deen

Rechtsberatung

Digitale Produkte nachhaltig gestalten - ESG in IT- und Datenschutzrecht

Die Be­rei­che Um­welt, So­zia­les und Go­ver­nance (ESG) ha­ben in den letz­ten Jah­ren deut­lich an Be­deu­tung ge­won­nen. Bei der Da­ten­ver­ar­bei­tung und der Nut­zung von IT-Sys­te­men stel­len sich zahl­rei­che Nach­hal­tig­keits­fra­gen. Um den En­er­gie- und Res­sour­cen­ver­brauch zu re­du­zie­ren, kann der Ein­satz um­welt­scho­nen­der Hard- und Soft­ware im Rah­men von Be­schaf­fungs­verträgen in Be­tracht ge­zo­gen wer­den. Be­son­ders ef­fek­tiv können zu­dem die längere Nut­zungs­dauer so­wie die Möglich­keit zur Re­pa­ra­tur elek­tro­ni­scher Pro­dukte sein. Doch auch der Da­ten­schutz und die Da­ten­si­cher­heit sind we­sent­li­che ESG-The­men.

ESG im Bereich IT-Recht

Be­kann­termaßen ver­ur­sa­chen di­gi­tale Dienste, die Her­stel­lung von End­geräten so­wie wei­tere Be­rei­che in der IT we­sent­li­che Emis­sio­nen. Phy­si­sche Be­stand­teile di­gi­ta­ler Pro­dukte so­wie die dar­auf in­stal­lierte Soft­ware wei­sen häufig eine verhält­nismäßig kurze Nut­zungs­dauer auf. Oft liegt dies an ir­re­pa­ra­blen, de­fek­ten Ein­zel­tei­len, feh­len­der Kom­pa­ti­bi­lität mit dem Be­triebs­sys­tem oder daran, dass die Her­stel­ler keine Ak­tua­li­sie­run­gen der Soft­ware mehr zur Verfügung stel­len. Zu­neh­mend stellt sich bei der Nut­zung elek­tro­ni­scher Pro­dukte die Frage nach de­ren Le­bens­dauer und dem Um­gang mit ver­al­te­ten Vorgänger­pro­duk­ten. Häufig müssen die Pro­dukte neu be­schafft wer­den.

© unsplash

Die De­fi­zite in Sa­chen Nach­hal­tig­keit ha­ben so­wohl der na­tio­nale Ge­setz­ge­ber als auch die EU er­kannt. Mit der Einführung des di­gi­ta­len Ver­trags­rechts im BGB hat der na­tio­nale Ge­setz­ge­ber um­fas­sende und lang­fris­tige Up­datepflich­ten ge­schaf­fen. Bei der Be­reit­stel­lung di­gi­ta­ler Pro­dukte und Wa­ren mit di­gi­ta­len Ele­men­ten müssen diese für die er­war­tete Nut­zungs­dauer ak­tu­ell ge­hal­ten wer­den. Des Wei­te­ren sind Be­stre­bun­gen des na­tio­na­len Ge­setz­ge­bers so­wie der EU er­kenn­bar, die dar­auf ab­zie­len, ein ge­setz­lich ge­re­gel­tes wirk­sa­mes „Recht auf Re­pa­ra­tur“ zu begründen. Durch die lang­fris­tige Be­reit­stel­lung von Er­satz­tei­len sol­len Her­stel­ler dazu ver­pflich­tet wer­den, ihre Pro­dukte nach­hal­ti­ger nutz­bar zu ma­chen.

In die­sem Zu­sam­men­hang hat die EU-Kom­mis­sion am 30.03.2022 den Ent­wurf ei­ner neuen Öko­de­sign-Ver­ord­nung für nach­hal­tige Pro­dukte vor­ge­legt. Mit die­sem Vor­schlag möchte sie die der­zeit gel­tende Öko­de­sign-Richt­li­nie (RL 2009/125/EG) er­set­zen und für eine Ver­mark­tung um­welt­freund­li­che­rer und kreis­lauf­ori­en­tier­ter Pro­dukte in­ner­halb der EU sor­gen. Die seit 2009 be­ste­hende, alte Richt­li­nie legte nur einen Rah­men für die Fest­le­gung von An­for­de­run­gen in Be­zug auf die um­welt­ge­rechte Ge­stal­tung en­er­gie­ver­brauchs­re­le­van­ter Pro­dukte fest. Der An­wen­dungs­be­reich des neuen Re­ge­lungs­rah­mens er­streckt sich auf alle phy­si­schen Wa­ren, die in Ver­kehr ge­bracht wer­den sol­len, mit we­ni­gen Aus­nah­men bei Le­bens- oder Arz­nei­mit­teln. Die Re­ge­lun­gen be­tref­fen etwa die Halt­bar­keit, Wie­der­ver­wend­bar­keit, En­er­gie- und Res­sour­cen­ef­fi­zi­enz von Pro­duk­ten, oder die Menge de­ren vor­aus­sicht­li­cher Ab­fall­stoffe. Ziel ist es, En­er­gie­ef­fi­zi­enz, Kreis­lauf­wirt­schaft und Re­cy­cling im Pro­dukt­han­del durch erhöhte Öko­de­sign-An­for­de­run­gen zu ver­bes­sern. Auf diese Weise sol­len Pro­dukte mit einem ge­rin­gen Klima- und Um­weltfußab­druck EU-weit zur „Norm“ wer­den. Eine Ge­mein­sam­keit der Richt­li­nie und der Ver­ord­nung be­steht darin, dass die EU-Kom­mis­sion dazu ermäch­tigt wird, für be­stimmte Ka­te­go­rien von Pro­duk­ten de­le­gierte Rechts­akte zu er­las­sen, in de­nen dann erst die kon­kre­ten An­for­de­run­gen an die spe­zi­fi­schen Pro­dukt­grup­pen ge­re­gelt wer­den. Bei die­sen Rechts­ak­ten wird es sich in der Re­gel um Durchführungs­ver­ord­nun­gen han­deln, die in al­len Mit­glieds­staa­ten un­mit­tel­bare Gel­tung ent­fal­ten. So wur­den be­reits An­for­de­run­gen an Haus­halts­wasch­ma­schi­nen und Haus­halt­strock­ner oder an Ser­ver und Da­ten­spei­cher­pro­dukte er­las­sen. Im Au­gust 2022 wurde zu­dem ein Re­gu­lie­rungs­vor­schlag zu An­for­de­run­gen an die um­welt­ge­rechte Ge­stal­tung von Han­dys, schnur­lo­sen Te­le­fo­nen und Ta­blets veröff­ent­licht.

