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Definition und Identifikation von Gruppen verbundener Kunden im Rahmen der CRR

Die Iden­ti­fi­ka­tion von Grup­pen ver­bun­de­ner Kun­den (GVK) spielt eine ent­schei­dende Rolle für die Ri­si­ko­be­ur­tei­lung und -steue­rung bei In­sti­tu­ten. Mit der Veröff­ent­li­chung der de­le­gier­ten Ver­ord­nung (EU) 2024/1728 im Amts­blatt der EU am 18.06.2024 geht die Eu­ropäische Union neue Wege bei der Spe­zi­fi­ka­tion von Kon­troll­verhält­nis­sen und wirt­schaft­li­chen Abhängig­kei-ten. Die Ver­ord­nung ergänzt die Ca­pi­tal Re­qui­re­ments Re­gu­la­tion (CRR) durch präzi­sie­rende Re­gu­latory Tech­ni­cal Stan­dards (RTS) und sorgt so­mit für eine stärkere Har­mo­ni­sie­rung und Klar­heit im Ban­ken­sek­tor. In die­sem Bei­trag ge­ben wir einen Über­blick zu den In­hal­ten und Aus­wir­kun­gen der Neu­re­ge­lung und stel­len aus­gewählte Un­ter­schiede zu den Leit­li­nien zu ver­bun­de­nen Kun­den gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 39 CRR der EZB vom 23.02.2018 (EBA/GL/2017/15) dar.

Die CRR stellt das Kern­ele­ment der Ban­ken­re­gu­lie­rung in der EU dar. Die kor­rekte Iden­ti­fi­zie­rung von GVK ist es­sen­zi­ell, da ver­bun­dene Aus­fall­ri­si­ken zu einem be­deu­ten­den sys­te­mi­schen Ri­siko führen können. Fehl­ein­schätzun­gen in die­sem Be­reich können nicht nur das ein­zelne In­sti­tut, son­dern auch die Sta­bi­lität des ge­sam­ten Fi­nanz­sys­tems gefähr­den. Aus die­sem Grund hat die EU-Kom­mis­sion die de­le­gierte Ver­ord­nung (EU) 2024/1728 er­ar­bei­tet, um künf­tig Ein­heit­lich­keit und Rechts­si­cher­heit in der Be­hand­lung ver­bun­de­ner Kun­den­grup­pen zu gewähr­leis­ten.

In­halt­li­che Schwer­punkte der de­le­gier­ten Ver­ord­nung (EU) 2024/1728 sind:

  • De­fi­ni­tion ei­nes Kon­troll­verhält­nis­ses: Die Ver­ord­nung präzi­siert, un­ter wel­chen Be­din­gun­gen ein Kon­troll­verhält­nis zwi­schen zwei oder mehr En­titäten be­steht. Dies schließt so­wohl di­rekte als auch in­di­rekte Kon­trollmöglich­kei­ten, wie Stimm­rechte oder das Recht zur Be­stel­lung lei­ten­der Or­gane, ein.
  • Fest­stel­lung wirt­schaft­li­cher Abhängig­keit: Wirt­schaft­li­che Abhängig­keit wird in der de­le­gier­ten Ver­ord­nung als eine Si­tua­tion de­fi­niert, in der eine Par­tei auf die an­dere in einem sol­chen Maße an­ge­wie­sen ist, dass die In­sol­venz ei­ner Par­tei sehr wahr­schein­lich die Zah­lungsfähig­keit der an­de­ren be­einträch­tigt. Sie legt klare, aber nicht ab­schließende In­di­ka­to­ren für sol­che Abhängig­kei­ten fest.
  • Kom­bi­na­tion aus Kon­troll­verhält­nis und wirt­schaft­li­cher Abhängig­keit: Die de­le­gierte Ver­ord­nung spe­zi­fi­ziert, wann eine Kom­bi­na­tion die­ser Fak­to­ren zu ei­ner GVK führt. Hier­durch kann ein höheres Ri­si­ko­ni­veau iden­ti­fi­ziert wer­den, das be­son­de­rer Auf­merk­sam­keit der Re­gu­lie­rungs­behörden be­darf.
  • Aus­nah­me­re­ge­lun­gen: Die de­le­gierte Ver­ord­nung sieht auch ge­wisse Aus­nah­men von den de­fi­nier­ten Kri­te­rien vor, um Über­re­gu­lie­rung zu ver­mei­den und die Pro­por­tio­na­lität der Re­gu­lie­rungs­an­for­de­run­gen si­cher­zu­stel­len.

