Aktueller Stand
Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat am 23.1.2020 beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die am 16.12.2019 beschlossene Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK 2020) zur Prüfung und Veröffentlichung eingereicht.
Mit der Veröffentlichung durch das Ministerium im elektronischen Bundesanzeiger ist DCGK 2020 am 20.3.2020 in Kraft getreten und hat den bis dahin gültigen Kodex in der Fassung vom 7.2.2017 (DCGK 2017) abgelöst.
Die Regierungskommission hatte bereits am 22.5.2019 einen Kodexentwurf veröffentlicht, dessen Finalisierung in Abhängigkeit zum Inkrafttreten des ARUG II am 1.1.2020 zurückgestellt wurde, um hieraus relevante Änderungen des Aktiengesetzes in der Neufassung des Kodex berücksichtigen zu können. Letztendlich erfolgten in der Neufassung jedoch nur redaktionelle Änderungen und Kürzungen, ohne dass materielle Anpassungen gegenüber dem Kodexentwurf vorzunehmen waren.
Hinweis: Grundlage für die Entsprechenserklärung bildet bis zum Inkrafttreten des DCGK 2020 die Kodex-Fassung vom 7.2.2017. Da die Entsprechenserklärung jedoch nicht dynamisch auf die jeweils aktuelle Fassung des Kodex verweist, müssen sich Unternehmen nach dem Inkrafttreten des DCGK 2020 entscheiden, ob sie bis zur Abgabe der turnusmäßigen Entsprechenserklärung die alte Fassung anwenden oder aber eine vorzeitige Entsprechenserklärung hinsichtlich der Anwendung des DCGK 2020 abgeben. Unternehmen sollten sich daher bereits heute mit den inhaltlichen Neuerungen gegenüber dem DCGK 2017 vertraut machen.
Überblick zu inhaltlichen Neuerungen
Wesentliche Neuerungen gegenüber dem DCGK 2017 betreffen insbesondere die Konkretisierung von Anforderungen an die Unabhängigkeit von Anteilseignern im Aufsichtsrat, die Neufassung der Empfehlungen zur Vorstandsvergütung sowie die Vereinfachung der Berichterstattung über die Corporate Governance. Darüber hinaus sollen die Neugliederung des Kodex, die Verwendung einer einfacheren Sprache unter Kürzung des Textes sowie die Einführung von Grundsätzen zur Information über die wesentlichen rechtlichen Vorgaben für verantwortungsvolle Unternehmensführung zu einem besseren Verständnis und höherer Akzeptanz führen. Hierbei ist erklärtes Ziel, den internationalen Standards zu entsprechen.
- Unabhängigkeit von Anteilseignern im Aufsichtsrat
Bislang hat der Kodex darauf verzichtet, eine positive oder negative Definition der Un-abhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern sowie Kriterien für die Beurteilung der Unab-hängigkeit festzulegen. Der DCGK 2020 enthält nunmehr einen Katalog an Indikatoren für die (fehlende) Unabhängigkeit von Anteilseignervertretern im Aufsichtsrat (Empfehlung C.7 DCGK 2020), der als Hilfestellung bei der Einschätzung hierüber dienen soll. Zu berücksichtigen ist etwa eine Mitgliedschaft im Vorstand in den letzten zwei Jahren vor der Wahl oder eine mehr als zwölf Jahre bestehende Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat.
