Verstöße gegen das Datenschutzrecht können mit einer Geldbuße geahndet werden. Bei wesentlichen Verstößen sieht die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Bußgelder in Höhe von bis zu 4 % des weltweiten Vorjahresumsatzes eines Unternehmens oder bis zu Mio. 20 Euro vor. Der jeweils höhere Betrag ist die Obergrenze. Solche Verstöße umfassen z. B. auch fehlende oder unvollständige Datenschutzerklärungen. Bei nur formalen Verstößen liegt die Obergrenze bei 2 % des Vorjahresumsatzes bzw. Mio. 10 Euro. Beispiele für derartige Verstöße sind fehlende Verarbeitungsverzeichnisse oder Auftragsverarbeitungs-Vereinbarungen.
Neues Bußgeld-Konzept der Datenschutzkonferenz
Die DSGVO enthält für Geldbußen nur relativ vage Kriterien, die die Datenschutzbehörde bei der Festlegung der konkreten Höhe der Geldbuße berücksichtigen soll. Die Datenschutzkonferenz (DSK) als Dachverband der deutschen Datenschutzbehörden hat daher am 14.10.2019 ein Konzept zur Berechnung von Geldbußen für Datenschutzverstöße veröffentlicht. Das Bußgeldmodell gilt für alle Unternehmen, Selbstständige und Gewerbetreibende mit Sitz in Deutschland, nicht aber für nicht wirtschaftlich tätige Vereine. Durch das neue Konzept soll die Bußgeldzumessung nachvollziehbarer und gerechter werden.
Erster Schritt: Berücksichtigung des Umsatzes des Unternehmens
Grundlage der Bußgeldberechnung ist der Vorjahresumsatz des jeweiligen Unternehmens. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) für einen vergleichbaren Verstoß geringere Bußgelder zahlen müssen als umsatzstarke Großunternehmen. Bei Unternehmensgruppen soll nach Auffassung der DSK auf den gesamten Konzernumsatz abgestellt werden.
Das Bußgeldkonzept unterscheidet beim Umsatz von Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen und von Großunternehmen zwischen mehreren Größenklassen. Für jede Größenklasse wird der jeweils mittlere Umsatz der Größenklasse durch 360 geteilt. Dadurch erhält man den durchschnittlichen Tagesumsatz des Unternehmens einer Größenklasse. Dieser Tagesumsatz ist der (wirtschaftliche) Grundwert für die Bußgeldberechnung. Diese Vorgehensweise soll offenbar den Datenschutzbehörden die Bußgeldberechnung erleichtern. Bei Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von mehr als EUR Mio. 500 wird der Grundwert stattdessen direkt aus dem konkreten Vorjahresumsatz berechnet.
Beispiel: Der Grundwert für ein mittleres Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von Mio. 45 Euro beträgt 125.000 Euro.
Zweiter Schritt: Berücksichtigung der Schwere des Verstoßes
Verstöße gegen das Datenschutzrecht werden unterschiedlich schwer gewichtet. Dies wird im neuen Bußgeldkonzept dadurch berücksichtigt, dass der Grundwert mit einem Faktor multipliziert wird. Je schwerer der Verstoß, desto höher der Faktor. Hier wird nach formalen und inhaltlichen Verstößen differenziert:
Das Bußgeldkonzept enthält keine Aussagen dazu, welche DSGVO-Verstöße besonders schwer wiegen. Schon deshalb führt das neue Konzept – kurzfristig betrachtet – nicht zu mehr Rechtssicherheit.
Grundsätzlich dürfte ein Verstoß umso schwerer sein, je
- mehr personenbezogene Daten betroffen sind,
- sensibler die personenbezogenen Daten sind,
- höher der Schaden bei den betroffenen Personen sein kann und
- länger der Verstoß andauert.
Dritter Schritt: Berücksichtigung sonstiger Umstände
In einem dritten Schritt kann die Datenschutzbehörde bei der Berechnung der konkreten Geldbuße den Geldbetrag mindern oder bis zu den jeweiligen Obergrenzen erhöhen. Hierbei wird jedoch nicht der Datenschutzverstoß als solcher berücksichtigt, weil diese tatbezogenen Umstände bereits im zweiten Schritt berücksichtigt wurden. Vielmehr berücksichtigt die Datenschutzbehörde hier belastende und sonstige entlastende Umstände. Es handelt sich vor allem um solche Umstände, die in dem Unternehmen selbst begründet sind (täterbezogene Umstände).
Beispiele:
Hinweis: Das neue Bußgeldkonzept ist kein Bußgeldkatalog. Das konkret drohende Bußgeld für einen bestimmten Verstoß kann auch mit dem neuen Konzept nicht auf den Euro genau ausgerechnet werden. Es wird jedoch zu deutlich höheren Bußgeldern als bisher führen, insbesondere für umsatzstarke Unternehmen. Geldbußen wegen Datenschutzverstößen können gerichtlich überprüft werden, wobei die Gerichte nicht an das Konzept der DSK gebunden sind. Derzeit ist noch nicht absehbar, ob und inwieweit Bußgelder nach dem neuen Konzept vor Gericht Bestand haben werden.