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Steuerberatung

Elektronische Übermittlung der Steuererklärung bei persönlicher Unzumutbarkeit

FG Berlin-Brandenburg 14.2.2018, 3 K 3249/17

Liegt eine persönli­che Un­zu­mut­bar­keit der elek­tro­ni­schen Über­mitt­lung auf­grund Me­di­en­in­kom­pe­tenz des Steu­er­erklärungs­pflich­ti­gen vor, ist eine wirt­schaft­li­che Zu­mut­bar­keit der In­an­spruch­nahme ent­gelt­li­cher Un­terstützung da­ne­ben nicht mehr zu prüfen. Eine persönli­che Un­zu­mut­bar­keit der elek­tro­ni­schen Über­mitt­lung auf­grund Me­di­en­in­kom­pe­tenz entfällt nicht da­durch, dass der Steu­er­erklärungs­pflich­tige auf me­di­en­kom­pe­tente, ge­le­gent­lich un­ent­gelt­lich in sei­nem Be­trieb mit­hel­fende Fa­mi­li­en­an­gehörige zurück­grei­fen könnte.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft (haf­tungs­be­schränkt) mit nur einem Ge­schäftsführer. Die­ser war zur maßgeb­li­chen Zeit 64 Jahre alt und von Be­ruf Land­wirt und Fa­mi­li­en­va­ter. Er be­zeich­net sich selbst als "com­pu­ter il­li­te­rate", hin­ge­gen seine Ehe­frau als "Com­pu­ter-Fuchs". Der Ge­schäftsführer be­treibt zum einen öko­lo­gi­sche Land­wirt­schaft mit einem Jah­res­um­satz von ca. 500.000 €. Die Bi­lan­zen die­ses Be­triebs wer­den von einem Steu­er­be­ra­ter er­stellt. Der Be­trieb verfügt über einen Email-An­schluss. Der Ge­schäftsführer gründete zum an­de­ren im Au­gust 2013 als al­lei­ni­ger Ge­sell­schaf­ter die Kläge­rin mit einem Stamm­ka­pi­tal von 500 €. Ge­gen­stand des Un­ter­neh­mens ist die An­lage und der Be­trieb von Kur­zum­triebs­plan­ta­gen.

Die Kläge­rin gab die Um­satz­steu­er­erklärun­gen 2013 und 2014 elek­tro­ni­sch per Els­ter ab. Die Körper­schaft­steu­er­erklärun­gen 2013 und 2014 al­ler­dings in Pa­pier­form auf amt­li­chem Vor­druck, das galt auch für die Jah­res­ab­schlüsse. Die Bi­lan­zen wur­den vom Ge­schäftsführer un­ter­schrie­ben, eine Mit­wir­kung ei­nes Steu­er­be­ra­ters er­gibt sich aus die­sen nicht. Kurz dar­auf for­derte das Fi­nanz­amt die Kläge­rin auf, zur Be­ar­bei­tung der Steu­er­erklärun­gen 2013 und 2014 auch noch die Ge­wer­be­steu­er­erklärun­gen 2013 und 2014 un­ter Hin­weis auf die grundsätz­li­che elek­tro­ni­sche Über­mitt­lungs­pflicht. Die Kläge­rin über­mit­telte dar­auf­hin elek­tro­ni­sch die Ge­wer­be­steu­er­erklärung 2013. Das Fi­nanz­amt nahm die Pa­pier­form für die KSt-Erklärun­gen und die Bi­lan­zen hin und ver­an­lagte die KSt 2013 und 2014 erklärungs­gemäß.

Im März 2017 for­derte das Fi­nanz­amt die Kläge­rin zur Ab­gabe der KSt-, USt- und GewSt-Erklärun­gen für 2015 auf. Dar­auf­hin reichte die Kläge­rin die KSt-Erklärung, GewSt-Erklärung und USt-Erklärung in Pa­pier­form auf amt­li­chem For­mu­lar ein, ebenso den Jah­res­ab­schluss zum 31.12.2015. Das Fi­nanz­amt for­derte die Kläge­rin auf, die drei Steu­er­erklärun­gen und die E-Bi­lanz elek­tro­ni­sch zu über­mit­teln. Auf Pa­pier ein­ge­reichte Steu­er­erklärun­gen und Jah­res­ab­schlüsse gälten als nicht ab­ge­ge­ben. Dar­auf­hin reichte die Kläge­rin die USt-Erklärung 2015 und die GewSt-Erklärung 2015 per Els­ter elek­tro­ni­sch und in­halt­lich iden­ti­sch mit den zu­vor in Pa­pier­form ein­ge­gan­ge­nen Erklärun­gen ein. Die USt-Erklärung ent­hielt nach wie vor we­der Umsätze noch Vor­steu­ern.

