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DBA-Freistellung von über Investmentfonds bezogene Dividenden

Nach dem Ur­teil des BFH vom 23.10.2019 (Az. I R 51/16) kann ein An­le­ger nur dann über einen In­vest­ment­fonds be­zo­gene Di­vi­den­den nach DBA steu­er­frei ver­ein­nah­men, wenn er im Rah­men ei­ner fik­ti­ven Be­trach­tung die persönli­chen Vor­aus­set­zun­gen dafür erfüllt.

Dem Ur­teil des BFH lag fol­gen­der Sach­ver­halt zu­grunde: Ein deut­scher Im­mo­bi­lien-Spe­zial-In­vest­ment­fonds hielt in 2009 sämt­li­che An­teile an ei­ner pol­ni­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft (Sp. z o.o.), de­ren we­sent­li­che Tätig­keit in der Ver­mie­tung ei­nes in Po­len be­le­ge­nen Grundstücks be­stand. An dem Spe­zial-In­vest­ment­fonds hiel­ten zwei An­le­ger je­weils mehr als 10 % der An­teile, alle an­de­ren we­ni­ger. Im De­zem­ber 2009 schüttete die pol­ni­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaft aus ih­rer Ka­pi­talrück­lage an den Spe­zial-In­vest­ment­fonds aus. Der Spe­zial-In­vest­ment­fonds stellte kei­nen An­trag auf Fest­stel­lung ei­ner Ein­la­genrück­gewähr nach § 27 Abs. 8 KStG. In der Fest­stel­lungs­erklärung der Aus­schüttung des Spe­zial-In­vest­ment­fonds wurde der Be­trag als ausländi­sche Einkünfte im Sinne des § 4 Abs. 1 In­vStG 2004 (wohl un­ter § 5 Abs. 1 Nr. 1 c) gg) In­vStG 2004) aus­ge­wie­sen. Das be­deu­tet, dass der Be­trag als nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steu­er­bare, aber (gemäß § 4 Abs. 1 In­vStG 2004 i. V. m. dem sog. Schach­tel­pri­vi­leg des DBA Deutsch­land - Po­len) steu­er­freie Ge­winn­aus­schüttung aus­ge­wie­sen wurde. Da­her war die­ser Be­stand­teil der Aus­schüttung für alle An­le­ger steu­er­frei. Vor­aus­set­zung für die Frei­stel­lung der Einkünfte in Deutsch­land gemäß DBA Deutsch­land - Po­len ist, (i) dass diese Einkünfte in Po­len be­steu­ert wer­den können, (ii) an eine in Deutsch­land ansässige Ge­sell­schaft von ei­ner in Po­len ansässi­gen Ge­sell­schaft ge­zahlt wer­den, (iii) de­ren Ka­pi­tal zu min­des­tens 10 % un­mit­tel­bar der deut­schen Ge­sell­schaft gehört, und (iv) die Di­vi­den­den bei der Er­mitt­lung des Ge­winns der pol­ni­schen Ge­sell­schaft nicht ab­ge­zo­gen wur­den.
 
Ge­rade diese letzte Vor­aus­set­zung konnte der BFH man­gels ta­trich­ter­li­cher Fest­stel­lun­gen nicht überprüfen, so dass er nicht darüber ent­schei­den konnte, ob die Ein­la­genrück­gewähr für DBA-Zwecke als eine Di­vi­dende an­zu­se­hen wäre. In je­dem Fall be­darf es aber nach dem Ur­teil des BFH ei­ner an­le­ger­be­zo­ge­nen Be­trach­tungs­weise, d. h. nur hin­sicht­lich der­je­ni­gen An­le­ger des Spe­zial-In­vest­ment­fonds kommt das DBA-Schach­tel­pri­vi­leg in Be­tracht, wel­che durch­ge­rech­net mit min­des­tens 10 % an der aus­schütten­den ausländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft be­tei­ligt sind. Dies sa­hen schon das Fi­nanz­amt ba­sie­rend auf Rz. 75a des BMF-Schrei­bens vom 18.8.2009 und das Hes­si­sche Fi­nanz­ge­richt (Ur­teil vom 21.6.2016, Az. 4 K 960/15) so. Die Be­tei­li­gungshöhe le­dig­lich des In­vest­ment­fonds (fonds­be­zo­gene Be­trach­tungs­weise) ist nicht ent­schei­dend. An­le­gern in Pu­bli­kums-In­vest­ment­fonds stehe es frei, sich man­gels Bin­dungs­wir­kung der ge­son­der­ten Fest­stel­lung der Be­steue­rungs­grund­la­gen nach § 13 Abs. 1 In­vStG 2004 in der Ver­an­la­gung auf das Schach­tel­pri­vi­leg zu be­ru­fen, wenn sie die not­wen­dige durch­ge­rech­nete Be­tei­li­gungshöhe an der aus­schütten­den ausländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft er­rei­chen.


