Der Sachverhalt:
Die im Jahr 1989 geborene Klägerin ist mit einem Grad der Behinderung von 100 schwerbehindert (Merkzeichen Bl, H, G und B). Sie ist Mutter von drei Kindern, die im Februar 2010, Februar 2011 und Oktober 2012 geboren sind. Sie bezog Blindengeld, Leistungen nach dem SGB II sowie Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in der für die Jahre 2010 und 2011 geltenden Fassung (BEEG). Letzteres belief sich zunächst auf 300 € und nach der Geburt des zweiten Kindes auf 375 €.
Das FG wies die Klage, mit der die Familienkasse verpflichtet werden sollte, Kindergeld ab Mai 2010 festzusetzen, ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Die Gründe:
Das FG hat die Leistungen nach dem BEEG, die die Klägerin für die Betreuung und Erziehung von zunächst einem und später von zwei Kindern erhalten hat, zu Unrecht bei der Prüfung einer (Un-)Fähigkeit zum Selbstunterhalt außer Betracht gelassen. Darüber hinaus hat es rechtsfehlerhaft aus dem Umstand, dass in einem Gutachten eine vollschichtige Tätigkeit der Klägerin für möglich gehalten wird, den Schluss gezogen, die Behinderung der Klägerin sei nicht ursächlich für deren mangelnde Fähigkeit, sich selbst zu unterhalten.
Das FG hat zutreffend angenommen, dass das Blindengeld von mtl. rd. 600 € den durch die Blindheit verursachten Mehrbedarf der Klägerin auch insoweit abdeckt, als es den anteiligen Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 S. 3 EStG von mtl. rd. 300 € übersteigt. Denn nach der Rechtsprechung des BFH ist zu vermuten, dass in Höhe des tatsächlich ausgezahlten Blindengeldes ein behinderungsbedingter Mehraufwand besteht. Zu den Bezügen, mit deren Hilfe die Klägerin ihren existenziellen Grundbedarf abdecken kann, gehören auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für die Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II.
Entgegen der Rechtsauffassung des FG zählt auch das Elterngeld zu den Bezügen der Klägerin und ist daher bei der Prüfung der (Un-)Fähigkeit zum Selbstunterhalt einzubeziehen. Das FG war der Ansicht, nur Elterngeld, das den Betrag von 300 € überschreitet, führe zu anzusetzenden Bezügen. Es bezog sich hierzu auf die zur Einkünfte- und Bezügegrenze des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG ergangene Verwaltungsanweisung nach Abschn. 63.4.2.3.1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes. Als Grund für diese Verwaltungsreglung kommt § 10 Abs. 1 BEEG in Betracht, der bestimmt, dass das Elterngeld bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, bis zu einer Höhe von insgesamt 300 € im Monat unberücksichtigt bleibt.
Die Vorschrift ist bei der Prüfung der (Un-)Fähigkeit zum Selbstunterhalt eines Kindes, für das Kindergeld nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG begehrt wird, jedoch schon deshalb nicht anwendbar, weil der Anspruch auf Kindergeld originär dem Kindergeldberechtigten - in der Regel einem Elternteil - zusteht und nicht dem Kind, das wegen eines eigenen Kindes Elterngeld bezieht. In den neueren Verwaltungsanweisungen wird das Elterngeld in vollem Umfang in die Ermittlung der Bezüge eines behinderten Kindes einbezogen. Die Sache ist nicht spruchreif. Aus den Feststellungen des FG geht zwar hervor, dass die Klägerin Elterngeld bezogen hat, nicht aber, ob dieses in allen Monaten des Streitzeitzeitraums bei ihren Bezügen zu berücksichtigen ist.
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