Das Fi­nanz­amt setzte dar­auf­hin ein Zwangs­geld von 400 € fest. Die Kläge­rin be­gehrte ge­richt­lich die Frei­stel­lung von der Ver­pflich­tung zur elek­tro­ni­schen Ab­gabe gem. § 150 Abs. 8 AO und die Auf­he­bung des Zwangs­gel­des. Das FG gab der Klage statt. Al­ler­dings wurde zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Kläge­rin hat einen An­spruch auf Ver­zicht auf elek­tro­ni­sche Über­mitt­lung we­gen un­bil­li­ger Härte gem. § 31 Abs. 1a S. 2 KStG u. § 5b Abs. 2 S. 1 EStG, weil der Ge­schäftsführer der Kläge­rin nach sei­nen in­di­vi­du­el­len Kennt­nis­sen und Fähig­kei­ten nicht oder nur ein­ge­schränkt in der Lage ist, die Möglich­kei­ten der Da­ten­fernüber­tra­gung zu nut­zen (§ 150 Abs. 8 S. 1 Alt. 2, S. 2 Alt. 2 AO).

Der Ge­schäftsführer der Kläge­rin ist 64 Jahre alt, von Be­ruf Land­wirt und kann nicht mit Com­pu­tern um­ge­hen. Es liegt da­her ge­nau der Fall vor, den der Ge­setz­ge­ber im Auge hatte. Eine persönli­che Un­zu­mut­bar­keit der elek­tro­ni­schen Über­mitt­lung auf­grund Me­di­en­in­kom­pe­tenz entfällt nicht da­durch, dass der Steu­er­erklärungs­pflich­tige auf me­di­en­kom­pe­tente, ge­le­gent­lich un­ent­gelt­lich in sei­nem Be­trieb mit­hel­fende Fa­mi­li­en­an­gehörige zurück­grei­fen könnte. Kann die zur Erfüllung der steu­er­li­chen Pflich­ten ver­pflich­tete Per­son - wie hier - für sich persönli­che Un­zu­mut­bar­keit gel­tend ma­chen, so kann der Ver­zicht auf elek­tro­ni­sche Über­mitt­lung auch nicht da­mit ab­ge­lehnt wer­den, dass sie sich ent­gelt­li­cher Hilfe Drit­ter, wie z. B. ei­nes ge­werb­lich seine Dienste an­bie­ten­den Buch­hal­ters, der ihm ge­gen Ent­gelt bei der Da­ten­ein­gabe und -über­mitt­lung hilft, oder ei­nes EDV-Ser­vices, be­die­nen könnte.

Liegt eine persönli­che Un­zu­mut­bar­keit der elek­tro­ni­schen Über­mitt­lung auf­grund Me­di­en­in­kom­pe­tenz des Steu­er­erklärungs­pflich­ti­gen vor, ist eine wirt­schaft­li­che Zu­mut­bar­keit der In­an­spruch­nahme ent­gelt­li­cher Un­terstützung da­ne­ben nicht mehr zu prüfen.

Nach­dem die Fi­nanzämter nach Einführung der elek­tro­ni­schen Steu­er­erklärungs­pflicht Erklärun­gen auf Pa­pier weit­ge­hend lange Zeit noch still­schwei­gend ge­dul­det ha­ben, ist seit ei­ni­gen Mo­na­ten eine re­strik­ti­vere Hand­ha­bung zu be­ob­ach­ten. Die Frage, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein An­spruch auf Ver­zicht auf die elek­tro­ni­sche Über­mitt­lung be­steht, wird da­her ver­brei­tet in zu­neh­men­dem Maße re­le­vant. Es er­scheint ins­be­son­dere klärungswürdig und klärungs­bedürf­tig, wes­halb die Re­vi­sion zu­ge­las­sen wurde.

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