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Einstweiliger Rechtsschutz bei Ablehnung eines Antrags auf Erlass von Säumniszuschlägen

BFH 30.9.2015, I B 86/15

Bei der Ab­leh­nung des Er­las­san­trags hin­sicht­lich der Säum­nis­zu­schläge durch das Fi­nanz­amt han­delt es sich nicht um einen voll­zieh­ba­ren Ver­wal­tungs­akt, der ei­ner Aus­set­zung der Voll­zie­hung (AdV) zugäng­lich wäre. Für eine "te­leo­lo­gi­sche Ex­ten­sion" des § 69 FGO für den Fall der Ab­leh­nung von Bil­lig­keits­anträgen be­steht an­ge­sichts der Möglich­keit ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung nach § 114 FGO kein Raum.

Der Sach­ver­halt:
Das Fi­nanz­amt hatte nach vor­an­ge­gan­ge­ner Außenprüfung und ei­ner im ge­richt­li­chen Kla­ge­ver­fah­ren er­ziel­ten tatsäch­li­chen Verständi­gung im No­vem­ber 2013 ge­gen den An­trag­stel­ler, bei dem es sich um einen ein­ge­tra­ge­nen Ver­ein han­delt, geänderte Körper­schaft­steu­er­be­scheide für die Streit­jahre 2000 bis 2008 er­las­sen. Die nach er­folg­lo­sen Ein­spruchs­ver­fah­ren in Be­stands­kraft er­wach­se­nen Ände­rungs­be­scheide wie­sen auch Säum­nis­zu­schläge zur Körper­schaft­steuer aus, über die das Fi­nanz­amt da­nach ver­schie­dene Ab­rech­nungs­be­scheide er­ließ und von de­nen Ende Ok­to­ber 2014 noch rund 822.545 € of­fen wa­ren.

Den Ende Ja­nuar 2014 ge­stell­ten An­trag auf Er­lass der Säum­nis­zu­schläge hatte die Fi­nanz­behörde ab­ge­lehnt. Hier­ge­gen er­hob der An­trag­stel­ler Klage, über die das FG noch nicht ent­schie­den hat. Der An­trag­stel­ler be­an­tragte im Hin­blick auf die Säum­nis­zu­schläge die AdV. Nach Ab­leh­nung des An­trags durch das Fi­nanz­amt be­an­tragte er beim FG wie­derum AdV, hilfs­weise den Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung für die Dauer des Haupt­sa­che­ver­fah­rens. Das FG lehnte den An­trag ab. Auch die - vom FG zu­ge­las­sene - Be­schwerde des An­trag­stel­lers, der das FG nicht ab­ge­hol­fen hatte, blieb vor dem BFH er­folg­los.

Gründe:
Das FG hatte den An­trag auf AdV der Säum­nis­zu­schläge zu Recht als un­zulässig ab­ge­lehnt. Denn nach § 69 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 FGO kann das Ge­richt der Haupt­sa­che die Voll­zie­hung des an­ge­foch­te­nen Ver­wal­tungs­akts ganz oder teil­weise aus­set­zen. Der An­trag kann gem. § 69 Abs. 3 S. 2 FGO schon vor Er­he­bung der Klage ge­stellt wer­den. Die AdV setzt dem­nach eine An­fech­tungs­si­tua­tion vor­aus, d.h. einen (voll­zieh­ba­ren) Ver­wal­tungs­akt, den der Steu­er­pflich­tige zu­min­dest mit dem außer­ge­richt­li­chen Rechts­be­helf (Ein­spruch) an­ge­foch­ten hat, über wel­chen noch nicht be­standskräftig ent­schie­den ist. In­fol­ge­des­sen lag im vor­lie­gen­den Fall keine An­fech­tungs­si­tua­tion vor.

Die Säum­nis­zu­schläge ent­ste­hen kraft Ge­set­zes und können da­her als sol­che nicht Ge­gen­stand ei­ner AdV sein. So­weit in den Ände­rungs­be­schei­den des Fi­nanz­am­tes kon­krete Leis­tungs­ge­bote in Be­zug auf die je­wei­li­gen Säum­nis­zu­schläge zu se­hen wa­ren, wäre in­so­weit zwar die Möglich­keit ei­ner AdV in Be­tracht zu zie­hen. Doch sind diese Be­scheide in­zwi­schen ebenso in Be­stands­kraft er­wach­sen wie die nach­fol­gen­den Ab­rech­nungs­be­scheide. Und bei der Ab­leh­nung des Er­las­san­trags hin­sicht­lich der Säum­nis­zu­schläge durch das Fi­nanz­amt han­delt es sich nicht um einen voll­zieh­ba­ren Ver­wal­tungs­akt, der ei­ner AdV zugäng­lich wäre. Für die von der Be­schwerde für den Fall der Ab­leh­nung von Bil­lig­keits­anträgen befürwor­tete "te­leo­lo­gi­sche Ex­ten­sion" des § 69 FGO be­steht an­ge­sichts der Möglich­keit ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung nach § 114 FGO kein Raum.

Auch den Hilfs­an­trag auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung gem. § 114 FGO hat das FG je­den­falls des­halb zu Recht ab­ge­lehnt, da der An­trag­stel­ler kei­nen An­ord­nungs­grund glaub­haft ge­macht hatte. Die pau­schale und nicht wei­ter be­legte Be­haup­tung, der Fort­be­stand des An­trag­stel­lers sei we­gen Er­schöpfung der Li­qui­ditätsre­ser­ven gefähr­det, reichte dafür nicht aus.

Link­hin­weis:

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