Prof. Jenzen, vor genau zwei Jahren wurde der erste Lockdown angeordnet und die Arbeit wurde von jetzt auf gleich vom Büro ins Homeoffice verlagert. Wie ist Ebner Stolz mit dieser Herausforderung klargekommen?
Die Pandemie und der erste Lockdown haben uns alle sicherlich zunächst einmal auf dem falschen Fuß erwischt. Dank der guten technischen Ausrüstung und Unterstützung unserer IT-Abteilung war aber innerhalb kürzester Zeit ein Arbeiten remote durch alle Mitarbeitenden möglich. Abstimmungen haben sich über den gesamten Zeitraum der Pandemie hinweg vom iPhone über Skype und Webex auf Microsoft Teams verlagert. Zwischenzeitlich bekomme ich von den Kollegen kaum noch einen Anruf - wir tauschen uns direkt über Teams aus.
Man kann ja Corona wirklich fast nur schlechtes abgewinnen - aber gerade auch bei standortübergreifenden Abstimmungen hat die Pandemie auch ihr Gutes gehabt - über die Videokonferenzen konnten wir lange Reisen vermeiden und sind dennoch über die zwei Jahre hinweg viel enger zusammengewachsen.
Plötzlich waren Sie rein physisch nicht mehr - Ihrer Unternehmensphilosophie entsprechend - „näher dran“ an Ihren Mandanten. Wie haben Sie es dennoch geschafft, Mandatsbeziehungen adäquat aufrechtzuerhalten und zu pflegen?
Selbstverständlich konnten wir rein physisch nicht mehr so eng mit unseren Mandanten verbunden sein - aber auch hier gilt das Gleiche wie bei den internen Abstimmungen: via Skype, Webex und Teams konnten wir dennoch den Kontakt aufrecht erhalten - und zwar sowohl in bilateralen Mandantengesprächen als auch in Veranstaltungen. Unsere Webinare genießen einen enormen Zulauf - in Pandemie-Höchstzeiten hatten wir teilweise mehr als 1.000 Webinar-Teilnehmer.
Die drastischen Lockdown-Maßnahmen 2020 und 2021 haben einige Branchen hart getroffen. Welche Herausforderungen kamen dadurch auf Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen als Berater zu und wie sind Sie damit umgegangen?
Was uns bei Ebner Stolz ausmacht, ist, dass wir uns sehr stark mit unseren Mandanten identifizieren. Insofern waren wir auch erst einmal betroffen von der sehr fremden Situation und mussten reagieren. Was sagt man einem Unternehmer, dessen Betrieb wegen behördlichen Quarantäneanordnungen schließen muss? Der nicht weiß, wie er finanziell über die Runden kommt? Daneben war es eine unglaubliche Herausforderung, die Flut an Informationen zu überblicken. Hier haben wir in vielen Bereichen juristisches Neuland betreten - die ganzen Maßnahmen waren ja gänzlich unbekannt. Auch war es eine große Herausforderung, mit den zahlreichen gesetzgeberische Maßnahmen Schritt zu halten, etwa den staatlichen Hilfsprogrammen - diese mussten wir auch erst einmal überblicken.
Wo wurde Ihre Unterstützung am dringendsten benötigt? Und hat sich das Aufgabenspektrum bei Ebner Stolz gar pandemiebedingt verändert?
Wir haben uns schnell auf die veränderte Situation eingestellt. Insb. Beratung im Finanzbereich war stark nachgefragt. Dazu haben wir eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich dezidiert mit den Überbrückungshilfen auseinandergesetzt hat. Auch unsere Arbeitsrechtler waren stark gefordert, um bei der Beantragung von Kurzarbeit zu unterstützen. Die eine oder andere Insolvenz hat die Pandemie auch hervorgebracht. Der Transaktionsbereich lag in den ersten drei Monaten der Pandemie relativ brach - danach ging es aber wieder richtig los. Unsere Transaktionsexperten haben seither so viel zu tun wie nie zuvor.
Ebner Stolz deckt sowohl die Bereiche Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung als auch Rechtsberatung und Unternehmensberatung ab und setzt auf eine ganzheitliche Beratung. Hat sich dieser Ansatz gerade in diesen turbulenten Zeiten bewährt?
Ich denke schon, dass sich dieser schlanke Ansatz bewährt hat. Wenn Sie alles intern über eine Gesellschaft abwickeln, haben Sie viel schneller und unkomplizierter alle Protagonisten an einem Tisch. Dokumente und Informationen können leichter ausgetauscht und bearbeitet werden.
Es macht derzeit den Anschein, dass wir die Corona-Pandemie auf Sichtweite überstanden haben könnten. Bereits seit 2020 wird allerdings befürchtet, dass eine massive Insolvenzwelle auf uns zurollt - mit derzeit noch offenen Ausgang. Was ist Ihre Einschätzung – konnten Ihre Mandanten bislang die Herausforderungen meistern und sind sie auch für die Zukunft wirtschaftlich gut aufgestellt?
