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Steuerberatung

Ein-Prozent-Regelung: Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG

BFH 12.6.2018, VIII R 14/15

Der po­si­tive Un­ter­schieds­be­trag gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 Halbs. 1 EStG ist bei An­wen­dung der Ein-Pro­zent-Re­ge­lung auch dann un­ter An­satz von 0,03 % des inländi­schen Lis­ten­prei­ses des Fahr­zeugs je Ka­len­der­mo­nat zu be­rech­nen, wenn der Steu­er­pflich­tige im Mo­nat durch­schnitt­lich we­ni­ger als 15 Fahr­ten zur Be­triebsstätte un­ter­nom­men hat.

Der Sach­ver­halt:

Die Kläge­rin er­zielte im Streit­jahr (2012) als Steu­er­be­ra­te­rin Einkünfte aus selbständi­ger Ar­beit, die ge­son­dert fest­ge­stellt wur­den. Sie war u.a. als freie Mit­ar­bei­te­rin in den Kanz­leiräumen ei­nes Kol­le­gen tätig. Sie un­ter­nahm im Streit­jahr 85 Fahr­ten zwi­schen ih­rer Woh­nung und der Kanz­lei des Kol­le­gen. Die ein­fa­che Ent­fer­nung von ih­rer Woh­nung bis dort­hin be­trug 30 km. Von Ja­nuar bis März des Streit­jah­res nutzte die Kläge­rin den Pkw 1. Der Lis­ten­preis die­ses Fahr­zeugs be­trug 42.600 €. Für den Zeit­raum von April bis De­zem­ber des Streit­jah­res nutzte sie nach der Veräußerung des ers­ten Fahr­zeugs den PKW 2 (Lis­ten­preis i.H.v. 35.000 €). Sie führte für beide Fahr­zeuge kein Fahr­ten­buch.

In der Ein­nah­menüber­schuss­rech­nung für das Streit­jahr er­mit­telte die Kläge­rin den Ent­nah­me­wert für pri­vate Fahr­ten mit den be­trieb­li­chen Fahr­zeu­gen nach der Ein-Pro­zent-Me­thode i.H.v. 4.428 € und er­fasste die­sen Be­trag als Be­triebs­ein­nahme. Ihr ent­stan­den im Streit­jahr Fahr­zeug­kos­ten ohne Ab­schrei­bun­gen und Zin­sen i.H.v. 6.035 €, die sie als Be­triebs­aus­ga­ben gel­tend machte. Die für die Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Be­triebsstätte ab­zugsfähi­gen Be­triebs­aus­ga­ben er­mit­telte die Kläge­rin in Zeile 55 der An­lage EÜR für beide Fahr­zeuge nicht durch Mul­ti­pli­ka­tion des ge­setz­li­chen Fak­tors 0,03 % mit dem Lis­ten­preis und der ein­fa­chen Weg­stre­cke zur Be­triebsstätte. Statt­des­sen setzte sie einen Be­trag i.H.v. 1.861 an, der sich er­gab, in­dem sie je­weils den Lis­ten­preis des ge­nutz­ten Fahr­zeugs mit dem Fak­tor 0,002 %, den ge­fah­re­nen Ta­gen und den Ent­fer­nungs­ki­lo­me­tern mul­ti­pli­zierte.

Die Ent­fer­nungs­pau­schale be­trug für Fahr­ten an 85 Ta­gen und bei ei­ner ein­fa­chen Ent­fer­nung von 30 km zur Be­triebsstätte 765 € (Zeile 56 der An­lage EÜR). Die Kläge­rin rech­nete da­her im Er­geb­nis dem Ge­winn einen Un­ter­schieds­be­trag gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG i.H.v. 1.096 € hinzu. Das Fi­nanz­amt folgte dem nicht. Es er­mit­telte einen Un­ter­schieds­be­trag i.H.v. 3.220 €, den es dem Ge­winn hin­zu­rech­nete. Für den Zeit­raum von Ja­nuar bis März des Streit­jah­res mul­ti­pli­zierte das Fi­nanz­amt den Lis­ten­preis des Pkw 1 (42.600 €) mit dem Fak­tor 0,03 % und der ein­fa­chen Weg­stre­cke von 30 km (Er­geb­nis: 1.150 €). Für den Zeit­raum April bis De­zem­ber des Streit­jah­res mul­ti­pli­zierte es den Lis­ten­preis des Pkw 2 (35.000 €) eben­falls mit dem Fak­tor 0,03 % und der ein­fa­chen Weg­stre­cke (Er­geb­nis: 2.835 €). Da­von zog es den als Ent­fer­nungs­pau­schale er­mit­tel­ten Be­trag i.H.v. 765 € ab.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:

