Jede natürliche Person hat das Recht, Auskunft darüber zu verlangen, ob ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden. Auskunftspflichtig sind z. B. Unternehmen, die als „Verantwortlicher“ Daten verarbeiten. In einer bereits bislang ergangenen Reihe gerichtlicher Verfahren hat zuletzt das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass auch über den Inhalt von Gesprächs- und Telefonnotizen Auskunft zu erteilen ist (Urteil vom 26.07.19, Az. 20 U 75/18). Für die Praxis lassen sich daraus folgende Schlüsse ziehen:
Anträge auf Auskunft erkennen
Anträge auf Auskunft können formlos gestellt werden und damit in anderen Schreiben „versteckt“ sein. Beschäftigte des auskunftspflichtigen Unternehmens müssen sensibilisiert werden, damit sie solche Anträge erkennen und an den zuständigen Mitarbeiter weiterleiten. Denn: Anträge sind unverzüglich, spätestens aber nach einem Monat zu beantworten. Ansonsten drohen Bußgelder.
Antragsteller identifizieren
Trotz Zeitdruck gilt: Keine Auskunft ohne Identitätsprüfung. Zu groß ist die Gefahr, dass ein Unbefugter durch Vorspielen einer falschen Identität Daten einer anderen Person erhält. Dies ist dann ein Datenschutzvorfall, der zur Meldung bei der Datenschutzbehörde verpflichtet und leicht zu negativer Presse führen kann. So ist es etwa laut einer Meldung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 14.8.2019 einem Studenten gelungen, durch Auskunftsanträge an zahlreiche Daten seiner in dieses Vorgehen eingeweihten Freundin zu gelangen. Vorsicht ist insbesondere geboten, falls Personen über eine andere, nicht beim Unternehmen hinterlegte E-Mail-Adresse Anträge stellen.
Wie aber sind Antragsteller zu identifizieren? Anträge, die über ein passwortgeschütztes Nutzerkonto eingereicht werden können, das Post- oder Video-Ident-Verfahren eignen sich gut zur Identitätsprüfung. Oft wird aber schon ein Abgleich der beim Unternehmen hinterlegten Stammdaten ausreichen.
Nicht verlangt werden darf, dass der Antragsteller sich persönlich in den Geschäftsräumen des Unternehmens ausweist. Eine von einigen Datenschutzbehörden empfohlene Möglichkeit zur Identifizierung sind Ausweiskopien, die nach Schwärzung aller Daten bis auf Name, Anschrift, Geburtsdatum und Gültigkeitsdauer per Post versandt werden. Nach Überprüfung der Identität sind sie zu vernichten. Die Datenschutzbeauftragten in Berlin und in NRW betonen dagegen, dass Ausweiskopien nur ausnahmsweise angefordert werden dürfen (Prinzip der „Datenminimierung“).
Verweigert der Antragssteller eine Mitwirkung bei der Identifizierung, kann der Auskunftsantrag abgelehnt werden.
Auskunft erteilen und dokumentieren
Selbst wenn ein Unternehmen bis zum Eingang des Antrags keine Daten des Antragstellers verarbeitet hat, muss der Antrag in einer bestimmten Form beantwortet werden. Verarbeitet das Unternehmen Daten dieser Person, müssen ihr u.a. die Zwecke der Datenverarbeitung und die abstrakte Art der Daten mitgeteilt werden.
Beispiel: „Wir verarbeiten Ihre Daten, um die Ware auszuliefern und Ihnen eine Rechnung zu stellen. Es handelt sich um folgende Datenkategorien: Anrede, Vor- und Nachname, Adresse.“
Die Auskunftspflicht beschränkt sich nicht nur auf Stammdaten. Vielmehr sind alle Datenarten anzugeben, die irgendeinen Personenbezug haben. Außerdem sind noch weitere Informationen anzugeben, wie man sie aus „Datenschutzerklärungen“ kennt. Zur Vermeidung von „Doppelarbeit“ sollten Musterschreiben erstellt werden.
Auskünfte dürfen nicht in Form einer unverschlüsselten E-Mail erteilt werden. Zu groß ist das Risiko, dass sie von Kriminellen abgefangen wird. Besser ist eine Bereitstellung in einem passwortgeschützten Kundenportal.
Die Auskunftserteilung ist zu dokumentieren und für maximal drei Jahre zu speichern.
Datenkopie
Zusätzlich verlangt die DSGVO, dass dem Antragsteller eine Kopie der Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, übermittelt wird. Muss dem Antragsteller nun jedes Dokument, in dem sein Name auftaucht, in Kopie übersandt werden?
Wahrscheinlich nicht. Dies ist auch die Auffassung des Landgerichts Köln und der Datenschutzbeauftragten aus Hessen und Bayern. Es besteht keine Pflicht zur Übermittlung des bisherigen Schriftverkehrs mit dieser Person. Ausreichend ist hiernach, dass eine Liste mit den konkret verarbeiteten Daten übermittelt wird (LG Köln, Urteil vom 18.03.19, Az. 26 O 25/18).
Beispiel: Max Müller, Musterstraße 1, Geburtsdatum: 01.01.2000
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg verlangt dagegen möglicherweise, dass Kopien von Dokumenten übermittelt werden müssen, in denen die Daten enthalten sind (Urteil vom 20.12.18, Az. 17 Sa 11/18, nicht rechtskräftig). Sicher ist eine solche Interpretation des Urteils aber nicht. Es besteht also weiterhin Rechtsunsicherheit.
In der Praxis stellen sich schwierige Folgefragen: Wie kann sichergestellt werden, dass alle Dokumente mit einem Bezug zum Antragsteller aufgefunden werden? Wie können Daten anderer Personen oder Geschäftsgeheimnisse „geschwärzt“ werden? Eine pragmatische Lösung ist folgendes abgestuftes Vorgehen:
- Verlangt der Antragsteller zunächst nur Auskunft, kann auf Übermittlung einer „Datenkopie“ verzichtet werden. Denn das Recht auf „Datenkopie“ ist nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten aus Niedersachsen ein gesondert geltend zu machendes Recht neben dem Auskunftsrecht. Der Datenschutzbeauftragte aus Hessen sieht dies anders – Unternehmen aus Hessen sollten daher gleich eine Liste der konkreten Daten übermitteln.
- Sobald der Antragsteller eine „Datenkopie“ verlangt, kann zunächst nur eine Liste der konkret zu dieser Person gespeicherten Daten versandt werden.
- Wenn sich der Antragsteller damit nicht zufrieden gibt, können zur Sicherheit immer noch „Datenkopien“ der Dokumente übermittelt werden, in denen sich die Daten befinden. Allerdings sollte mit dem Antragsteller abgesprochen werden, auf welchen Bereich sich sein Auskunftsersuchen bezieht. So kann der Umfang eines Versands von „Datenkopien“ in Grenzen gehalten werden.
Hinweis: Das Auskunftsrecht hat nicht zuletzt wegen seiner Missbrauchsanfälligkeit erhebliche Praxisrelevanz. Unternehmen sollten sich daher schon vor Eingang des ersten Auskunftsantrags Gedanken machen, wie sie mit solchen Anfragen umgehen. Dabei sollten die Handlungsempfehlungen der für das Unternehmen zuständigen Datenschutzbehörden berücksichtigt werden. Ergebnis dieser Überlegungen ist ein „interner Prozess“, der zu Dokumentationszwecken schriftlich festgelegt werden sollte.