Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit nur einem Geschäftsführer. Dieser war zur maßgeblichen Zeit 64 Jahre alt und von Beruf Landwirt und Familienvater. Er bezeichnet sich selbst als "computer illiterate", hingegen seine Ehefrau als "Computer-Fuchs". Der Geschäftsführer betreibt zum einen ökologische Landwirtschaft mit einem Jahresumsatz von ca. 500.000 €. Die Bilanzen dieses Betriebs werden von einem Steuerberater erstellt. Der Betrieb verfügt über einen Email-Anschluss. Der Geschäftsführer gründete zum anderen im August 2013 als alleiniger Gesellschafter die Klägerin mit einem Stammkapital von 500 €. Gegenstand des Unternehmens ist die Anlage und der Betrieb von Kurzumtriebsplantagen.
Im März 2017 forderte das Finanzamt die Klägerin zur Abgabe der KSt-, USt- und GewSt-Erklärungen für 2015 auf. Daraufhin reichte die Klägerin die KSt-Erklärung, GewSt-Erklärung und USt-Erklärung in Papierform auf amtlichem Formular ein, ebenso den Jahresabschluss zum 31.12.2015. Das Finanzamt forderte die Klägerin auf, die drei Steuererklärungen und die E-Bilanz elektronisch zu übermitteln. Auf Papier eingereichte Steuererklärungen und Jahresabschlüsse gälten als nicht abgegeben. Daraufhin reichte die Klägerin die USt-Erklärung 2015 und die GewSt-Erklärung 2015 per Elster elektronisch und inhaltlich identisch mit den zuvor in Papierform eingegangenen Erklärungen ein. Die USt-Erklärung enthielt nach wie vor weder Umsätze noch Vorsteuern.
Das Finanzamt setzte daraufhin ein Zwangsgeld von 400 € fest. Die Klägerin begehrte gerichtlich die Freistellung von der Verpflichtung zur elektronischen Abgabe gem. § 150 Abs. 8 AO und die Aufhebung des Zwangsgeldes. Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Verzicht auf elektronische Übermittlung wegen unbilliger Härte gem. § 31 Abs. 1a S. 2 KStG u. § 5b Abs. 2 S. 1 EStG, weil der Geschäftsführer der Klägerin nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen (§ 150 Abs. 8 S. 1 Alt. 2, S. 2 Alt. 2 AO).
Der Geschäftsführer der Klägerin ist 64 Jahre alt, von Beruf Landwirt und kann nicht mit Computern umgehen. Es liegt daher genau der Fall vor, den der Gesetzgeber im Auge hatte. Eine persönliche Unzumutbarkeit der elektronischen Übermittlung aufgrund Medieninkompetenz entfällt nicht dadurch, dass der Steuererklärungspflichtige auf medienkompetente, gelegentlich unentgeltlich in seinem Betrieb mithelfende Familienangehörige zurückgreifen könnte. Kann die zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten verpflichtete Person - wie hier - für sich persönliche Unzumutbarkeit geltend machen, so kann der Verzicht auf elektronische Übermittlung auch nicht damit abgelehnt werden, dass sie sich entgeltlicher Hilfe Dritter, wie z. B. eines gewerblich seine Dienste anbietenden Buchhalters, der ihm gegen Entgelt bei der Dateneingabe und -übermittlung hilft, oder eines EDV-Services, bedienen könnte.
Liegt eine persönliche Unzumutbarkeit der elektronischen Übermittlung aufgrund Medieninkompetenz des Steuererklärungspflichtigen vor, ist eine wirtschaftliche Zumutbarkeit der Inanspruchnahme entgeltlicher Unterstützung daneben nicht mehr zu prüfen.
Nachdem die Finanzämter nach Einführung der elektronischen Steuererklärungspflicht Erklärungen auf Papier weitgehend lange Zeit noch stillschweigend geduldet haben, ist seit einigen Monaten eine restriktivere Handhabung zu beobachten. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Verzicht auf die elektronische Übermittlung besteht, wird daher verbreitet in zunehmendem Maße relevant. Es erscheint insbesondere klärungswürdig und klärungsbedürftig, weshalb die Revision zugelassen wurde.
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