Im Rahmen der Projektwoche „Zukunft in der Arbeit“ hat die Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut am 17.4.2018 zu der Konferenz zum Thema „Digitalisierung ‒ Auswirkungen auf den Berufsstand der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer“ eingeladen. Unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Thomas Zinser, Partner bei Ebner Stolz in München, fand die Veranstaltung an der Fakultät Betriebswirtschaft anlässlich der 40-Jahr-Feier der Hochschule Landshut statt und erzielte gerade wegen der dringlichen Aktualität des Themas reges Interesse. Als Referenten konnten dazu Experten auf dem Gebiet der digitalen Transformation für Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung aus Wissenschaft, Praxis und der Finanzverwaltung gewonnen werden. Die knapp 140 Besucher der Tagung profitierten von einer Fülle an Informationen. Acht abwechslungsreiche Vorträge beleuchteten das Potenzial, die Herausforderungen und auch mögliche Gefahren der Digitalisierung aus verschiedenen Blickwinkeln.
Bei der Begrüßung fand Prof. Dr. Zinser klare Worte zur notwendigen Marschrichtung für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer: Das Leistungsangebot und die Geschäftsmodelle würden sich rapide ändern, Digitalisierungsverweigerer hätten es immer schwerer. Der Berufsstand stehe vor einem disruptiven Veränderungsprozess. Er hatte dabei auch die Folgegenerationen im Blick: „Veränderte Anforderungsprofile künftiger Mitarbeiter haben auch Auswirkungen auf die Hochschule, die Ausbildungskonzepte müssen hinterfragt werden.“
Als Hausherr begrüßte Prof. Dr. Karl Stoffel, Präsident der Hochschule Landshut, die Gäste. „Internet und Digitalisierung verändern das Lernverhalten und die Anforderungen der Arbeitswelt“ so Prof. Dr. Stoffel. Deshalb sei die strategische Ausrichtung auf interdisziplinäres und lebenslanges Lernen extrem wichtig. Das Duale Studium Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Steuern in Kooperation mit der Staatlichen Berufsschule Landshut ermögliche es, das gelernte theoretische Wissen direkt im Berufsalltag anzuwenden. Wichtig für den Erfolg sei dabei die enge Zusammenarbeit mit dem Landesverband der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern e.V., betonte der Hochschulpräsident.
So ließ es sich Dr. Peter Küffner, Ehrenpräsident des LSWB, nicht nehmen, die Veranstaltung mit einem Grußwort zu eröffnen. Als Landshuter sei er der Hochschule, dem „Transferpartner“ für den Landesverband, sehr verbunden. Dr. Küffner vertrat in seiner Begrüßung die Ansicht, dass die Digitalisierung den Kanzleibetrieb von ehedem sprunghaft vorantreiben werde. Eine neue Orientierung sei erforderlich – bei Mandanten, bei Behörden und auch intern.
Der Vermittler zweier Welten: Tax Engineer
Erster Referent des Thementages: Stefan Groß, CISA-zertifizierter Steuerberater bei Peters Schönberger und Partner aus München. Der Kern seines Vortrags betraf den Begriff des „Tax Engineer“. Dieser arbeitet laut Groß an der Schnittstelle von IT und Steuerberatung, er vermittelt damit zwei Welten, spricht die Sprache der IT und transformiert steuerliche Regelungen. Mit seinem Fazit blickt Groß zuversichtlich nach vorne: „Der Steuerberater behält seinen Platz mehr denn je. Das Miteinander von Mensch und Maschine, dem ‚digitalen Kollegen‘, eröffnet mehr Zeit für kreative Tätigkeiten. Durch die sinnvolle Symbiose aus Mensch und Maschine wird die Attraktivität des Berufsfelds erhöht.“
Die Datev ist durch Softwareangebote eng mit dem Beruf des Steuerberaters verknüpft. Ziel der Genossenschaft ist es, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei ihrer Berufsausübung zu unterstützen und ihren wirtschaftlichen Erfolg zu fördern. Der Leiter Strategische Entwicklungen bei der Datev eG und Mitglied der Geschäftsführung Dr. Lars Meyer-Pries zeigte bei seinem Vortrag auf, wie branchenfremde Anbieter und Plattformen sich mit IT-Lösungen in den Markt der Steuerberaterbranche drängen. Das Geschäftsmodell des Steuerberaters muss sich deshalb ändern, um darauf zu reagieren. Die Erlöse aus Beratung und Begleitung gewinnen im Kontext der digitalen Potenziale an Bedeutung, so das Fazit von Meyer-Pries.
