Im Streitfall hatte ein Ehepaar seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland, wobei ein Ehepartner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in der Schweiz erzielte, für die er einen Zweitwohnsitz in Frankreich unterhielt. Den Arbeitslohn versteuerte der Kläger in Frankreich und behandelte ihn in seiner deutschen Einkommensteuererklärung aufgrund des DBA Schweiz 1971/2010 als steuerfrei.
Der BFH bestätigte mit Urteil vom 01.06.2022 (Az. I R 30/18, DStR 2022, S. 2090), dass der Arbeitslohn laut DBA Schweiz 1971/2010 in Deutschland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei sei. Zwar stehe bei isolierter Betrachtung der jeweiligen DBA das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn nach dem DBA zwischen Deutschland und der Schweiz dem Quellenstaat Schweiz, nach dem zwischen derSchweiz und Frankreich vereinbarten DBA Frankreich (Grenzpendlerregelung) und nach dem zwischen Frankreich und Deutschland bestehenden DBA Deutschland zu. Allerdings könne diese Zuweisung des Besteuerungsrechts an Deutschland die Steuerfreistellung für den Arbeitslohn des Klägers nach dem DBA zwischen Deutschland und der Schweiz nicht aufgehoben werden. DBA-Normen beträfen stets nur die jeweiligen Vertragsstaaten und hätten keine auf andere Staaten reichende „abkommensübergreifende“ Wirkung.
Auch die unilateralen Rückfallklauseln in Deutschland (§ 50d Abs. 8 und Abs. 9 Satz 1 EStG) seien nicht einschlägig. Eine Steuerbefreiung aufgrund des DBA zwischen derSchweiz und Frankreich reicht laut BFH nicht aus, um einen solchen Besteuerungsrückfall zu begründen.
Hinweis: Der BFH betont, dass abkommensrechtliche Dreieckskonstellationen nur durch besondere abkommensrechtliche oder unilaterale Regelungen und (entgegen der Auffassung des BMF) nicht durch Rück- und Weiterverweisungen im Internationalen Privatrecht gelöst werden könnten.