Gemäß § 20a Abs. 1 IfSG müssen Personen, die u. a. in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen aber auch in Arztpraxen tätig sind, geimpft oder genesen sein. Eine Ausnahme besteht lediglich für Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Im Vordergrund des Gesetzes stehen betreuende Personen, die einen direkten Kontakt zu den vulnerablen Personengruppen haben.
Geltungsbereich der Impfpflicht und Betroffene im Einzelnen
Dies lässt vermuten, dass die Impfpflicht ausschließlich für Beschäftigte einer der im Gesetz genannten Einrichtungen gilt. Der Wortlaut der Norm macht jedoch deutlich, dass die Impfpflicht alle Personen betrifft, die in diesen Einrichtungen „tätig“ sind. Das bedeutet, dass diese Personen nicht zwangsweise in einer solchen Einrichtung angestellt sein müssen, denn auf ein konkretes Vertragsverhältnis zwischen der jeweiligen Einrichtung und der dort tätigen Person kommt es für die Verpflichtung nicht an. Zudem ist die Art der Beschäftigung ohne Bedeutung. Danach unterliegen auch externe Personen, die in einer Pflegeeinrichtung ihre Leistungen erbringen und sich nicht nur kurzweilig in der Einrichtung aufhalten (z. B. ein Paketzusteller) einer Impfpflicht.
Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich bei den erfassten Personen nicht nur um medizinisches bzw. Pflege- und Betreuungspersonal, einschließlich zusätzlicher Betreuungskräfte, sondern auch andere dort tätige Personen, wie z. B. Hausmeister oder Transport-, Küchen- oder Reinigungspersonal. Erfasst sind zusätzlich Auszubildende, Personen, die ihren Freiwilligendienst ableisten, ehrenamtlich Tätige, Praktikanten sowie Zeitarbeitskräfte.
(Vorläufige) Verfassungsmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Impflicht
Mehrere Eilanträge, die sich gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht richteten, lehnte das Bundesverfassungsgericht bereits am 11.02.2022 mit der Begründung ab, dass die Verfassungsbeschwerde im Hauptverfahren zwar nicht offensichtlich unbegründet sei, jedoch eine Folgenabwägung zulasten der Antragsteller ausfallen müsse. Denn die eintretenden Nachteile, die für ungeimpfte Personen entstehen würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergehe und die Verfassungsbeschwerde nachher im Hauptverfahren Erfolg hätte, seien nicht so groß, wie die möglichen Nachteile für vulnerable Gruppen im alternativen Szenario. Auf Seiten der ungeimpften Personen stünde das Risiko einer körperlichen Reaktion auf den Impfstoff. Die Folgen bei Verweigerung der Impfung und den damit einhergehenden beruflichen Einschränkungen seien jedoch temporär, bis eine Entscheidung im Hauptverfahren ergehen würde. Die vulnerablen Gruppen hingegen seien bis zur Hauptsacheentscheidung einer „deutlich größeren Gefahr ausgesetzt, sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu infizieren und deshalb schwer oder gar tödlich zu erkranken“. Dies sei auch unter Berücksichtigung der Omikronvariante anzunehmen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verfassungsgemäß ist und nicht nur für Beschäftigte einer Einrichtung gilt, sondern grundsätzlich für alle Personen, die im Rahmen einer Tätigkeit eine in § 20a Abs. 1 IfSG genannte Einrichtung betreten. Dabei sind nur die Personen von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ausgenommen, die sich lediglich kurzweilig und vorübergehend in der Einrichtung befinden. Zusätzlich sind die Bewohner und Patienten von der Impfpflicht ausgenommen, inklusive ihrer Begleitpersonen.
Konsequenzen für Einrichtungen
Die von dem Gesetz betroffenen Personen müssen spätestens bis zum 15.03.2022 der Einrichtung, in der sie tätig sind, einen Nachweis über eine Impfung oder Genesung vorlegen. Alternativ können sie auch ein ärztliches Attest vorlegen, aus dem hervorgeht, dass sie aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Verliert ein Nachweis seine Gültigkeit, z. B. weil mehr als sechs Monate seit Genesung vergangen sind, muss ein neuer Nachweis vorgelegt werden.
Die Einrichtungen haben das zuständige Gesundheitsamt zu informieren, wenn die Nachweise nicht fristgerecht vorgelegt werden oder Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der vorgelegten Nachweise bestehen. Das Gesundheitsamt kann die Beschäftigung in einer solchen Einrichtung oder den Zutritt dazu untersagen. Eine Missachtung der Prüfung der Beschäftigten wird mit Bußgeldern geahndet.
Ob jedoch die einrichtungsbezogene Impfpflicht in dem vorgenannten Maße durchgesetzt werden wird, bleibt fraglich, denn die Verhängung von Geldbußen liegt grundsätzlich im Ermessen der Verfolgungsbehörde. So ist bereits bekannt, dass bspw. in Bayern vorerst keine Geldstrafen erhoben werden sollen und in Nordrhein-Westfalen es den Kommunen gestattet sein soll, die Prüfung bis zum 15. 06. 2022 durchzuführen.