Digitalisierung in der Wirtschaftsprüfung
Auch die zweite Zielgruppe, die Wirtschaftsprüfer, wurden mit einem fundierten Vortrag bedacht: Dietmar Eglauer und Remo Rechkemmer von der Münchner PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft referierten zum Thema „Digitalisierung in der Wirtschaftsprüfung“. Die Einschätzung der beiden Fachmänner: Im letzten Jahrzehnt habe sich die Abschlussprüfung zwar weiterentwickelt, aber nicht grundsätzlich verändert. Manuelle Arbeit dominiere weiterhin die Kostenstruktur und Preissetzung bei Abschlussprüfungen. Ein erster Schritt in der Transformation der Wirtschaftsprüfung sind digitale Vollanalysen anstelle manueller Stichproben. Statt einem hohen manuellen Aufwand und begrenzter Prüfungssicherheit würden sich durch eine automatische Analyse aller verfügbaren strukturierten Daten eine höhere Abdeckung und Transparenz ergeben.
Holger Klindtworth von der Ebner Stolz Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte Partnerschaft mbB aus Hamburg teilte den Zuhörern seine Gedanken zur Digitalisierung mit. Auf unterhaltsame Art referierte Klindworth in einem größeren Kontext über Veränderungen für Menschen und Kultur durch die die Digitalisierung. „Nur wer in der IT frühzeitig Geschwindigkeit, Qualität und Ordnungsmäßigkeit unter Berücksichtigung von IT-Sicherheit miteinander in Einklang bringt, wird am Markt bestehen.“ Und genau hier könne ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ein wichtiger Helfer sein.
Digitalisierte Unternehmen sind erfolgreicher
„Es ist erwiesen, dass digitalisierte Unternehmen erfolgreicher sind.“ sagte ein Gastredner, über dessen Zusage sich Prof. Dr. Zinser besonders gefreut hat: Dr. Christoph Habammer, Vizepräsident vom Bayrischen Landesamt für Steuern. Sein Vortrag über die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens löste mehrere Wortmeldungen aus. Naturgemäß stieß die Sicht der Finanzverwaltung nicht nur auf Zustimmung beim fachkundigen Publikum. Die neue Belegvorhaltepflicht impliziert Aufbewahrungspflicht und damit Belegarchivierung ‒ Aufgaben, deren Zuständigkeit noch zu klären ist.
Die beiden Steuerberater Prof. Dr. Markus Diller und Dr. Thomas Späth von der Universität Passau untersuchten die Frage, ob die digitale Steuerkanzlei bereits Realität oder noch Zukunftsmusik ist und stellten ihre Studie zur „digitalen Reife“ vor. Thomas Elsasser vom Team Wirtschaftsschutz, Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz referierte über Wirtschaftsspionage in Zeiten der Digitalisierung. Er machte deutlich, dass vielen Unternehmen noch nicht bewusst sei, welche Einfallstore ihre IT bietet.
Die letzte Rednerin der Fachtagung war Steuerberaterin Sabine Dietloff, Vizepräsidentin des LSWB. Ihre Fragestellung war gemäß ihrem Schwerpunkt Digitalisierung und Personal: Wie kann man vor dem Hintergrund der Digitalisierung einen Change-Prozess starten, der die Kanzlei und die Mitarbeiter ertüchtigt, diesen Wandel nicht nur passiv zu begleiten, sondern aktiv zu gestalten? Dazu entwarf Sabine Dietloff einen detaillierten Stufenplan, der die internen Prozesse beschreibt, die diesen Prozess gelingen lassen.