Auf diese Fragen geht Laurent Meister ein, der sich als Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht täglich mit datenschutzrechtlichen Themen seiner Mandanten beschäftigt.
Herr Meister, die Datenschutz-Grundverordnung beschäftigt europaweit die Unternehmen. Können sich Unternehmen in UK ab 1.2.2020 entspannt zurücklehnen bzw. müssen deren Kunden in Europa sich dann Sorgen um die Nutzung ihrer personenbezogenen Daten machen?
Zum 1.2.2020 ändert sich grundsätzlich noch nichts. Denn laut dem Austrittsabkommen unterliegen personenbezogene Daten, die vor dem Ablauf des im Austrittsabkommen vorgesehenen Übergangszeitraums verarbeitet wurden, demselben Schutz wie bislang. Auch wenn das Vereinigte Königreich ab 1.2.2020 formal nicht mehr zur EU gehört, bleibt dort die DSGVO weiterhin bindend. Damit stellt sich frühestens ab 1.1.2021 die Frage des Datenschutzes.
Bedeutet das dann, ab 2021 ist Vorsicht angezeigt in Geschäftsbeziehungen mit UK-Unternehmen, da dort personenbezogene Daten nicht mehr ausreichend geschützt werden?
Das Vereinigte Königreich scheidet zwar aus der EU aus, so dass nach Ablauf der Übergangsfrist laut Austrittsabkommen EU-Recht grundsätzlich nicht mehr anwendbar ist. Jedoch ist UK natürlich weiterhin ein hochentwickelter Wirtschaftsstandort mit durchaus mit der EU vergleichbaren Rechtsstandards. Die DSGVO sieht jedoch den Grundsatz vor, dass alle Nicht-EU Länder kein angemessenes Datenschutzniveau haben. Dass ein der EU gleichwertiges Datenschutzniveau vorliegt, muss formal von der EU festgestellt werden (so etwa für die Schweiz). Ob und wann dies für das Vereinigte Königreich der Fall sein wird, ist derzeit unklar.
Um trotzdem Daten in das Vereinigte Königreich zu übermitteln und dort verarbeiten zu lassen, müssen dann individualvertraglich mit den britischen Geschäftspartnern datenschutzrechtliche Vereinbarungen getroffen werden. Letztlich bietet es sich an, die verbleibende Zeit in 2020 dazu zu nutzen, etwaigen Schutzbedarf in der Zukunft zu prüfen und sich entsprechend vorzubereiten.
Und entsprechendes dürfte dann wohl künftig auch gelten, wenn z. B. die britische Tochtergesellschaft als Vertriebs- oder Einkaufsgesellschaft im EU-Raum fungiert und dementsprechend personenbezogene Daten verarbeitet?
Auch hier ist zunächst zu klären, wie der Datenschutz in UK konkret ab 2021 aussieht und ob entsprechend Handlungsbedarf besteht. Richtet sich das Angebot einer Vertriebsgesellschaft in UK an Kunden innerhalb der EU, so muss die Vertriebsgesellschaft neben den britischen Datenschutzgesetzen auch künftig die DSGVO beachten. Rein wirtschaftlich betrachtet dürfte aber insgesamt künftig die Zentralisierung von Vertrieb oder Einkauf eines Konzerns bei einer UK-Tochtergesellschaft an Attraktivität verlieren. Denn schließlich würde man sich dann nicht mehr im EU-Raum mit all seinen Freiheitsrechten bewegen, sondern wäre auf die in einem noch zu verhandelnden Freihandelsabkommen geregelten Vorgaben verwiesen.
Was Unternehmen in Deutschland oder anderen EU-Staaten zudem ab 2021 beachten sollten: nutzen sie einen Cloudanbieter im Vereinigten Königreich, stellt sich in gleicher Weise wie bei einer UK-Tochtergesellschaft die Frage des dann noch bestehenden ausreichenden Datenschutzes.
Es gilt also insgesamt: 2020 sollte genutzt werden, um etwaige datenschutzrechtliche Lücken in der Zukunft zu erkennen und möglichst zu vermeiden.