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Steuerberatung

Durchschnittsbesteuerung bei KG ohne Mitunternehmerschaft

Niedersächsisches FG 16.6.2017, 11 K 98/17

Eine Kom­man­dit­ge­sell­schaft kann auf ihre Umsätze nicht die Durch­schnitts­satz­be­steue­rung nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG i.V.m. § 51 a BewG an­wen­den, wenn ihre Kom­man­di­tis­ten keine aus­rei­chende Mit­un­ter­neh­mer­in­itia­tive ent­fal­ten können.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine 2008 er­rich­tete KG. Ihr Ge­gen­stand ist die Pro­duk­tion und Auf­zucht von Fer­keln im Rah­men ei­ner Ge­sell­schaft, die nach § 51 a BewG land­wirt­schaft­li­che Einkünfte er­zielt. Kom­ple­mentär mit ei­ner Ein­lage von 9.800 € ist M, die bei­den Kom­man­di­tis­ten N und S hal­ten eine Haft­ein­lage von je­weils 100 €. Die Kläge­rin sollte laut Ver­trag eine Fer­kelauf­zucht in einem von M an­zu­pach­ten­den Stall­gebäude be­trei­ben. Die Ge­sell­schaf­ter über­ließen ihr darüber hin­aus 200 freie Vie­he­in­hei­ten (M), 609 Vie­he­in­hei­ten (N) und 423 Vie­he­in­hei­ten (S). Als Ent­gelt hierfür ist ein jähr­li­ches Ent­gelt von 3 € pro Vie­he­in­heit vor­ge­se­hen, wo­bei der Vor­ab­ge­winn mit von der Kläge­rin ge­lie­fer­ter Gülle ver­rech­net wer­den sollte.

M erhält als Vor­ab­ge­winn ne­ben der Er­stat­tung sämt­li­cher Aus­ga­ben für die Ge­schäftsführung und Ver­tre­tung der Ge­sell­schaft einen Ge­winn­vor­weg von 60 % zur Ab­de­ckung sei­nes Haf­tungs­ri­si­kos. Der ver­blei­bende Ge­winn wird im Verhält­nis der Ein­la­gen ver­teilt. Schei­det ein Ge­sell­schaf­ter aus wel­chen Gründen auch im­mer aus, hat er einen Ab­fin­dungs­an­spruch in Höhe des Buch­werts sei­ner Be­tei­li­gung. So­fern der Ver­kehrs­wert ei­nes Ge­sell­schafts­an­teils den Buch­wert um mehr als 30 % über­steigt, kann der Ge­sell­schaf­ter die­sen nach­wei­sen und da­nach ab­rech­nen, wo­bei eine Dif­fe­renz von 30 % un­berück­sich­tigt bleibt.

Strei­tig ist zwi­schen den Be­tei­lig­ten, ob die Kläge­rin für das Streit­jahr 2010 be­rech­tigt war, die Durch­schnitts­satz­be­steue­rung nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG zur Be­steue­rung ih­rer Umsätze in An­spruch zu neh­men. Das Fi­nanz­amt ver­tritt die An­sicht, dass den bei­den Kom­man­di­tis­ten kei­ner­lei Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz nach den Re­ge­lun­gen im Ge­sell­schafts­ver­trag zustünde und sie des­halb nicht als Mit­un­ter­neh­mer an­zu­se­hen seien. Da die Kom­man­di­tis­ten nicht als Mit­un­ter­neh­mer an­zu­se­hen seien, seien die Vor­aus­set­zun­gen des § 51 a BewG nicht vollständig erfüllt, mit­hin auch eine Ver­steue­rung der Umsätze nach Durch­schnittsätzen nicht möglich.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin ist beim BFH anhängig und wird dort un­ter dem Az. XI R 24/17 geführt.

Die Gründe:
Die Kläge­rin kann im Streit­jahr von der Durch­schnitts­satz­be­steue­rung nach § 24 Abs. 1 und 2 S. 1 Nr. 2 UStG kei­nen Ge­brauch ma­chen, weil sie nicht die Vor­aus­set­zun­gen des § 51 a BewG erfüllt.