- Empfehlungen zur Vorstandsvergütung
Ein weiterer Schwerpunkt des DCGK 2020 liegt in der Neufassung der Empfehlungen zur Vergütung von Vorstandsmitgliedern. Künftig hat der Aufsichtsrat ein klares und verständliches System zur Vergütung der Vorstandsmitglieder zu beschließen und auf dessen Basis die konkrete Vergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder zu bestimmen (Grundsatz 23 DCGK 2020). Vorgesehen ist die Festlegung einer Ziel-Gesamtvergütung, die alle fixen und variablen leistungsabhängigen Vergütungselemente umfasst und bei hundertprozentiger Zielerreichung gewährt wird. Die variablen Vergütungen werden als wesentlicher materieller Anreiz gesehen, um die Ziele der Geschäftspolitik zu verfolgen. Hierbei empfiehlt der DCGK 2020, dass der Anteil der langfristig variablen Vergütungsbestandteile den Anteil der kurzfristig variablen Vergütungsbestandteile übersteigt. Darüber hinaus sollen die gewährten variablen Vergütungsbeträge überwiegend in Aktien der Gesellschaft angelegt oder entsprechend aktienbasiert gewährt werden. Der DCGK 2020 empfiehlt zudem, die Gesamtvergütung durch eine Maximalvergütung (Cap) zu beschränken. Insgesamt sollen Ziel- und Maximalvergütung des Vorstands im Vergleich zur Vergütung der Führungskräfte und der Belegschaft vermittelbar sein und auch der Öffentlichkeit erklärt werden können.
- Vergütungsberichterstattung
Durch das ARUG II wurden in § 162 AktG weitreichende Vorgaben für die jährliche Erstellung eines Vergütungsberichts hinsichtlich der den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern gewährten und geschuldeten Vergütungen geschaffen, die u. a. eine individualisierte Darstellung aller festen und variablen Vergütungsbestandteile vorsehen. Der DCGK 2020 verzichtet nunmehr auf eigene inhaltliche Empfehlungen zur Berichterstattung über die Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung einschließlich der Mustertabellen zu Ziff. 4.2.5 Abs. 3 DCGK 2017, weil die Regierungskommission die aktienrechtliche Normierung für hinreichend aussagekräftig erachtet (Grundsatz 25 DCGK 2020 und Begründung hierzu). Auch sieht sie keinen Bedarf, Empfehlungen zum Format der Berichterstattung zu entwickeln und verweist insoweit auf die von der EU-Kommission nach Art. 9b Abs. 6 der 2. ARRL noch zu erlassenden Leitlinien zum Vergütungsbericht.
Hinweis: Die Pflicht zur Aufstellung eines den Anforderungen des § 162 AktG genügenden Vergütungsberichts gilt erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen (§ 26j Abs. 2 Satz 1 EGAktG). Zu erwarten ist, dass der DCGK 2020 vor diesem Zeitpunkt in Kraft treten wird. Dies kann dazu führen, dass eine Vergütungsberichterstattung weder nach aktienrechtlichen Vorschriften noch nach dem DCGK zu erfolgen hat, weil § 162 AktG noch nicht anzuwenden ist, die Entsprechenserklärung hinsichtlich des DCGK 2020 aber bereits abgegeben wurde. Die Regierungskommission sieht in ihrer Pressemitteilung vom 23.1.2020 die Unternehmen in der Verantwortung, in diesem Fall sachgerecht über die Vorstandsvergütung zu berichten. Um Transparenzlücken zu vermeiden, sollten sich Unternehmen daher rechtzeitig Gedanken über die Vergütungsberichterstattung für die im Übergangszeitraum liegenden Geschäftsjahre machen. Zu denken ist etwa an die vorzeitige Anwendung des § 162 AktG.
- Vereinfachung der Berichterstattung über Corporate Governance
Die Neufassung des Kodex sieht in Grundsatz 22 als zentrales Instrument der Corporate Governance Berichterstattung durch Aufsichtsrat und Vorstand nunmehr die Erklärung zur Unternehmensführung im Lagebericht nach § 289f HGB vor. Die bisherige Empfehlung zum Corporate Governance Bericht als eigenständiges Berichtsinstrument nach Ziff. 3.10 DCGK 2017 wurde abgeschafft, um das Nebeneinander der beiden Instrumente zugunsten einer klareren Berichterstattung zu beenden. Nicht mehr aktuelle Erklärungen zur Unternehmensführung sollen künftig mindestens fünf Jahre lang auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich sein (Empfehlung F.5 DCGK 2020). Ferner erweitert der DCGK 2020 die Transparenzempfehlungen zur Berichterstattung über Unternehmensführungspraktiken, wie z. B. im Hinblick auf die Angabe, ob und wie eine Selbstbeurteilung des Aufsichtsrats durchgeführt wurde (Empfehlung D.13 DCGK 2020).