Die Corona-Pandemie hat die Schwachstellen vieler Branchen und Unternehmen offengelegt und die Transformation ganzer Geschäftsmodelle beschleunigt. Die große Herausforderung für unsere Mandanten bestand auf der einen Seite in der Finanzierung und Sicherung des bestehenden Geschäftsbetriebs und auf der anderen Seite in der aktiven Gestaltung des digitalen Wandels. Unsere Mandanten haben sich hier als sehr robust erwiesen. Hierzu haben sicherlich auch staatliche Unterstützungsmaßnahmen wie Überbrückungshilfen und das Instrument der Kurzarbeit beigetragen. Gleichzeitig hat sich in der Krise auch der Charakter vieler Unternehmen gezeigt, die Überzeugung vom eigenen Produkt und die Bereitschaft zur Veränderung haben sicherlich vielfach Insolvenzen abgewendet.
Die viel beschworene Insolvenzwelle sehe ich derzeit jedoch nicht auf uns zu rollen. Man darf hierbei nicht vergessen, dass die Überbrückungshilfen nur an Unternehmen ausgezahlt wurden, die nicht bereits vor Corona in der Krise gesteckt haben. Auf der anderen Seite sind die Reserven vielfach aufgebraucht und mit der aktuellen Verteuerung der Rohstoffe aufgrund des Russlands-Konfliktes ist bereits die nächste Krise im vollen Gange. Die Erfahrung der Corona-Krise lässt uns jedoch hoffen, dass unsere Mandanten auch diese Herausforderungen meistern werden.
Wie in den Unternehmen unserer Mandanten haben sich auch bei Ebner Stolz in der täglichen Arbeit deutliche Änderungen infolge der Corona-Pandemie abgezeichnet. Arbeiten zum Teil und temporär sogar in vollem Umfang vom Homeoffice aus, Videokonferenzen statt Vorort-Termine, um nur wenige Punkte zu nennen. Wie sieht Ihrer Meinung nach Arbeiten nach Corona bei Ebner Stolz aus?
Traditionell waren wir beim Thema Homeoffice unternehmensweit eher etwas zurückhaltend. Aber wir durften uns eines Besseren belehren lassen. Corona hat auch uns in eine neue arbeitsseitige Epoche katapultiert. Es hat sich gezeigt: Remote-Arbeiten funktioniert. Einzig für die Assistenten, Praktikanten und Auszubildenden, die in dieser Zeit bei uns angefangen haben und vom ersten Arbeitstag ins Homeoffice verbannt waren, war dieser Zustand eine große Herausforderung und hier besteht auch Nachholbedarf im persönlichen Kennenlernen.
Aber nichtsdestotrotz: In Sachen Arbeitsplatz werden wir auch im New Normal flexibler sein. Dennoch - für die Unternehmenskultur ist ein persönliches Miteinander von großer Bedeutung, so dass ich schon der Meinung bin, dass eine reine Homeoffice-Kultur die Ausnahme bleiben soll. Im Übrigen wird Teamgeist bei uns großgeschrieben und unsere Mitarbeitenden sind zwischen den einzelnen Lockdowns immer wieder gerne ins Büro zurückgekehrt.
Wo liegen die Herausforderungen in der modernen Post-Covid-Arbeitswelt bei Ebner Stolz? Verspüren Sie bereits einen Wandel in der Unternehmenskultur?
Aktuell bemerken wir schon, dass viele Mitarbeitende ausgelaugt von der Pandemie und der damit verbundenen Isolation sind. Darauf müssen wir Rücksicht nehmen. Auch war das fachliche und kulturelle Onboarding zu Coronazeiten schwierig. Deshalb ist es in der modernen Post-Covid-Arbeitswelt mit mobilem Arbeiten umso wichtiger, die Verbindung zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden und den Mitarbeitenden untereinander nochmals zu intensivieren.
Wagen wir noch einen Blick in die Zukunft. Wo sehen Sie – derzeit und nach Corona – die größten Herausforderungen für Ebner Stolz?
Während der Pandemie sind wir in Sachen Digitalisierung einen großen Schritt vorangekommen - aber längst noch nicht am Ziel angelangt. Auch haben wir den Anwaltsbereich nun so weiterentwickelt, dass wir bundesweit als Full-Service-Kanzlei im Wirtschaftsrecht wahrgenommen werden, wie der Juve Award „Kanzlei für den Mittelstand 2021“ eindrücklich unter Beweis gestellt hat. Auch hier werden wir uns - den Bedürfnissen unserer Mandanten entsprechend - immer weiter spezialisieren. Eine große Herausforderung ist und bleibt aber die Nachwuchsgewinnung. Ich persönlich merke in meinen Vorlesungen an der Uni Mannheim, dass immer weniger Studenten Steuerrechtsvorlesungen besuchen. Die Industrie lockt mit attraktiven Angeboten. Wer aber Freiberufler sein will, der ist bei uns bestens aufgehoben und kann sich als Generalist oder Spezialist seinen Karriereweg im international aktiven Mittelstand gehen.