Der Be­griff der Ge­sell­schaft i.S.d. § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG und da­mit auch in § 51 a BewG ist nicht zi­vil­recht­lich, son­dern we­gen der Ver­wei­sung in das Er­trags­steu­er­recht er­trags­steu­er­recht­lich zu ver­ste­hen. Ent­schei­dend ist nicht das Vor­lie­gen ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft im zi­vil­recht­li­chen Sinne, son­dern ei­ner Mit­un­ter­neh­mer­schaft im er­trags­steu­er­recht­li­chen Sinn. Für eine ein­en­gende Aus­le­gung und An­pas­sung der Norm an die "Le­bens­wirk­lich­keit" be­steht an die­ser Stelle trotz des Cha­rak­ters des § 51 a BewG als Sub­ven­ti­ons­norm für Land­wirte kei­nen Raum.

Mit­un­ter­neh­mer i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist nicht je­der Ge­sell­schaf­ter ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft. Mit­un­ter­neh­mer ist er viel­mehr nur dann, wenn er auf­grund sei­ner ge­sell­schafts­recht­li­chen oder ei­ner wirt­schaft­lich ver­gleich­ba­ren Stel­lung Mit­un­ter­neh­mer­in­itia­tive ausüben kann und ein Mit­un­ter­neh­mer­ri­siko trägt. Mit­un­ter­neh­mer­ri­siko be­deu­tet ge­sell­schafts­recht­li­che Teil­nahme am Er­folg oder Miss­er­folg ei­nes Un­ter­neh­mens. Im Re­gel­fall wird die­ses Ri­siko durch die Be­tei­li­gung am Ge­winn und Ver­lust so­wie an den stil­len Re­ser­ven des An­la­ge­vermögens, ein­schließlich ei­nes Ge­schäfts­werts ver­mit­telt. Mit­un­ter­neh­mer­in­itia­tive be­deu­tet vor al­lem Teil­nahme an un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dun­gen.

Die Merk­male der Mit­un­ter­neh­mer­in­itia­tive und des Mit­un­ter­neh­mer­ri­si­kos können im Ein­zel­fall mehr oder we­ni­ger aus­geprägt sein; ein ge­rin­ge­res In­itia­tiv­recht kann etwa durch ein be­son­ders stark aus­geprägtes Mit­un­ter­neh­mer­ri­siko aus­ge­gli­chen wer­den. Al­ler­dings müssen beide Merk­male vor­lie­gen. Vor­lie­gend sind zwar trotz Be­den­ken aus­rei­chende An­halts­punkte für ein noch hin­rei­chen­des Mit­un­ter­neh­mer­ri­siko der bei­den Kom­man­di­tis­ten zu er­ken­nen. Al­ler­dings können die bei­den Kom­man­di­tis­ten keine aus­rei­chende Mit­un­ter­neh­mer­in­itia­tive ent­fal­ten. Die Kom­man­di­tis­ten ha­ben zwar in der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung ein Stimm­recht; so­lange der Kom­ple­mentär aber Ge­sell­schaf­ter ist, läuft die­ses ins Leere. In kei­nem Fall kann der Kom­ple­mentär an ei­ner seine In­ter­es­sen wah­ren­den Be­schluss­fas­sung ge­hin­dert wer­den. Statt der Ein­stim­mig­keit reicht nämlich für alle Be­schlüsse grundsätz­lich die ein­fa­che Mehr­heit aus, teil­weise eine von 75 %, die M mit einem Stimm­an­teil von 98 % im­mer er­reicht.

Das Wi­der­spruchs­recht der bei­den Kom­man­di­tis­ten nach § 164 HGB war durch den Ge­sell­schafts­ver­trag zwar nicht ausdrück­lich aus­ge­schlos­sen, je­doch ent­schei­det über einen der­ar­ti­gen Wi­der­spruch auf An­trag des Kom­ple­mentärs die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung mit dem Über­ge­wicht des Kom­ple­mentärs von 98 %. Fak­ti­sch bleibt da­her auch ein Wi­der­spruch ei­nes Kom­man­di­tis­ten fol­gen­los. In Ver­bin­dung mit der Ein­schränkung des Stimm­rechts ist der fak­ti­sche Aus­schluss des Wi­der­spruchs­rechts eine steu­er­lich ent­schei­dende Be­schränkung der Rechte der bei­den Kom­man­di­tis­ten, die zur Ver­sa­gung ih­rer Mit­un­ter­neh­mer­stel­lung führt.

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