Der Sachverhalt:
Die Kläger sind verheiratet und waren im Jahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden. Der Kläger war bis Ende 1998 bei einem französischen Unternehmen als Arbeitnehmer beschäftigt. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt er eine Abfindung, die das deutsche Wohnsitzfinanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1998 berücksichtigte. Nach Einspruch erließ das Finanzamt 2002 eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung, wodurch der steuerlich zu berücksichtigende Betrag der Abfindung geändert wurde, und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Das hiergegen geführte Klageverfahren blieb erfolglos.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.
Die Gründe:
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens.
Gemäß Art. 25 Abs. 2 DBA-Frankreich vom 1.1.1957 kann eine zuständige Behörde eines Staates mit der zuständigen Behörde des anderen Staates ein Verständigungsverfahren durchführen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wenn eine Person nachgewiesen hat, dass Maßnahmen von Finanzbehörden der Vertragsstaaten die Wirkung einer Doppelbesteuerung gehabt haben oder haben können. Das DBA-Frankreich wurde zwar mit Wirkung vom 1.1.2016 durch eine neue Fassung ersetzt, welche in Art. 25 Abs. 1 S. 2 eine ausdrückliche Ausschlussfrist von drei Jahren für Anträge auf Verständigungsverfahren vorsieht. Allerdings war im Hinblick auf die zeitliche Anwendung der Vorschrift keine Rückwirkung vereinbart worden, so dass hier das DBA-Frankreich 1957 Anwendung fand.
Art. 25 Abs. 2 DBA Frankreich räumt Deutschland hinsichtlich der Frage, ob ein Verständigungsverfahren eingeleitet werden soll, ein Ermessen ein. Hinsichtlich dieser Ermessensentscheidung kann die Finanzbehörde unterschiedlichste Aspekte in die Beurteilung mit einbeziehen, z.B. ob in früheren vergleichbaren Fällen eine Einigung erzielt werden konnte, ob eine Steuerumgehungsabsicht des Steuerpflichtigen bestand, ob der Steuerpflichtige seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nachgekommen ist, ob die zu beurteilende Frage nur von untergeordneter Bedeutung ist oder ob politische oder taktische Erwägungen die Einleitung eines Verständigungsverfahrens opportun erscheinen lassen. Insofern darf die Behörde auch den Zeitablauf in seine Abwägung mit aufnehmen, da nach langem Zeitablauf die Wahrscheinlichkeit einer Verständigung immer geringer wird und die Aspekte der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens zu beachten sind.
Das Finanzamt hatte seine Weigerung, ein Verständigungsverfahren einzuleiten, zunächst mit der in Tz. 2.2.3 des BMF-Schreibens vom 13.7.2006 enthaltenen Fristenregelung begründet. Auf die Frage, ob der BMF dazu tatsächlich befugt war, kam es hier aber nicht an. Denn die Behörde hatte sich auch unabhängig von der in dem BMF-Schreiben enthaltenen Fristenregelung mit einzelnen Aspekten des Zeitablaufs auseinandergesetzt. Sie war im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einleitung eines Verständigungsverfahrens aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr geboten war, da die Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt in der Lage gewesen wären, den Antrag auf Einleitung des Verständigungsverfahrens zu stellen, weil sie spätestens seit dem Rechtstreit vor dem französischen Gericht steuerlich beraten waren. Damit hatte sich die Behörde in den Grenzen des ihm durch das DBA eingeräumten Ermessens gehalten und keine sachwidrigen Aspekte in die Entscheidung mit einbezogen.
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