Als international agierende Unternehmensgruppe, die im Bereich der Verpackungstechnologie und Verpackungsanlagen mit zu den weltweit führenden Maschinenbauerunternehmen zählt, bestand die Aufgabe, Prozesse zu implementieren, um mit möglichst geringem Verwaltungsaufwand den Mitteilungspflicht bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen (DAC 6) nachzukommen. Da diese Pflichten bekanntermaßen nicht nur bei aggressiven Gestaltungen, sondern auch bei konzernüblichen Vereinbarungen, wie z. B. Darlehen zwischen Konzernmitgliedern greifen können, bleibt die Brückner-Gruppe von dieser zusätzlichen, seit 1.7.2020 greifenden Pflicht nicht verschont. Dr. Daniel Zöller, Steuerberater und Partner bei Ebner Stolz in Stuttgart, erarbeitete zusammen mit einem Team der Brückner-Gruppe, wie Mitteilungspflichten möglichst frühzeitig erkannt und diesen effizient mit den bestehenden IT-Tools im Unternehmen nachgekommen werden. Über die dabei gewonnenen Erkenntnisse unterhält sich Dr. Daniel Zöller hier mit Florian Wiebecke.
Herr Wiebecke, was war der Treiber, das Thema Mitteilungspflichten bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen, kurz auch DAC 6, anzugehen?
Wesentliche Treiber waren zum einen die bestehende gesetzliche Verpflichtung, die Unternehmen keine Wahl lässt, und zum anderen die Möglichkeit, einen weiteren Anwendungsfall aufzusetzen für unsere relativ junge Prozess- und Workflow-Software, die wir in der Steuerabteilung nutzen.
Wir haben uns erstmals bei den Vorgesprächen zu unserem DAC 6-Workshop zu den möglichen Mitteilungspflichten der Brückner Group ausgetauscht. Was war Ihre Erwartung an diesen Workshop? Und hat sich diese erfüllt?
Wichtig für uns auf Mandantenseite waren drei Dinge: Im Vordergrund stand, vom steuerlichen Berater fundierte Einschätzungen zu rechtlichen Zweifelsfällen zu erhalten. Profitieren zu können von Erfahrungen aus anderen Implementierungsprojekten hatte ebenfalls einen hohen Stellenwert. Drittens war für uns relevant, eine Absicherung darüber zu erlangen, bei allen Abwägungen und Praxistauglichkeitserfordernissen möglichst keine wesentlichen Aspekte beim prozessualen Aufbau zu übersehen. Das hat sich erfüllt.
Im Anschluss an den Workshop durften wir Sie auch bei der Erstellung einer DAC 6-Guideline für die Brückner Group unterstützen. Wie sind Sie konkret mit der Guideline und den Erkenntnissen aus dem Workshop umgegangen? Sehen Sie sich damit gewappnet, die Meldepflichten auch künftig voll und ganz erfüllen zu können?
Die bisherigen Erfahrungen sind hier positiv. Es hat sich die Einschätzung bewahrheitet, dass bei uns im Konzern nicht Meldepflichten „en masse“ ausgelöst werden, jedoch innerhalb des Konzerns stattfindende Vorgänge durchaus Meldungen auslösen, beispielsweise Darlehensgewährungen oder Patentverkäufe. Diesen können wir anhand der Guideline, den erarbeiteten fachbereichsübergreifenden Zuständigkeiten und dem internen Schulungskonzept gut nachkommen.
DAC 6-Meldungen lassen sich letztlich ohne Einsatz von IT-Hilfsmitteln nicht effizient erfüllen. Wie gehen Sie hier vor?
Nachdem auf der einen Seite das formale Rahmenwerk mit der Analyse der Intercompany-Geschäftsvorfälle sowie der DAC 6-Guideline nebst Zuständigkeiten und Schulungen abgesteckt wurde, haben wir großen Wert darauf gelegt, den Prozess im laufenden Betrieb der Sachverhaltsermittlungen und -meldungen digital und softwaregestützt abzubilden. Dies machen wir mit der Software Signavio. Mit dieser haben wir für unser Tax Compliance Management System bereits generell die steuerrelevanten Prozesse und Vorprozesse nach BPMN-Notation modelliert. Darauf aufbauend bilden wir relevante Kontrollhandlungen als Workflow mit der Signavio Workflow Engine ab. In dieses System haben wir die Sachverhaltsermittlung und -meldung in Sachen DAC 6 vollständig eingebettet.
Also keine Insellösung, sondern volle Integration in die bestehende Compliance-Systemlandschaft. Aber ist das eine One-Way-Lösung oder sehen Sie einen Mehrwert auch für Ihr Tax Compliance System?
Dadurch, dass die Mitteilungspflicht nach DAC 6 ein Anwendungsfall ist, der sich bei der Sachverhaltsermittlung gut softwaregestützt abbilden lässt, kann sie als Probe aufs Exempel in Sachen Skalierbarkeit unserer Tax Compliance Management Landschaft angesehen werden. Das ist geglückt. Es wird jedoch nicht die letzte derartige Verpflichtung gewesen sein, der Unternehmen nachzukommen haben werden.
Also kann weder das Thema Meldepflichten noch das Thema Tax Compliance Management System damit für die Brückner Group als abgeschlossen angesehen werden, sondern vielmehr als lernender Prozess? Lässt sich damit der Bürde DAC 6-Mitteilungspflichten doch noch etwas Positives abgewinnen?
Aus meiner Sicht stellt sich das Tax Compliance Setup in Unternehmen definitiv als lernendes System, als lebender Organismus dar. Am Horizont sind mit DAC 7 für Plattformbetreiber, den Gedanken der EU-Kommission zu einem Public Country-by-Country-Reporting oder der Pflicht zur Veröffentlichung der Steuerstrategie bzw. des „Approach to Tax“ wie in UK oder Polen bereits weitere ähnlich gelagerte Anforderungen für Unternehmen ersichtlich, ganz zu schweigen von dem OECD-Verhandlungen zur Neuverteilung von Besteuerungsrechten an Marktstaaten und globaler Mindestbesteuerung. In Zukunft positiv für Unternehmen könnten Bestrebungen mancher Länder zu „begleitender Kontrolle“, „Horizontal Monitoring“ oder „Cooperative Compliance“ anstelle regulärer nachgelagerter Betriebsprüfungen sein. Um auf all das vorbereitet zu sein, ist die insbesondere prozessuale Beschäftigung mit DAC 6 ein relevanter Mosaikstein.
Abschließend noch Ihre Einschätzung: werden Unternehmen durch die Mitteilungspflichten finanziell übermäßig belastet oder lässt sich das mit überschaubarem Aufwand in ein bestehendes Tax Compliance System einbetten?
Die Praktikabilität und Praxistauglichkeit sind nach meinem Empfinden sehr wichtig. Natürlich stellt die Mitteilungspflicht eine vor allem organisatorische Belastung für Unternehmen dar. Von der Politik wäre aus Standortgesichtspunkten wünschenswert, im Gegenzug zu derartigen Verschärfungen bei pflichtbewussten Unternehmen auch Vereinfachungen, z. B. in Betriebsprüfungen, anzustreben. Für Unternehmen wird weiter wichtig bleiben, effiziente und digitalgestützte Prozesse auch in der Steuerfunktion auszubauen, um aktuellen und künftigen Herausforderungen gut begegnen zu können.