Nach der bereits allgemeinen Willensbekundung auf dem G20-Gipfel im Juni 2019 haben sich nun die Finanzminister der G7-Staaten Mitte Juli 2019 auf Grundzüge zur künftigen Besteuerung der digitalen Wirtschaft verständigt. Dabei wird kumulativ auf zwei Säulen der Besteuerung gesetzt.
Zum einen soll ein neuer Anknüpfungspunkt für die Besteuerung geschaffen werden. Derzeit werden Gewinne dort besteuert, wo Unternehmen Produkte entwickeln oder produzieren, und dazu Betriebsstätten unterhalten. Künftig soll ein deutlich stärkeres Gewicht auf den Absatz der Produkte und Dienstleistungen gelegt werden. Gewinne sollen deshalb vermehrt dort der Besteuerung unterliegen, wo der Kunde ansässig ist. Die Wertschöpfung und damit der generierte Gewinn sollen somit nicht mehr nur den Funktionen Entwicklung, Produktion, Vertrieb, sondern auch den Märkten, auf denen die Produkte und Dienstleistungen ihre Abnehmer erreichen, zugewiesen werden. Um in einem Staat zur Besteuerung herangezogen zu werden, soll damit eine lokale physische Präsenz nicht mehr zwingend erforderlich sein.
Zum anderen soll - insb. auf Betreiben Deutschlands und Frankreichs - eine globale Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen eingeführt werden, um sicher zu stellen, dass eine Gewinnbesteuerung nicht durch Gewinnverlagerungen oder Gestaltungsmodelle vermieden wird.
Auslöser der Diskussion um eine Digitalbesteuerung war die Frage, ob es multinational agierenden Internetunternehmen möglich sein sollte, durch die Verlagerung ihres Unternehmenssitzes Steuereinsparungen in Milliardenhöhe zu erzielen. Aus Sicht von Staaten mit hohen Exportüberschüssen, wie z. B. Deutschland, stellt sich jedoch die Frage, welche Auswirkungen sich daraus für die nationale Wirtschaft ergeben.
Denn die vorgesehene neue Digitalbesteuerung betrifft keinesfalls nur Unternehmen, die schwerpunktmäßig über das Internet Leistungen erbringen. Vielmehr dürfte jedes Unternehmen betroffen sein, das im Ausland Produkte oder Dienstleistungen anbietet und damit durch die Marktpräsenz dort der Besteuerung unterliegen könnte.
Insbesondere im mittelständisch geprägten Deutschland stellt sich für exportierende Unternehmen die Frage, welche Änderungen durch die geplante Digitalbesteuerung auf sie zukommen dürften. Befürchtet wird, dass eine Aufteilung des Gewinns auf eine Vielzahl an Staaten erforderlich sein dürfte, was neben einem enormen Verwaltungsmehraufwand insb. auch die Gefahr einer Doppelbesteuerung bergen könnte, wenn die beteiligten Staaten die Vorgaben der Gewinnzuweisung unterschiedlich auslegen und anwenden. Auch ist zu befürchten, dass Staaten, die Einbußen bei ihrem Besteuerungssubstrat sehen, durch unilaterale Maßnahmen, wie z. B. durch sog. Treaty-Override-Regeln, versuchen werden ihr Besteuerungssubstrat zu sichern und damit Unternehmen einer Doppelbesteuerung aussetzen.
Die nationalen Vertreter Deutschlands sind deshalb gefordert, innerhalb der Diskussion um die neue Digitalbesteuerung die Interessen der Wirtschaft in Deutschland im Auge zu behalten und darauf hinzuwirken, dass Deutschland und insb. der Mittelstand nicht zum Verlierer einer Neuordnung werden.