Der Sachverhalt:
Der Beklagte war der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, weil der Kläger ihn - den Beklagten - rechtsmissbräuchlich abgemahnt habe. Es gehe dem Kläger nämlich nicht um gemeinnützige oder umweltpolitische Ziele, sondern allein um das Ziel der Gebührenmaximierung durch Abmahnverfahren, in denen der Kläger Gebühren in Millionenhöhe erwirtschaftet habe. Außerdem sei die Klage unbegründet, denn bei dem Facebook-Eintrag handele es sich nicht um Werbung i.S.d. UWG.
Das LG gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Klage war zulässig, insbesondere war der Kläger prozessführungsbefugt und sein Handeln nicht rechtsmissbräuchlich. Beim Kläger handelt es sich unstreitig um eine "qualifizierte Einrichtung" i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG. Die Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungen hat im Hinblick auf die im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfenden Klagebefugnis konstitutive Wirkung. Es besteht entgegen der Auffassung des Beklagten auch kein Anlass, das Verfahren gemäß § 4 Abs. 4 UKlaG zur (nochmaligen) Klärung der Frage auszusetzen, ob der Kläger die einschlägigen Eintragungsvoraussetzungen erfüllt. Insofern spricht der Umstand, dass das Bundesamt für Justiz zuletzt im Jahr 2017 eine Prüfung durchgeführt und das Fortbestehen der Eintragungsvoraussetzungen für den Kläger bestätigt hat, ausdrücklich gegen die Berechtigung solcher Zweifel und gegen den vom Beklagten behaupteten Rechtsmissbrauch.
Dem Kläger steht wegen des auf der Facebook-Seite des Beklagten im Mai 2017 erfolgten Eintrags ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten gem. § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 2, § 3a UWG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV i.V.m. Abschn. I der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV zu. Der Beklagte ist unstreitig ein Händler i.S.d. § 2 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV, so dass ihm die in § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV geregelten Informationspflichten auferlegt sind. Diese stellen Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG (= § 4 Nr. 11 UWG a.F.) dar.
Der Beklagte hat gegen § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV i.V.m. Abschn. I der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV verstoßen. Danach haben Hersteller und Händler, die Werbeschriften verwenden, sicherzustellen, dass dort Angaben über die offiziellen spezifischen CO²-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschn. I der Anlage 4 gemacht werden, wobei die Angaben auch bei flüchtigem Lesen leicht verständlich, gut lesbar und ebenso hervorgehoben sein müssen wie der Hauptteil der Werbebotschaft. Das war beim Beklagten nicht der Fall. Gemäß Abschn. I Nr. 3 der Anlage 4 ist eine Angabe der CO²-Werte nicht erforderlich, wenn nicht für ein bestimmtes Modell, sondern lediglich für die Fabrikmarke geworben wird. Der streitgegenständliche Facebook-Eintrag betraf allerdings ein bestimmtes Modell, das auf der Webseite automativ.de getestet worden war.
Entgegen der Auffassung des Beklagten handelte es sich bei dem Facebook-Eintrag auch um eine Werbung i.S.v. § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV. Nach § 2 Nr. 11 Pkw-EnVKV ist "Werbematerial" jede Form von Informationen, die für Vermarktung und Werbung für Verkauf und Leasing neuer Personenkraftwagen in der Öffentlichkeit verwendet werden; dies umfasst auch Texte und Bilder auf Internetseiten. Dabei gilt § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV auch für die Verbreitung in elektronischer Form nach § 2 Nr. 10 Pkw-EnVKV. Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - etwa in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring - erfasst. Dies war bei dem streitgegenständlichen Facebook-Eintrag der Fall.
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