Um die Neue­run­gen der de­le­gier­ten Ver­ord­nung im Kon­text be­ste­hen­der Vor­schrif­ten zu ver­ste­hen, ist es wich­tig, diese auch im Ver­gleich zu den be­ste­hen­den EZB-Leit­li­nien zu ver­bun­de­nen Kun­den zu be­trach­ten und auf die un­ter­schied­li­chen Rechts­qua­litäten der Re­gu­la­rien ein­zu­ge­hen.

Die EZB-Leit­li­nien bie­ten einen Rah­men zur Be­ur­tei­lung, wann Kun­den als ver­bun­den gel­ten. Hier­bei han­delt es sich je­doch um keine rechts­ver­bind­li­che Norm für die In­sti­tute. Die na­tio­na­len Auf­sichts­behörden müssen diese erst noch in ihre Auf­sichts­prak­ti­ken in­te­grie­ren (z. B. durch Ände­rung ih­res Rechts­rah­mens oder ih­rer Auf­sichts­ver­fah­ren). Dies ist in Deutsch­land mit dem Rund­schrei­ben 14/2018 - Um­set­zung der EBA-Leit­li­nien zu ver­bun­de­nen Kun­den gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 39 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 575/2013 er­folgt.

Während diese EZB-Leit­li­nien eine wert­volle Richt­schnur bie­ten, wer­den nun mit der de­le­gier­ten Ver­ord­nung un­mit­tel­bar an­wend­bare, recht­lich ver­bind­li­che und eu­ro­pa­weit ein­heit­li­che Re­ge­lun­gen für eu­ropäische In­sti­tute ge­schaf­fen. So­weit die Re­ge­lun­gen der de­le­gier­ten Ver­ord­nung von den EZB-Leit­li­nien und dem Rund­schrei­ben 14/2018 der Ba­Fin ab­wei­chen, gel­ten die Re­ge­lun­gen der de­le­gier­ten Ver­ord­nung als un­mit­tel­bar gel­ten­des eu­ropäisches Recht.

Nach­fol­gend wer­den ei­nige aus­gewählte Un­ter­schiede der neuen de­le­gier­ten Ver­ord­nung zu den EZB-Leit­li­nien aus 2018 dar­ge­stellt:

Hin­weis: Die Re­geln für die Er­mitt­lung von GVK tra­ten am 08.07.2024 in Kraft. In­sti­tute müssen, so­fern noch nicht er­folgt, ihre Pro­zesse zur Iden­ti­fi­ka­tion von GVK nun un­mit­tel­bar überprüfen und ggfs. an­pas­sen. Glei­ches gilt für ihre schrift­li­che Do­ku­men­ta­tion, also u. a. ihre Ar­beits­an­wei­sun­gen und Pro­zess­handbücher.

Die de­le­gierte Ver­ord­nung (EU) 2024/1728 stellt da­mit einen wei­te­ren Schritt zur Si­cher­stel­lung ei­ner kon­sis­ten­ten Ri­si­ko­be­ur­tei­lung und ei­nes kon­sis­ten­ten Rechts­rah­mens im eu­ropäischen Ban­ken­sek­tor dar. Durch die nun präzi­sere und recht­lich ver­bind­li­che De­fi­ni­tion von GVK und die Berück­sich­ti­gung von Kon­troll­verhält­nis­sen so­wie wirt­schaft­li­chen Abhängig­kei­ten sol­len In­sti­tute Ri­si­ken bes­ser iden­ti­fi­zie­ren und steu­ern können.

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