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Steuerberatung

Einkommensteuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer

BFH 13.3.2018, IX R 23/17

Die nach § 35b S. 1 EStG begüns­tig­ten Einkünfte müssen aus der Veräußerung ei­nes Vermögens­ge­gen­stan­des herrühren, der so­wohl von To­des we­gen er­wor­ben wor­den ist als auch tatsäch­lich der Erb­schaft­steuer un­ter­le­gen hat; da­bei ist der in An­spruch ge­nom­mene persönli­che Frei­be­trag (§ 16 ErbStG) an­tei­lig ab­zu­zie­hen. Die auf die begüns­tig­ten Einkünfte an­tei­lig ent­fal­lende Ein­kom­men­steuer ist nach dem Verhält­nis der begüns­tig­ten Einkünfte zur Summe der Einkünfte zu er­mit­teln.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger hatte im Jahr 2008 mit sei­nem Va­ter eine GmbH gegründet. Im Rah­men der Gründung brachte der Va­ter sein Ein­zel­un­ter­neh­men in die GmbH ein. Der Kläger war zu 49 %, der Va­ter zu 51 % an der GmbH be­tei­ligt. Auf­grund des persönli­chen Frei­be­trags des Klägers fiel für ihn keine Schen­kung­steuer an.

 

Im Juli 2009 starb der Va­ter. Auf den Kläger wurde in­folge ei­nes Vermächt­nis­ses ein wei­te­rer GmbH-An­teil i.H.v. 26 % über­tra­gen. Sein Bru­der schlug das auf ihn ent­fal­lende Vermächt­nis aus, so dass der Kläger als Er­satz-Vermächt­nis­neh­mer auch den rest­li­chen Ge­schäfts­an­teil von 25 % er­hielt.

 

Im Streit­jahr 2011 veräußerte der Kläger seine Ge­schäfts­an­teile an der GmbH und er­zielte einen Veräußerungs­ge­winn i.S.d. § 17 EStG i.H.v. 786.167 €. Die Erb­schaft­steuer wurde dar­auf­hin auf 28.336 € fest­ge­setzt. Das Fi­nanz­amt gewährte im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2011 eine Steu­er­ermäßigung nach § 35b EStG i.H.v. 4.412 €. Der Kläger war hin­ge­gen der An­sicht, die Ein­kom­men­steuer sei gem. § 35b EStG um ins­ge­samt 11.262 € zu ermäßigen.

 

Das FG gab der Klage teil­weise statt und er­mit­telte eine Steu­er­ermäßigung i.H.v. 4.616 €. Auf die Re­vi­sio­nen bei­der Par­teien re­du­zierte der BFH die Steu­er­ermäßigung auf 1.808 €.

 

Gründe:

Das FG hat § 35b S. 1 EStG rechts­feh­ler­haft an­ge­wandt. Entfällt die fest­ge­setzte Erb­schaft­steuer teil­weise auf nach § 35b S. 1 EStG nicht begüns­tigte Vor­er­werbe und teil­weise auf einen begüns­tig­ten Er­werb von To­des we­gen, muss der persönli­che Frei­be­trag nach § 16 ErbStG für die An­wen­dung von § 35b S. 1 EStG, d.h. bei der Er­mitt­lung der nach § 35b S. 1 EStG begüns­tig­ten Einkünfte, verhält­nismäßig auf­ge­teilt wer­den.

 

Sind bei der Er­mitt­lung des Ein­kom­mens Einkünfte berück­sich­tigt wor­den, die im Ver­an­la­gungs­zeit­raum oder in den vor­an­ge­gan­ge­nen vier Ver­an­la­gungs­zeiträumen als Er­werb von To­des we­gen der Erb­schaft­steuer un­ter­le­gen ha­ben, so wird gem. § 35b S. 1 EStG auf An­trag die um sons­tige Steu­er­ermäßigun­gen gekürzte ta­rif­li­che Ein­kom­men­steuer, die auf diese Einkünfte entfällt, um den in S. 2 be­stimm­ten Pro­zent­satz ermäßigt. Der Pro­zent­satz be­stimmt sich nach dem Verhält­nis, in dem die fest­ge­setzte Erb­schaft­steuer zu dem Be­trag steht, der sich er­gibt, wenn dem steu­er­pflich­ti­gen Er­werb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) die Frei­beträge nach den §§ 16 und 17 und der steu­er­freie Be­trag nach § 5 ErbStG hin­zu­ge­rech­net wer­den (§ 35b S. 2 EStG).

