge­hend von einem erklärten Jah­resüber­schuss i.H.v. 198.164 € Körper­schaft­steuer für 2016 i.H.v. 67.287 € fest­setzte und die ge­zahlte Ka­pi­tal­er­trag­steuer auf Di­vi­den­den­erträge i.H.v. rund 1,2 Mio. € an­rech­nete. Dies führte nach Ver­rech­nung mit der Ge­wer­be­steu­er­zahl­last für 2006 zu ei­ner Er­stat­tung von ins­ge­samt rund 1,2 Mio. €.

Ab März 2014 prüfte das Fi­nanz­amt für Steu­er­straf­sa­chen und Steu­er­fahn­dung Ge­sell­schaf­ter di­ver­ser kurz­le­bi­ger Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, die in den Jah­ren 2006 bis 2011 in un­ter­schied­li­chen Kon­stel­la­tio­nen in sog. Cum-/Ex-An­la­gen di­rekt oder in­di­rekt in­ves­tiert hat­ten. Da­bei er­gab sich die "Ver­mu­tung", dass im Rah­men ei­nes In­vest­ments, die Ka­pi­tal­er­trag­steuer im Rah­men der zu Grunde lie­gen­den Cum-/Ex-Ge­schäfte auf Aus­schüttun­gen deut­scher DAX-Un­ter­neh­men im Er­geb­nis ein­mal an­ge­mel­det und ge­zahlt, aber mehr­fach an­ge­rech­net wurde. Dar­auf­hin er­ließ das Fi­nanz­amt ge­genüber der An­trag­stel­le­rin eine geänderte An­rech­nungs­verfügung für das Jahr 2006 über die An­rech­nung von Steu­er­ab­zugs­beträgen auf die Körper­schafteuer. Darin wurde die An­rech­nung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer gem. § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO zurück­ge­nom­men und es wur­den An­rech­nungs­beträge so­wie Zin­sen mit Fällig­keit am 22.8.2016 zurück­ge­for­dert.

Die An­trag­stel­le­rin be­gehrte die Aus­set­zung der Voll­zie­hung (AdV) der An­rech­nungs­verfügung vom 18.7.2006 über die An­rech­nung von Steu­er­ab­zugs­beträgen für das Jahr 2006. Das FG hielt den An­trag für begründet.

Die Gründe:
An der Rechtmäßig­keit der an­ge­foch­te­nen An­rech­nungs­verfügung be­stan­den  ernst­li­che Zwei­fel.

Nach § 228 Abs. 1 AO un­ter­lie­gen An­sprüche aus dem Steu­er­verhält­nis ei­ner be­son­de­ren Zah­lungs­verjährung, die fünf Jahre beträgt. Die iso­lierte Ände­rung ei­ner An­rech­nungs­verfügung zur Rück­for­de­rung ur­sprüng­lich an­ge­rech­ne­ter Ka­pi­tal­er­trag­steuer ist so­mit nicht mehr möglich, wenn die fünfjährige Zah­lungs­verjährung ab­ge­lau­fen ist. Die Zah­lungs­verjährung be­ginnt mit der Be­kannt­gabe der Steu­er­fest­set­zung, auch wenn in ihr - wie hier - ein Er­stat­tungs­an­spruch aus­ge­wie­sen wird. So­fern ein Zah­lungs­an­spruch des Fi­nanz­am­tes auf Rück­zah­lung erst mit Ände­rung der An­rech­nungs­verfügung erst­mals ent­ste­hen und fällig wer­den würde, führt dies ge­rade nicht zu einem er­neu­ten Be­ginn der Zah­lungs­verjährung.

So­mit durfte An­rech­nungs­verfügung nach Ab­lauf von fünf Jah­ren seit Er­lass des ur­sprüng­li­chen Körper­schaft­steu­er­be­schei­des nicht mehr geändert wer­den. Zwar war dem Fi­nanz­amt zu­zu­ge­ben, dass durch den erst­ma­li­gen Körper­schaft­steu­er­be­scheid für 2006 die fest­ge­setzte Körper­schaft­steuer i.H.v. 67.287 € nicht be­reits in 2007 fällig ge­wor­den war, da die An­trag­stel­le­rin auf­grund der An­rech­nung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer keine Ab­schluss­zah­lung zu leis­ten hatte. Die Fällig­keit des Körper­schaft­steu­er­an­spruchs 2006 wäre dem­nach erst­ma­lig durch den geänder­ten Be­scheid in 2016 mit dem Weg­fall des an­zu­rech­nen­den Be­tra­ges ein­ge­tre­ten. Dar­auf kam es aber nach BFH-Recht­spre­chung nicht an, da die Zah­lungs­verjährung be­reits durch die Be­kannt­gabe der Steu­er­fest­set­zung in 2007 in Lauf ge­setzt wurde, auch wenn die Fest­set­zung mit der Aus­wei­sung ei­nes Er­stat­tungs­an­spruchs ver­bun­den wurde. Da die Körper­schaft­steu­er­fest­set­zung für 2006 un­verändert ge­blie­ben war, kam eine Ände­rung der An­rech­nungs­verfügung auch nicht als An­pas­sung an eine geänderte Steu­er­fest­set­zung in Be­tracht.

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