Insbesondere im Kapitel IV. „Respekt, Chancen und soziale Sicherheit“ finden sich im Unterkapitel „Arbeit“ (S. 66 ff.) Pläne zu arbeitsrechtlichen Gesetzesvorhaben und Änderungsplänen, die im Nachfolgenden dargestellt werden.
Grundsatz einer achtstündigen Arbeitszeit mit flexibleren Abweichungen
An einer Arbeitszeit von acht Stunden täglich soll festgehalten werden. Allerdings soll von der werktäglichen Höchstarbeitszeit zukünftig durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung (auf Basis eines Tarifvertrags) abgewichen werden können. Die Ampel möchte trotz des EuGH-Urteils aus Mai 2019 flexible Arbeitszeitmodelle, z. B. die sog. Vertrauensarbeitszeit, zukünftig weiterhin ermöglichen. Details hierzu sind noch unklar.
Homeoffice: Erörterungsanspruch der Arbeitnehmer
Das Homeoffice soll zukünftig als eine Möglichkeit des mobilen Arbeitens aus dem Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung ausgenommen werden und somit keine Telearbeit mehr darstellen. Die Beschäftigten erhalten bei geeigneter Tätigkeit zusätzlich einen Erörterungsanspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber hinsichtlich der Gewährung einer Tätigkeit im Homeoffice bzw. mobiler Arbeit. Der Arbeitgeber kann dem Ansinnen nur bei Vorliegen betrieblicher Belange widersprechen. Dieser Erörterungsanspruch wird die Personalabteilungen der Unternehmen nach Corona sicher vermehrt beschäftigen.
Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns und der Minijob-Grenze
Der Mindestlohn soll auf einen Schlag auf 12 Euro pro Stunde erhöht werden. Ab wann dies gelten soll, ist derzeit noch unklar.
Die Minijob-Grenze wird auf 520 Euro angehoben. Dies entspricht einer Arbeitszeit von 10 Stunden pro Woche bei Auszahlung des Mindestlohns.
Deckelung von Sachgrundbefristungen
Zur Vermeidung von Kettenbefristungen sollen mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge bei demselben Arbeitgeber zukünftig grundsätzlich noch maximal sechs Jahre zulässig sein.
Weiterentwicklung der Arbeitnehmermitbestimmung
Die Mitbestimmung soll weiterentwickelt werden. Ob Betriebsräte digital oder analog arbeiten, sollen diese selbst entscheiden dürfen. Online-Betriebsratswahlen sollen in einem Pilotprojekt erprobt werden. Entsprechend ihrem analogen Betretungsrecht zum Betrieb sollen Gewerkschaften ein diesem Recht entsprechendes digitales Zutrittsrecht in die Betriebe erhalten. Die Behinderung der Betriebsratsarbeit soll künftig nicht mehr nur auf Antrag, sondern als Offizialdelikt verfolgt werden. Auch Umgehungsversuchen der Beschneidung der Unternehmens-Mitbestimmung (Pflicht zur Bildung von mit Arbeitnehmervertretern besetzten Aufsichtsräten) durch Zuwachs von Europäischen Aktiengesellschaften (SE-Gesellschaften) soll ein Riegel vorgeschoben werden. Speziell dieses Thema könnte gravierende Auswirkungen auf avisierte Unternehmens-Umstrukturierungen haben, wobei es hierbei die Einzelheiten abzuwarten gilt, weil sich insoweit eine Vielzahl komplexer Fragen (insbesondere zum Vertrauensschutz) stellen werden.
Es kommt einiges auf uns zu
Die Ampel-Koalition scheint mit Blick auf das Arbeitsrecht echte Ambitionen zu haben. Auch wenn die inhaltlichen Regelungen noch im Detail abzuwarten sind, werden doch die Themen Arbeitszeit, Homeoffice und SE-Gestaltungen interessante und vor allem für die Praxis auch (sehr) relevante Änderungen erfahren.