Gerade diese letzte Voraussetzung konnte der BFH mangels tatrichterlicher Feststellungen nicht überprüfen, so dass er nicht darüber entscheiden konnte, ob die Einlagenrückgewähr für DBA-Zwecke als eine Dividende anzusehen wäre. In jedem Fall bedarf es aber nach dem Urteil des BFH einer anlegerbezogenen Betrachtungsweise, d. h. nur hinsichtlich derjenigen Anleger des Spezial-Investmentfonds kommt das DBA-Schachtelprivileg in Betracht, welche durchgerechnet mit mindestens 10 % an der ausschüttenden ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Dies sahen schon das Finanzamt basierend auf Rz. 75a des BMF-Schreibens vom 18.8.2009 und das Hessische Finanzgericht (Urteil vom 21.6.2016, Az. 4 K 960/15) so. Die Beteiligungshöhe lediglich des Investmentfonds (fondsbezogene Betrachtungsweise) ist nicht entscheidend. Anlegern in Publikums-Investmentfonds stehe es frei, sich mangels Bindungswirkung der gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 13 Abs. 1 InvStG 2004 in der Veranlagung auf das Schachtelprivileg zu berufen, wenn sie die notwendige durchgerechnete Beteiligungshöhe an der ausschüttenden ausländischen Kapitalgesellschaft erreichen.
Auswirkungen des Urteils auf die Praxis
Zunächst ist das 10 %-Beteiligungserfordernis des DBA-Schachtelprivilegs gedanklich von dem durch das EuGH-UmsG vom 21.3.2013 eingeführten § 15 Abs. 1a InvStG 2004 zu trennen. Letztere Vorschrift war erforderlich, um die seit dem 1.3.2013 geltende Körperschaftsteuerpflicht von Streubesitzdividenden zu regeln, wenn diese über Spezial-Investmentfonds bezogen werden. Nur wenn sowohl der Spezial-Investmentfonds als auch durchgerechnet der Anleger über mindestens 10% am Kapital der ausschüttenden in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, fallen die über den Spezial-Investmentfonds bezogenen, in den ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Gewinnausschüttungen unter die 95 %-ige Steuerfreistellung des § 8b Abs. 1 und 4 KStG (Ausweis unter § 5 Abs. 1 Nr. 1 c) aa) InvStG 2004).
Bei Erfüllen der Voraussetzungen des DBA-Schachtelprivilegs sind die in den ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Gewinnausschüttungen dagegen vollständig steuerfrei (Ausweis unter § 5 Abs. 1 Nr. 1 c) gg) InvStG 2004). Das Urteil klärt nun, dass ein Anleger eines Spezial-Investmentfonds diese Erträge nur dann steuerfrei vereinnahmen kann, wenn er im Rahmen einer fiktiven Betrachtung, wäre er unmittelbar an der ausländischen Gesellschaft beteiligt, sich auf einen abkommensrechtlichen Besteuerungsverzicht berufen könnte. Damit dürfte der BFH nicht nur die Beteiligungshöhe, sondern alle gemäß dem jeweiligen DBA notwendigen Voraussetzungen meinen.
Wurden diese Erträge in der Feststellungserklärung des Spezial-Investmentfonds nach DBA steuerfrei erklärt, obwohl die DBA-Voraussetzungen auf der jeweiligen Anlegerebene nicht vorliegen, ist eine Korrektur der gesonderten und einheitlichen Feststellungserklärung des Spezial-Investmentfonds notwendig. Gegebenenfalls kann der Anleger die 95 %-ige Steuerfreistellung (ab 2013 durch § 15 Abs. 1a InvStG 2004) beanspruchen.
Seit 1.1.2018 kommt eine DBA-Freistellung regelmäßig nur für Spezial-Investmentfonds, die in Immobilien oder Alternatives investieren, in Frage, da diese nach § 26 Nr. 6 Satz 2 InvStG 10 % oder mehr nur an einer Immobilien-Kapitalgesellschaft (alternativ: ÖPP-Projektgesellschaft, EEG-Gesellschaft) halten dürfen. § 43 Abs. 1 Satz 3 InvStG regelt indes schon, dass der jeweilige Anleger neben der durchgerechneten Beteiligungshöhe auch die persönlichen Voraussetzungen des jeweiligen DBA für eine Freistellung erfüllen muss. Dies ist ab 2018 im Einzelfall zu prüfen und für die Vergangenheit ggf. nachzuholen.