Das FG hat zu Un­recht eine Er­mitt­lung des Hin­zu­rech­nungs­be­trags gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 Halbs. 1 EStG im Streit­jahr in der Weise für zulässig er­ach­tet, dass der Lis­ten­preis des ge­nutz­ten Fahr­zeugs un­ter An­satz ei­nes Fak­tors von 0,002 % mit der An­zahl der Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Be­triebsstätte und den Ent­fer­nungs­ki­lo­me­tern mul­ti­pli­ziert und hier­von der Be­trag der Ent­fer­nungs­pau­schale ab­ge­zo­gen wird.

Die "0,03-Pro­zent-Re­ge­lung" zur Er­mitt­lung der nicht ab­zieh­ba­ren Be­triebs­aus­ga­ben kommt auch dann zur An­wen­dung, wenn der Steu­er­pflich­tige im Mo­nat durch­schnitt­lich we­ni­ger als 15 Fahr­ten zur Be­triebsstätte un­ter­nom­men hat. Eine te­leo­lo­gi­sche Re­duk­tion der Re­ge­lung ist - auch im Hin­blick auf die ab­wei­chende Aus­le­gung des § 8 Abs. 2 S. 3 EStG durch den VI. Se­nat des BFH - bei der Pkw-Über­las­sung an Ar­beit­neh­mer - nicht ge­bo­ten.

Nach dem un­miss­verständ­li­chen Ge­set­zes­wort­laut ist der Un­ter­schieds­be­trag für Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Be­triebsstätte un­abhängig von der An­zahl der getätig­ten Fahr­ten mit dem Fak­tor "0,03 %" des Lis­ten­prei­ses je Ka­len­der­mo­nat und Ent­fer­nungs­ki­lo­me­ter zu er­mit­teln. Für eine fahr­ten­be­zo­gene Er­mitt­lung i.S.d. Recht­spre­chung des VI. Se­nats des BFH lässt das Ge­setz da­ge­gen kei­nen Raum. Es han­delt sich bei der für Fahr­zeuge des not­wen­di­gen Be­triebs­vermögens an­zu­wen­den­den Ein-Pro­zent-Re­ge­lung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG um eine grundsätz­lich zwin­gende, grob ty­pi­sie­rende und pau­scha­lie­rende Be­wer­tungs­re­ge­lung, die nur dann nicht gilt, wenn der Steu­er­pflich­tige von dem in § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG vor­ge­se­he­nen Wahl­recht Ge­brauch macht und die für das Kfz ins­ge­samt ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen durch Be­lege und das Verhält­nis der pri­va­ten zu den übri­gen Fahr­ten durch ein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch nach­weist.

Die An­wen­dung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 Halbs. 1 EStG führt auch nicht zu sinn­wid­ri­gen Er­geb­nis­sen, wenn sie in Fällen an­ge­wen­det wird, in de­nen der Steu­er­pflich­tige die Be­triebsstätte in einem Ka­len­der­mo­nat an deut­lich we­ni­ger als 15 Ta­gen auf­sucht. Denn für Ge­winn­er­mitt­ler, die oh­ne­hin Auf­zeich­nungs- und Auf­be­wah­rungs­pflich­ten un­ter­lie­gen, ist es we­der un­verhält­nismäßig noch un­zu­mut­bar, die Führung ei­nes Fahr­ten­bu­ches zu ver­lan­gen, um die Nach­teile der pau­scha­len Be­triebs­aus­ga­benkürzung i.H.v. 0,03 % des Lis­ten­prei­ses pro Mo­nat und Ent­fer­nungs­ki­lo­me­ter zu ver­mei­den, die sich bei we­ni­ger als 15 mo­nat­li­chen Fahr­ten von der Woh­nung zur Be­triebsstätte er­ge­ben. Dies gilt auch, ob­wohl in die­sem Fall die An­for­de­run­gen an ein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch ins­ge­samt zu erfüllen sind und das Wahl­recht zur Fahr­ten­buch­me­thode ein­heit­lich auszuüben ist.

Link­hin­weis:

  • Die Voll­texte der Ent­schei­dun­gen sind auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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