Der Sachverhalt:
Deutsche Post ist eine Aktiengesellschaft, die 1995 aus der Privatisierung des historischen deutschen Postdienstleisters, Postdienst (vormals Deutsche Bundespost), hervorging. Deutsche Post musste die Postbeamten von Postdienst übernehmen und für sie von 1995 bis 1999 jährliche Beiträge i.H.v. 2,045 Mrd. € an einen Pensionsfonds entrichten. Ab dem Jahr 2000 wurde diese pauschale Jahresrate durch einen Betrag i.H.v. 33 Prozent der gesamten Bezüge der bei Deutsche Post beschäftigten Beamten ersetzt. Die dadurch nicht gedeckten Kosten der Ruhegehälter wurden vom Bund getragen, der dafür in der Zeit von 1995 bis 2010 insgesamt über 37 Mrd. € aufwandte.
Deutschland erhob gegen diesen Beschluss Klage beim EuG und machte u.a. geltend, die Kommission habe die staatliche Kofinanzierung der Ruhegehälter der von Deutsche Post übernommenen Beamten zu Unrecht als staatliche Beihilfe eingestuft. Sie hätte nämlich zunächst nachweisen müssen, dass Deutsche Post dadurch gegenüber ihren Wettbewerbern ein tatsächlicher wirtschaftlicher Vorteil entstanden sei.
Das EuG gab der Klage Deutschlands statt. Gegen die Entscheidung des EuG kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.
Die Gründe:
Der Beschluss der Kommission wird, soweit er die Subventionen für die Ruhegehälter betrifft, für nichtig erklärt.
Die Einstufung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe setzt voraus, dass dem Begünstigten durch die Maßnahme gegenüber seinen Wettbewerbern ein selektiver wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird. Die Kommission hat dies bei der Prüfung der Frage, ob überhaupt eine staatliche Beihilfe vorliegt, nachzuweisen und nicht - wie vorliegend der Fall - erst bei der anschließenden Prüfung der Frage, ob die Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.
Dass Deutschland die Kosten der Ruhegehälter der ehemaligen Postbeamten teilweise übernahm, genügt nicht bereits für den Nachweis, dass Deutsche Post gegenüber ihren privaten Wettbewerbern begünstigt wurde. Die Belastungen durch die Ruhegehälter der Beamten, die über einen privilegierten und kostenaufwendigen Status verfügen, gehören nämlich nicht zu den Kosten, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat. So kann Deutsche Post nach der staatlichen Kofinanzierung der Ruhegehälter, auch wenn sie weniger benachteiligt ist als zuvor, gegenüber ihren Wettbewerbern durchaus immer noch benachteiligt oder diesen gleichgestellt sein, ohne einen Vorteil erlangt zu haben.
Allenfalls hätten Beträge, die das zur Angleichung der Kosten der Ruhegehälter, die Deutsche Post vor 1995 auferlegt wurden, an die ihrer Wettbewerber erforderliche Maß überstiegen, ihr einen solchen Vorteil verschaffen und somit eine staatliche Beihilfe darstellen können. Da die Kommission im Stadium ihrer Prüfung der Frage, ob eine staatliche Beihilfe vorliegt, nicht nachgewiesen hat, dass Deutsche Post gegenüber ihren Wettbewerbern einen solchen Vorteil erlangt hatte, hat sie einen Rechtsfehler begangen, der zur Nichtigerklärung des die Subventionen für die streitigen Ruhegehälter betreffenden Teils des Beschlusses führt.
Linkhinweis:
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