Die Beschwerdeführer in den Verfahren in Bezug auf das EWKFondsG stammen aus verschiedenen Bereichen. Es handelt sich um Produzenten, Importeure oder Verkäufer von Produkten wie To-Go-Lebensmittelbehälter, Getränkebecher, leichte Tragetaschen, Feuchttücher und Tabakfilter. Sie rügen vor allem eine Verletzung des deutschen Finanzverfassungsrechts und einen Verstoß gegen das in Art. 104a GG normierte Konnexitätsprinzip.
Auch der Streit um die Tübinger Verpackungssteuer geht in die nächste und wohl letzte Runde; mit ähnlichen Erwägungen hat eine Franchisenehmerin einer Fast-Food-Kette aus Tübingen im September 2023 Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1726/23) gegen die von der Stadt Tübingen eingeführte Verpackungssteuer und gegen das dazu ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: BVerwG) vom 24.05.2023 (Az. 9 CN 1/22) erhoben.
Hintergrund
Nach dem am 11.05.2023 verabschiedeten EWKFondsG müssen Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffprodukten einen (zusätzlichen) finanziellen Beitrag leisten, der sich an der jährlich in Verkehr gebrachten Menge an Einwegkunststoffprodukten bemisst und in einen dafür gebildeten staatlichen Fonds fließt. Mit den Einnahmen aus dem Fonds sollen Sammlungs-, Reinigungs-, Sensibilisierungs-, Datenerhebungs- und Übermittlungs- sowie Verwaltungskosten der Kommunen finanziert werden.
Auch die vom Gemeinderat der Stadt Tübingen im Jahre 2020 beschlossene Verpackungssteuer soll Einnahmen für den städtischen Haushalt erzielen und die Verunreinigung des Stadtbilds durch im öffentlichen Raum entsorgte Verpackungen verringern.
Kritik
Die Beschwerdeführer sehen sich durch die Vorgaben des EWKFondsG in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 GG verletzt. Darüber hinaus rügen sie insbesondere, dass die konkrete Ausgestaltung der Fondsfinanzierung durch eine Sonderabgabe finanzverfassungsrechtlich nicht tragbar sei; zum einen lägen die vom BVerfG entwickelten Grundsätze für eine Sonderabgabe nicht vor, wonach die mit der Abgabe belastete Gruppe dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck näherstehen müsse als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Dies sei hier gerade nicht der Fall, da die unsachgemäße Entsorgung im Stadtgebiet in erster Linie auf das Fehlverhalten von Dritten zurückzuführen sei und die Hersteller hierfür nicht verantwortlich seien.
Zum anderen verstoße der Bund mit der Wahl einer staatlichen Fondsfinanzierung gegen das staatsrechtliche Konnexitätsprinzip, wonach Aufgaben- und Finanzverwaltung jeweils zusammengehören. Dazu führen die Beschwerdeführer aus, dass der Bund zwar die Abgabe erhebe und das Umweltbundesamt als Bundesbehörde den Fonds verwalte; die Mittel aus dem Fonds sollen aber unmittelbar den Ländern und Kommunen zugutekommen, die für die Abfallentsorgung und -verwertung und die diesbezügliche Finanzierung zuständig seien. Damit würde der Bund aber in die Verwaltungsaufgabe der Länder eingreifen, was das in Art. 104a GG verankerte Konnexitätsprinzip gerade verhindern will. Die Hersteller plädieren für eine privatwirtschaftliche Lösung.
Auch die Franchisenehmerin aus Tübingen rügt, dass die Erhebung einer kommunalen Verpackungssteuer sie als Endverkäuferin und Steuerschuldnerin in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 GG verletze. Zudem liege ein Verstoß gegen die Belastungs- und Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG und gegen das Gleichartigkeitsverbot gemäß Artikel 105 Abs. 2a GG vor, indem die Steuerlast undifferenziert an die numerische Größe der Einzelverpackungen anknüpfe. Weiterhin seien die Abgabentatbestände in wesentlichen Teilen gleichartig mit dem EWKFondsG. Die Steuer erzeuge einen hohen Lenkungsdruck, der einem Verhaltensgebot gleichkomme und mit der ein Mehrwegsystem für Verpackungen im Gastronomiegewerbe erzwungen werde.
Hinweis: Zuletzt hatte das BVerwG in seinem Urteil vom 24.05.2024 noch die überwiegende Wirksamkeit einer solchen kommunalen Verpackungssteuer festgestellt. Danach stünde die Erhebung einer solchen Verpackungssteuer, die als örtliche Verbrauchssteuer i. S. d. Art. 105 Abs. 2a S. 1 GG und als Lenkungssteuer ausgestaltet sei, nicht im Widerspruch zur Gesamtkonzeption des geltenden Abfallrechts oder zu konkreten abfallrechtlichen Regelungen. Insbesondere gelte im Bereich des Steuerrechts der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit. Die kommunale Verpackungssteuer verfolge auf lokaler Ebene kein widersprüchliches, sondern dasselbe Ziel - die Vermeidung von Verpackungsabfall im Stadtgebiet - wie der Bundes- und der Unionsgesetzgeber und bediene sich dabei auch nicht eines dem staatlichen Recht widersprechenden Handlungsmittels.
Es bleibt abzuwarten, wie das BVerfG über die Verfassungsbeschwerden entscheidet und ob sich die Instrumente des Bundes und der Kommune zur Abfallvermeidung und -verwertung durchsetzen können. Von der Entscheidung hängt insbesondere ab, ob sich weitere Kommunen der Einführung einer lokalen Verpackungssteuer anschließen werden.