Datensicherheit und Datenschutz als wesentliche ESG-Elemente

Ist von ESG die Rede, denkt man zu­erst an die Kom­po­nente En­viron­men­tal. Häufig wird ver­ges­sen, dass Auf­sichts­behörden sich auch auf den Da­ten­schutz und die Da­ten­si­cher­heit, als zwei we­sent­li­che ESG-The­men, kon­zen­trie­ren. So wer­den der­zeit im Rah­men von ESG zahl­rei­che Kenn­zah­len ent­wi­ckelt, an­hand de­rer Un­ter­neh­men künf­tig be­ur­teilt wer­den sol­len. Bei­spiele für sol­che Kenn­zah­len sind u. a. die Wahr­schein­lich­keit von Si­cher­heits­vorfällen wie Da­ten­schutz­ver­let­zun­gen oder das von einem Un­ter­neh­men ver­ar­bei­tete Vo­lu­men der per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten. Der Da­ten­schutz ist aber nicht nur eine ge­setz­li­che Vor­gabe, die es ein­zu­hal­ten gilt. Er bie­tet auch die Chance für Un­ter­neh­men, Punkte im Rah­men von ESG zu sam­meln.

Im Rah­men der Da­ten­wirt­schaft ist für viele Un­ter­neh­men die ESG-Kom­po­nente Go­ver­nance der ein­fachste Aus­gangs­punkt. Auf­grund der zu­neh­men­den Be­deu­tung von Mit­ar­bei­ter- und Ver­brau­cher­da­ten für Un­ter­neh­men in sämt­li­chen Bran­chen ist das Auf­zei­gen der wirk­sa­men Go­ver­nance Auf­gabe der Ge­schäfts­lei­tung. Denk­bar ist, dass in nicht allzu fer­ner Zu­kunft for­melle Be­schei­ni­gun­gen von Da­ten­schutz­ma­nage­ment­sys­te­men oder die Einführung ver­bind­li­cher Un­ter­neh­mens­richt­li­nien zur Go­ver­nance-Kom­po­nente der ESG-Wer­tun­gen bei­tra­gen.

Je nach Bran­che und Ge­schäfts­mo­dell ei­nes Un­ter­neh­mens kann die Wer­tung auch mit Blick auf die ESG-Kom­po­nente So­cial ver­bes­sert wer­den. Hier spielt auch der Da­ten­schutz eine wich­tige Rolle. Bei der Im­ple­men­tie­rung da­ten­in­ten­si­ver Tech­no­lo­gien und künst­li­cher In­tel­li­genz benöti­gen Un­ter­neh­men Pro­gramme für Da­ten­schutz und Da­ten­ethik. Da­bei muss nicht nur die da­ten­schutz­recht­li­che Re­gu­la­to­rik gewähr­leis­tet wer­den. Die Mo­delle müssen und können auch po­si­tive so­ziale Er­geb­nisse er­zie­len, wie etwa den Ab­bau von Un­gleich­hei­ten zwi­schen Ge­schlech­tern so­wie eth­ni­schen und so­zioöko­no­mi­schen Grup­pen.

Unternehmen aller Größen betroffen

So­wohl die be­reits be­ste­hen­den Vor­ga­ben als auch die noch in den Startlöchern ste­hen­den Re­gel­werke ha­ben große Aus­wir­kun­gen auf Un­ter­neh­men, die di­gi­tale Pro­dukte be­zie­hen, ver­trei­ben oder mit der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten be­fasst sind. Nach­hal­tig­keits­fra­gen sind längst kein Thema von mor­gen mehr und be­tref­fen Un­ter­neh­men al­ler Größenord­nun­gen. Un­ter­neh­men soll­ten sich mit der sich fort­lau­fend ändern­den Rechts­lage ver­traut ma­chen und er­for­der­li­che Maßnah­men er­grei­fen. Die ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen an di­gi­tale Pro­dukte müssen ebenso um­ge­setzt wer­den, wie auch die Prüfung von Lie­fe­ran­ten und Dienst­leis­tern er­fol­gen muss. Zu­dem ist eine Da­ten­schutz-Com­pli­ance im Sinne des nach­hal­ti­gen und rechts­si­che­ren Um­gangs mit per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten un­umgäng­lich.

nach oben