Die Zahl von Strafverfahren gegen Unternehmensverantwortliche und Mitarbeiter auf Leitungsebene steigt. Eine wesentliche Ermittlungsmaßnahme in solchen Verfahren sind Durchsuchungen zum Auffinden etwaiger Beweismittel. Leider sind viele Unternehmen auf diesen Ernstfall nicht oder zumindest völlig unzureichend vorbereitet. Falls es einen Durchsuchungsleitfaden gibt, ist dieser teilweise veraltet und gibt nicht die aktuelle Rechtslage wieder. Die Folgen sind im Ernstfall chaotische Zustände sowie Mitarbeiter und Verantwortliche, die mit der Ausnahmesituation überfordert sind. In einer Vielzahl von Fällen hat in diesen Situationen ein Fehlverhalten bereits in einem frühen Stadium zu einer Eskalation von Verfahren geführt.
Häufiger Beweggrund für Unternehmen, sich auf diesen Sonderfall nicht vorzubereiten, ist die leider irrige Annahme, man werde von einer solchen Durchsuchung niemals betroffen sein.
Ein Blick auf die Gesetzeslage sowie die aktuellen Tendenzen im Zusammenhang mit der Verfolgung von unternehmensbezogenen Straftaten machen jedoch deutlich, dass die Hürde für einen „Besuch“ der Ermittlungsbeamten nicht allzu hoch ist.
Bereits ein „schwarzes Schaf“ in der Lieferkette kann für die Behörden Anlass sein, auch bei den Vertragspartnern auf der Grundlage des § 103 StPO Durchsuchungsmaßnahmen vorzunehmen.
Aber auch das eigene Unternehmen bzw. die dortigen Verantwortlichen können schnell in den Fokus der Ermittler geraten. So genügt für den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses als zentrale Voraussetzung das Vorliegen eines sog. Anfangsverdachtes, der im Wesentlichen bereits zu bejahen ist, wenn die Möglichkeit einer Straftat gegeben ist. Beobachtet man insbesondere die vermehrte Tendenz der Finanzbehörden, bei Fehlern in den Steuererklärungen nahezu reflexartig Anhaltspunkte für einen Vorsatz der Verantwortlichen anzunehmen, sind Durchsuchungsmaßnahmen auch für sehr gut geführte Unternehmen keinesfalls ein abwegiges Szenario.
Mit Blick auf den Umstand, dass Durchsuchungen in der Regel mit der Vernehmung von Zeugen sowie etwaigen Beschuldigten einhergehen, erscheint es durchaus geboten, sich als Unternehmen auf diesen Krisenfall vorzubereiten und auch die Mitarbeiter über ihre grundsätzlichen Rechte sowie Pflichten in einem solchen Fall zu informieren.
Verfahrensrechte wie beispielsweise die Möglichkeit eines Zeugen, sich eines Rechtsbeistandes bedienen und daher vor einer Befragung Rücksprache mit einem Rechtsanwalt halten zu können (vgl. § 68b StPO), sind den wenigsten Unternehmen bekannt. Auch der genaue Umfang von Mitwirkungspflichten und die Beantwortung der Frage, in welchem Maße man bei einer Durchsuchung sensible Unternehmensdaten herausgeben darf oder gar muss, bereiten im Durchsuchungsfall größere Schwierigkeiten.
Daher sollten Unternehmen sich auf den keinesfalls unrealistischen Krisenfall vorbereiten und ihre Richtlinien um einen Durchsuchungsleitfaden erweitern, in dem die grundlegenden rechtlichen Rahmenbedingungen festgehalten werden. Darüber hinaus ist es sinnvoll, die Mitarbeiter im Wege gezielter Schulungen auf diese ungewohnte Situation vorzubereiten.