Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein Filmfonds in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Der Beklagte hatte sich im Jahr 2004 als Direktkommanditist mit einer Pflichteinlage von 100.000 € an der Klägerin beteiligt. Hierauf zahlte der Beklagte 50% sowie das Agio ein. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin hatte auszugsweise zunächst den folgenden Wortlaut.
§ 4 Gesellschaftsstruktur, Gesellschaftskapital
3. Kommanditeinlagen der Treugeber und Direktkommanditisten ... Die Treugeber und Direktkommanditisten sind verpflichtet, 50% der Pflichteinlage zuzüglich eines Agio i.H.v. 3% nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen als Bareinlage zu leisten. 50% der Pflichteinlage werden zinslos fällig, wenn die Treugeber und Direktkommanditisten diesen Betrag in voller Höhe aus erwirtschafteten und zur Ausschüttung anstehenden Gewinnen der Gesellschaft leisten können. Sobald in dieser Höhe ausschüttungsfähige Gewinne zur Verfügung stehen, werden diese mit dem ausstehenden Teil der Pflichteinlage in gleicher Höhe verrechnet. Die Pflichteinlagen sind feste Kapitalanteile. Direktkommanditisten werden jeweils mit 103% der Pflichteinlage als Haftsumme im Handelsregister eingetragen.
§ 23 Ausscheiden, Ausschluss eines Gesellschafters oder Treugebers
6. ... Kann über die Höhe der Abfindung zwischen dem Komplementär und dem ausscheidenden Gesellschafter oder Treugeber kein Einvernehmen erzielt werden, wird die Abfindung durch einen von der Wirtschaftsprüferkammer M. zu benennenden Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter, der auch über die Kosten seiner Inanspruchnahme entsprechend den Bestimmungen der §§ 91 f. ZPO zu befinden hat, verbindlich ermittelt.
Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 25.7.2012 wurde der Gesellschaftsvertrag wie folgt geändert.
Die Gesellschafterversammlung beschließt, den bisherigen Wortlaut des § 4 Ziffer 3 Absatz. 2 Satz 2 durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: "4,5% der Pflichteinlage werden zinslos fällig, wenn sie durch die Geschäftsführung der Gesellschaft zum Zwecke der Durchsetzung der steuerlichen Interessen sowie zur Bestandswahrung der Gesellschaft schriftlich eingefordert werden; der Rest der ausstehenden Pflichteinlage kann nur zinslos durch die Gesellschaft eingefordert werden, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst wird."
Am 27.1.2014 forderte die Klägerin 4,5% der Pflichteinlage (mithin 4.500 €) vom Beklagten ein, der allerdings nicht bezahlte. In der Folgezeit schied der Beklagte durch ordentliche Kündigung zum 31.12.2014 aus der Klägerin aus. Zu diesem Stichtag ergebe sich nach Auffassung der Klägerin ein negatives Auseinandersetzungsguthaben des Beklagten i.H.v. 15.070 €. Das LG hat die Klage (mangels Vorliegens eines Schiedsgutachtens gem. § 23 Ziff. 6 GV) als derzeit unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG der Klage teilweise statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Die Berufung hat nur hinsichtlich des auf Berücksichtigung des am 27.1.2014 eingeforderten Betrages von 4.500 € bei der Ermittlung des Abfindungsguthabens gerichteten Hilfsantrags Erfolg. Im Übrigen war sie unbegründet.
Zu Recht hat das LG den Hauptantrag der Klägerin als derzeit unbegründet abgewiesen, da es entscheidungserheblich auf die Höhe des Abfindungsguthabens ankommt und deshalb vor Erhebung der Klage nach § 23 Nr. 6 Abs. 1 S. 2 GV von der Klägerin ein Schiedsgutachten zu erholen gewesen wäre. Das Sichberufen des Beklagten auf die Schiedsklausel ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gem. § 242 BGB treuwidrig. Da in § 23 Nr. 6 Abs. 1 GV nicht geregelt ist, wer die Benennung eines Schiedsgutachters durch die Wirtschaftsprüferkammer zu veranlassen hat, war auf die gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen.
Gem. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 S. 1 BGB trifft gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter die Pflicht zur Erstellung der Abfindungsbilanz die Gesellschaft. Aus dieser Pflicht zur Bilanzerstellung folgt denklogisch auch die Pflicht, die zur Bilanzerstellung notwendigen vorbereitenden Schritte einzuleiten. Zu diesen Vorbereitungsmaßnahmen gehört aufgrund der Schiedsklausel des § 23 Nr. 6 Abs. 1 S. 2 GV auch, durch die Wirtschaftsprüferkammer die Benennung eines Schiedsgutachters in die Wege zu leiten. Aus der Nichterfüllung einer eigenen vertraglichen Pflicht der Gesellschaft kann diese nicht die Treuwidrigkeit des Zuwartens des Beklagten mit der Berufung auf die Schiedsklausel begründen. Der Beklagte hätte möglicherweise selbst die zur Erstellung des Schiedsgutachtens notwendigen Schritte gegenüber der Wirtschaftsprüferkammer einleiten können, musste es aber nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hätte das LG auch nicht und muss auch das Berufungsgericht nicht analog § 319 Abs. 1 S. 2 BGB die Leistungsbestimmung durch Erholung eines Sachverständigengutachtens vornehmen. § 319 Abs. 1 S. 2 BGB setzt voraus, dass sich die von den Vertragsparteien in erster Linie gewollte Bestimmung durch einen Dritten als nicht durchführbar erweist. Nach BGH-Rechtsprechung ist eine derartige Undurchführbarkeit grundsätzlich schon dann gegeben, wenn die hierzu verpflichtete Partei den Schiedsgutachter nicht innerhalb angemessener Zeit benennt, ohne dass es dabei auf ihr Verschulden ankommt. Diese Rechtsprechung erging allerdings grundsätzlich zu Fällen, in denen die jeweilige Schuldnerin des jeweils streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs die Benennung des Schiedsgutachters verzögerte oder sich die beiden Parteien über den Schiedsgutachter nicht einigen konnten.
Eine unmittelbare Klagemöglichkeit der Klägerin wäre schließlich im vorliegenden Fall treuwidrig, denn es war gerade die Klägerin, die keinerlei Schritte unternommen hatte, um die Erholung des vertraglich vorgesehenen Schiedsgutachtens in die Wege zu leiten. Schließlich könnte sie dadurch durch bloßes Nichthandeln die vertragliche Schiedsklausel umgehen. Insofern war das LG auch nicht gehalten, dem Beklagten entsprechend §§ 356, 431 ZPO eine Frist zur Beibringung des Schiedsgutachtens zu setzen. Da die hier streitgegenständliche Beschlusslage gleichgelagert in einer Vielzahl von Beteiligungen an mehreren Fonds besteht, wobei derzeit bundesweit ca. 150 Klagen rechtshängig sind, war die Revision zuzulassen.
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