 

Zur Be­rech­nung der Steu­er­ermäßigung müssen zunächst zwei Maßgrößen er­mit­telt wer­den, zum einen die an­tei­lig auf die nach § 35b S. 1 begüns­tig­ten Einkünfte ent­fal­lende Ein­kom­men­steuer und zum an­de­ren der Ermäßigungs­pro­zent­satz gem. § 35b S. 2 EStG. Der Be­trag nach § 35b S. 1 EStG mul­ti­pli­ziert mit dem Ermäßigungs­pro­zent­satz er­gibt den Be­trag der Steu­er­ermäßigung. Begüns­tigt sind nach § 35b S. 1 EStG "Einkünfte, die als Er­werb von To­des we­gen der Erb­schaft­steuer un­ter­le­gen ha­ben". Der Wort­laut des Re­la­tiv­sat­zes ist un­ge­nau, da der Erb­schaft­steuer nicht Einkünfte, son­dern Be­rei­che­run­gen un­ter­lie­gen. Bei sinn­gemäßem Verständ­nis er­fasst § 35b EStG da­nach Fälle, in de­nen der von To­des we­gen hin­zu­er­wor­bene Vermögens­ge­gen­stand - etwa nach ei­ner steu­er­pflich­ti­gen Veräußerung - mit sei­nem Wert zusätz­lich der Ein­kom­men­steuer un­ter­wor­fen ist.

 

Nicht nach § 35b S. 1 EStG begüns­tigt sind da­ge­gen sol­che Einkünfte, die sich aus (der Veräußerung von) Vermögens­ge­genständen er­ge­ben, die ei­ner Vor­be­las­tung mit Schen­kung­steuer un­ter­le­gen ha­ben. Zwar kann es auch in­so­weit zu ei­ner Dop­pel­be­las­tung mit Erb­schaft­steuer und Ein­kom­men­steuer kom­men. Der Wort­laut der Vor­schrift ist in­so­fern aber ein­deu­tig. Durch­grei­fende ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken be­ste­hen da­ge­gen nicht. Die nach § 35b S. 1 EStG begüns­tig­ten Einkünfte müssen bei ih­rem Hin­zu­er­werb tatsäch­lich mit Erb­schaft­steuer be­las­tet wor­den sein. Sie müssen eine Be­las­tung mit Erb­schaft­steuer aus­gelöst ha­ben.

 

Hier­aus folgt, dass im An­wen­dungs­be­reich von § 35b S. 1 EStG der persönli­che Frei­be­trag nach § 16 ErbStG in Ab­zug zu brin­gen ist. So­weit die nach dem ErbStG steu­er­bare Be­rei­che­rung auf­grund des persönli­chen Frei­be­trags nicht zu ei­ner Be­las­tung mit Erb­schaft­steuer geführt hat, kommt die An­wen­dung von § 35b S. 1 EStG nicht in Be­tracht. Sind in die Be­mes­sungs­grund­lage der Erb­schaft­steuer so­wohl nach § 35b S. 1 EStG begüns­tigte, als auch nach §  35b S. 1 EStG nicht begüns­tigte "Einkünfte" ein­ge­gan­gen, ist der persönli­che Frei­be­trag gem. § 16 ErbStG im Verhält­nis der Einkünfte zu­ein­an­der auf­zu­tei­len und an­tei­lig bei den je­wei­li­gen Einkünf­ten ab­zu­zie­hen. Die auf die begüns­tig­ten Einkünfte an­tei­lig ent­fal­lende Ein­kom­men­steuer ist nach dem Verhält­nis der begüns­tig­ten Einkünfte zur Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) zu er­mit­teln. Um die Ein­kom­men­steuer auf die begüns­tig­ten Einkünfte zu be­rech­nen, ist der Be­trag der um sons­tige Steu­er­ermäßigun­gen gekürz­ten ta­rif­li­chen Ein­kom­men­steuer mit dem Quo­ti­en­ten aus dem Be­trag der begüns­ti­gen Einkünfte und dem Be­trag der Summe der Einkünfte zu mul­ti­pli­zie­ren.

 

Nach dem ein­deu­ti­gen Wort­laut der Vor­schrift ist bei der An­wen­dung von § 35b S. 2 EStG der persönli­che Frei­be­trag nach § 16 ErbStG (u.a.) dem steu­er­pflich­ti­gen Er­werb im Grund­satz in vol­ler Höhe hin­zu­zu­rech­nen. Sind in die Be­mes­sungs­grund­lage der Erb­schaft­steuer so­wohl nach § 35b S. 1 EStG begüns­tigte, als auch nach § 35b S. 1 EStG nicht begüns­tigte "Einkünfte" ein­ge­gan­gen und ist der persönli­che Frei­be­trag nach § 16 ErbStG des­halb bei der Er­mitt­lung der nach § 35b S. 1 EStG begüns­tig­ten Einkünfte verhält­nismäßig auf­ge­teilt wor­den, ist nur der an­tei­lige Frei­be­trag nach §16 ErbStG hin­zu­zu­rech­nen. Der Ermäßigungs­pro­zent­satz er­mit­telt sich dann durch Ge­genüber­stel­lung der an­tei­lig auf die von To­des we­gen er­wor­be­nen Vermögens­teile ent­fal­lende Erb­schaft­steuer und dem Be­trag, der sich er­gibt, wenn dem an­tei­li­gen steu­er­pflich­ti­gen Er­werb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) der an­tei­lige Frei­be­trag nach § 16 ErbStG hin­zu­ge­rech­net wird.

 

Link­hin­weis:

 

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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