Auswirkungen des Urteils auf die Praxis

Zunächst ist das 10 %-Be­tei­li­gungs­er­for­der­nis des DBA-Schach­tel­pri­vi­legs ge­dank­lich von dem durch das EuGH-UmsG vom 21.3.2013 ein­geführ­ten § 15 Abs. 1a In­vStG 2004 zu tren­nen. Letz­tere Vor­schrift war er­for­der­lich, um die seit dem 1.3.2013 gel­tende Körper­schaft­steu­er­pflicht von Streu­be­sitz­di­vi­den­den zu re­geln, wenn diese über Spe­zial-In­vest­ment­fonds be­zo­gen wer­den. Nur wenn so­wohl der Spe­zial-In­vest­ment­fonds als auch durch­ge­rech­net der An­le­ger über min­des­tens 10% am Ka­pi­tal der aus­schütten­den in- oder ausländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft be­tei­ligt ist, fal­len die über den Spe­zial-In­vest­ment­fonds be­zo­ge­nen, in den aus­ge­schütte­ten oder aus­schüttungs­glei­chen Erträgen ent­hal­te­nen Ge­winn­aus­schüttun­gen un­ter die 95 %-ige Steu­er­frei­stel­lung des § 8b Abs. 1 und 4 KStG (Aus­weis un­ter § 5 Abs. 1 Nr. 1 c) aa) In­vStG 2004).
 
Bei Erfüllen der Vor­aus­set­zun­gen des DBA-Schach­tel­pri­vi­legs sind die in den aus­ge­schütte­ten oder aus­schüttungs­glei­chen Erträgen ent­hal­te­nen Ge­winn­aus­schüttun­gen da­ge­gen vollständig steu­er­frei (Aus­weis un­ter § 5 Abs. 1 Nr. 1 c) gg) In­vStG 2004). Das Ur­teil klärt nun, dass ein An­le­ger ei­nes Spe­zial-In­vest­ment­fonds diese Erträge nur dann steu­er­frei ver­ein­nah­men kann, wenn er im Rah­men ei­ner fik­ti­ven Be­trach­tung, wäre er un­mit­tel­bar an der ausländi­schen Ge­sell­schaft be­tei­ligt, sich auf einen ab­kom­mens­recht­li­chen Be­steue­rungs­ver­zicht be­ru­fen könnte. Da­mit dürfte der BFH nicht nur die Be­tei­li­gungshöhe, son­dern alle gemäß dem je­wei­li­gen DBA not­wen­di­gen Vor­aus­set­zun­gen mei­nen.
 
Wur­den diese Erträge in der Fest­stel­lungs­erklärung des Spe­zial-In­vest­ment­fonds nach DBA steu­er­frei erklärt, ob­wohl die DBA-Vor­aus­set­zun­gen auf der je­wei­li­gen An­le­ge­re­bene nicht vor­lie­gen, ist eine Kor­rek­tur der ge­son­der­ten und ein­heit­li­chen Fest­stel­lungs­erklärung des Spe­zial-In­vest­ment­fonds not­wen­dig. Ge­ge­be­nen­falls kann der An­le­ger die 95 %-ige Steu­er­frei­stel­lung (ab 2013 durch § 15 Abs. 1a In­vStG 2004) be­an­spru­chen.
 
Seit 1.1.2018 kommt eine DBA-Frei­stel­lung re­gelmäßig nur für Spe­zial-In­vest­ment­fonds, die in Im­mo­bi­lien oder Al­ter­na­ti­ves in­ves­tie­ren, in Frage, da diese nach § 26 Nr. 6 Satz 2 In­vStG 10 % oder mehr nur an ei­ner Im­mo­bi­lien-Ka­pi­tal­ge­sell­schaft (al­ter­na­tiv: ÖPP-Pro­jekt­ge­sell­schaft, EEG-Ge­sell­schaft) hal­ten dürfen. § 43 Abs. 1 Satz 3 In­vStG re­gelt in­des schon, dass der je­wei­lige An­le­ger ne­ben der durch­ge­rech­ne­ten Be­tei­li­gungshöhe auch die persönli­chen Vor­aus­set­zun­gen des je­wei­li­gen DBA für eine Frei­stel­lung erfüllen muss. Dies ist ab 2018 im Ein­zel­fall zu prüfen und für die Ver­gan­gen­heit ggf. nach­zu­ho­len.

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