Der Sachverhalt:
Grundsätzlich muss der Schuldner von Kapitalerträgen Kapitalertragsteuer einbehalten. Sind die Kapitalerträge beim Gläubiger Betriebseinnahmen und wäre die Kapitalertragsteuer aufgrund der Art seiner Geschäfte auf Dauer höher als seine gesamte festzusetzende Einkommen- oder Körperschaftsteuer, ist der Steuerabzug nicht vorzunehmen. In diesem Fall kann der Gläubiger bei seinem Finanzamt eine Bescheinigung (sog. Dauerüberzahlerbescheinigung) beantragen und seinem Schuldner vorlegen (§ 44a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 EStG).
Vorliegend ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die Klägerin verpflichtet war, auf eine von ihr vorgenommene Gewinnausschüttung Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin eine GmbH & Co. KG ist. Hieran sind wiederum zwei Familienstiftungen beteiligt. Das für die beiden Stiftungen zuständige Finanzamt erteilte diesen auf Antrag Dauerüberzahlerbescheinigungen. Diese legten sie der Klägerin vor, die deshalb auf ihre Gewinnausschüttungen keine Kapitalertragsteuer einbehielt und abführte.
Das Finanzamt erließ gegenüber der Klägerin einen Nachforderungsbescheid über die nicht einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer. Die vorgelegten Dauerüberzahlerbescheinigungen erkannte es dabei nicht an, weil die beiden Stiftungen nicht Gläubiger der Kapitalerträge seien. Dies sei nach dem gebotenen zivilrechtlichen Verständnis vielmehr allein die GmbH & Co. KG.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Klägerin mit dem Nachforderungsbescheid zu Unrecht für nicht einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer in Anspruch genommen.
Die Klägerin durfte den Kapitalertragsteuerabzug aufgrund der vorgelegten Dauerüberzahlerbescheinigungen unterlassen. Der Begriff des Gläubigers der Kapitalerträge i.S.v. § 44a Abs. 5 EStG ist nicht zivilrechtlich, sondern spezifisch steuerrechtlich auszulegen. Es kommt nicht darauf an, wem zivilrechtlich der Kapitalertrag zusteht, sondern wer im steuerrechtlichen Sinne Einkünfte erzielt und zu wessen Lasten die Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen ist. Bei Personengesellschaften sind dies die an ihr beteiligten Mitunternehmer.
Hierfür spricht auch, dass sich die Norm auf die gesamte festzusetzende Einkommen- oder Körperschaftsteuer bezieht. Diese Voraussetzung ist auf Personengesellschaften nicht anwendbar, da diese nicht einkommensteuerpflichtig sind. Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wonach ein dauernder Zinsnachteil von Unternehmen, die aufgrund der Art ihrer Geschäfte auf Dauer weniger Steuer zu zahlen haben, als ihnen in Gestalt des Zinsabschlags auf die Wertpapiererträge als Vorauszahlungen abgezogen wird, vermieden werden soll.
Soweit das Gesetz in § 44a Abs. 4a und 8a EStG Sonderregelungen für Personengesellschaften enthält, steht dies dem Ergebnis nicht entgegen. Diese Vorschriften fingieren den Eintritt einer Personengesellschaft in die Position des Gläubigers, was überflüssig wäre, wenn Personengesellschaften ohnehin als Gläubiger von Kapitalerträgen i.S.v. § 44a EStG verstanden würden.
Die Dauerüberzahlerbescheinigung darf auf die Namen der mittelbar über eine Personengesellschaft am Gläubiger der Kapitalerträge Beteiligten ausgestellt sein. Der Begriff des Gläubigers der Kapitalerträge i.S.v. § 44a Abs. 5 EStG ist nicht zivilrechtlich, sondern spezifisch steuerrechtlich auszulegen. Es kommt nicht darauf an, wem zivilrechtlich der Kapitalertrag zusteht, sondern wer im steuerrechtlichen Sinne Einkünfte erzielt und zu wessen Lasten die Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen ist.