Sven Gerzer, Vizepräsident der Kammer, ist dort Hauptansprechpartner für deutsche und europäische Unternehmen. Sein Hauptfokus: Die Unterstützung deutscher Unternehmen beim Aufbau ihres US-Standorts. Wir fragen Herrn Gerzer, wie sich die Rahmenbedingungen und das Klima seit der Präsidentschaftswahl im November 2016 vor Ort in Charlotte verändert haben.
Herr Gerzer, die Charlotte Chamber of Commerce hilft deutschen Unternehmen bei der Ansiedlung in den USA, konkret in der Metropolregion Charlotte. Wie können Sie unterstützen?
Wir helfen bei allen Aspekten der Ansiedelung und Wachstum in Charlotte. Im ersten Schritt stellen wir alle Daten zum Standort Charlotte zur Verfügung: Von Daten und Statistiken zu Steuern, Kosten, Mitarbeiterqualifikationen und Lohnkosten über Informationen zu Gewerbeflächen bis hin zu Verzeichnissen verschiedener Industrien haben wir alle Informationen, die für eine Standortanalyse benötigt werden. Im zweiten Schritt organisieren wir einen Besuch vor Ort mit Terminen bei Dienstleistern, anderen ansässigen deutschen Firmen, Gewerbeflächen und individuellen Wohnmöglichkeiten. Der dritte Schritt umfasst dann einen Service zur Ansiedelung und Unterstützung zum Wachstum mit Einbindung in vorhandene Netzwerke. Vertraulich und kostenlos.
Welches sind die typischen Themen, die auf deutsche Investoren in den USA zukommen?
Die ersten Fragen sind in der Regel, wie man in den USA investiert und wie hoch sich die Kosten belaufen. Als zweite Priorität kommen dann Themen wie Produkthaftung, Visafragen, Steuern, Logistik und Mitarbeiterentsendung. Da es aber in Charlotte, sowie in den restlichen USA, ein sehr gutes Supportnetwork gibt, sind diese Themen relativ schnell abgearbeitet und Investoren können sich ihrer Hauptaufgabe, der Kundenakquirierung, widmen.
„America first“, Wirtschaftsprotektionismus, Grenzkontrollen und Steuerreform - um nur ein paar der aktuellen politischen Themen in den USA zu nennen. Wie wirken sich diese aus Ihrer Sicht auf das Investitionsklima in Charlotte aus? Ist seither die Anzahl der Neuansiedlungen zurückgegangen oder eher angestiegen?
Soweit hat sich die neue US Regierung noch nicht auf die deutsche Gemeinschaft sowie Neuansiedelungen ausgewirkt. Viele der Themen, die US-Präsident Trump angesprochen hat, sind entweder durch die Gerichte oder den US-Kongress gestoppt worden - oder Präsident Trump hat zwischenzeitlich seine Meinung geändert. Beispiele hierzu sind: die Gesundheitsreform – gestoppt vom Kongreß und Neuverhandlungen; das Visumsverbot für sieben muslimische Länder – von den Gerichten gestoppt; die Mauer an der Grenze zu Mexico – vom Kongress kein Budget erhalten; die Auflösung von NAFTA – auf Neuverhandlung von Präsident Trump abgemildert; die Auflösung von NATO – 180-Grad-Wende von Präsident Trump. Hierzu gibt es noch viele Beispiele. Bisher ist aber alles nur Rhetorik und hat keine großen Auswirkungen auf deutsche Firmen in den USA. Eine Steuerreform wird kommen, allerdings wird diese wohl nicht so groß ausfallen, wie von den Medien berichtet. Diese ist allerdings positiv für deutsches Investment in den USA, da die Steuerlast sinken wird.
In welchen Bereichen stehen ausländische und insb. deutsche Unternehmen vor größeren Herausforderungen als bisher?
Die größte Herausforderung wird die größere Unvorhersehbarkeit sein. Wie wird sich die Politik in der Zukunft auf Unternehmen auswirken und was wird noch alles kommen, sind die großen Fragen, die momentan niemand beantworten kann.
Wie können sich Unternehmen hierauf einstellen?
Planung und seine Hausaufgaben erledigen sind hier das A und O. Wenn man gut vorbereitet ist, alle nötigen Informationen gesammelt hat und ein gutes Team aus Dienstleistern zusammengestellt hat, sollte man eigentlich bereit sein, die zusätzlichen Herausforderungen zu meistern.
Angesichts dieser eher unruhigen Zeiten, was raten Sie deutschen Unternehmen? Jetzt investieren oder eher abwarten?
Der amerikanische Markt war, ist und wird auch künftig ein sehr großer Markt für deutsche Unternehmen bleiben. Das amerikanische System der Gewaltenteilung funktioniert und Medienberichten sollte nicht zu viel Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es ist zwar wichtig, informiert zu bleiben, aber der Medienhype sollte keine Auswirkungen auf geschäftliche Interessen haben. Wer in den USA investiert, investiert dort, weil der Markt, bzw. der potentielle Markt dort vorhanden ist und nicht aus politischen Gründen. Ich würde mich jedenfalls nicht von einzelnen Politikern abschrecken lassen, sondern nach dem Leitsatz handeln: Business is Business und die existierenden Hilfen von Dienstleistern und Wirtschaftsförderungsgesellschaften annehmen.