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Einwirkung abkommensrechtlicher Begriffsbestimmungen auf innerstaatliches Steuerrecht

BFH 20.7.2016, I R 50/15

Der in § 9 Nr. 3 GewStG ver­wen­dete Be­griff der Be­triebsstätte be­stimmt sich nicht nach der De­fi­ni­tion des je­weils ein­schlägi­gen DBA, son­dern nach in­ner­staat­li­chem Recht. Durch die Kürzungs­vor­schrift des § 9 Nr. 3 GewStG soll letzt­end­lich die Kon­se­quenz aus § 2 Abs. 1 S, 1 u. 3 GewStG ge­zo­gen wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH. Sie be­treibt im In­land eine Im­port­ver­mitt­lung und ver­mit­telt für eine wei­tere GmbH de­ren ge­sam­ten Wa­ren­ein­kauf in der Türkei. Zu die­sem Zweck un­ter­hielt die Kläge­rin dort ein Ein­kaufsbüro. Außer den hier­aus erlösten Ver­mitt­lungs­pro­vi­sio­nen er­zielte die Kläge­rin keine wei­te­ren Umsätze.

Die Kläge­rin hatte das Ein­kaufsbüro in ih­rer Steu­er­erklärung als nicht im In­land be­le­gene Be­triebsstätte i.S.v. § 9 Nr. 3 GewStG an­ge­se­hen und dem­ent­spre­chend den Ge­wer­be­er­trag um das Er­geb­nis des Ein­kaufsbüros in der Türkei gekürzt. Sie war da­von aus­ge­gan­gen, dass das Ein­kaufsbüro den Be­triebsstätten­be­griff des § 12 AO erfüllt. Das Fi­nanz­amt folgte dem zunächst im Rah­men der Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheide 2004 bis 2006. Nach ei­ner Außenprüfung änderte die Behörde je­doch ihre Ein­schätzung da­hin­ge­hend, dass das Ein­kaufsbüro in der Türkei auf­grund der ausdrück­li­chen An­ord­nung in Art. 5 Abs. 3d DBA-Türkei 1985 nicht als Be­triebsstätte i.S.d. § 9 Nr. 3 GewStG an­zu­se­hen sei. Dem­ent­spre­chend änderte es die streit­ge­genständ­li­chen Be­scheide und gewährte die Kürzung gemäß § 9 Nr. 3 GewStG nicht mehr.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Gründe:
Das FG hatte die von der Kläge­rin bei der Er­mitt­lung des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­tra­ges be­an­spruchte Kürzung des Hin­zu­rech­nungs­be­tra­ges zu Un­recht ab­ge­lehnt.

Der in § 9 Nr. 3 GewStG ver­wen­dete Be­griff der Be­triebsstätte be­stimmt sich nicht nach der De­fi­ni­tion des je­weils ein­schlägi­gen DBA, son­dern nach in­ner­staat­li­chem Recht (Bestäti­gung des BFH-Urt. v. 5.6.1986, Az.: IV R 268/82). Nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung le­gen die Ab­kom­men zur Ver­mei­dung der Dop­pel­be­steue­rung (DBA) le­dig­lich fest, in wel­chem Um­fang die nach in­ner­staat­li­chem Recht be­ste­hende Steu­er­pflicht ent­fal­len soll. Die in den ein­zel­nen DBA vor­ge­nom­mene Be­stim­mung des Be­griffs "Be­triebsstätte" ist des­halb grundsätz­lich nur im Rah­men der DBA an­wend­bar.

Zwar ist der Ge­setz­ge­ber nicht ge­hin­dert, das "Ne­ben­ein­an­der" selbständi­ger Rechts­kreise auf­zu­he­ben. Dies ist vor­lie­gend je­doch nicht ge­sche­hen; § 9 Nr. 3 GewStG lässt eine ab­kom­mens­recht­li­che Verknüpfung nicht er­ken­nen. Viel­mehr ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der Ge­setz­ge­ber der Re­ge­lung al­lein den in­ner­staat­lich de­fi­nier­ten Be­griff zu­grunde le­gen wollte. Denn durch die Kürzungs­vor­schrift des § 9 Nr. 3 GewStG soll letzt­end­lich die Kon­se­quenz aus § 2 Abs. 1 S, 1 u. 3 GewStG ge­zo­gen wer­den; da­nach un­ter­liegt der Ge­wer­be­steuer je­der ste­hende Ge­wer­be­be­trieb, so­weit er im In­land be­trie­ben wird.

Da­mit wird - wie auch die Über­schrift des § 2 GewStG ver­deut­licht - das Ob­jekt der Steu­er­pflicht um­schrie­ben. § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG bringt zu­gleich zum Aus­druck, dass sich die Steu­er­pflicht auf den Ge­wer­be­be­trieb nicht er­streckt, so­weit er im Aus­land be­trie­ben wird. Für den Se­nat ist nicht er­kenn­bar, dass der Ge­setz­ge­ber bei der hier­durch be­ding­ten Kürzung von einem ein­heit­li­chen Verständ­nis der ausländi­schen Be­triebsstätte ab­wei­chen und zwi­schen DBA- und Nicht-DBA-Fällen un­ter­schei­den wollte.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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