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EMIR-Änderungsverordnung in Kraft getreten

Die In­halte der Markt­in­fra­struk­tur­ver­ord­nung (EMIR-VO) sol­len durch die Eu­ropäische Kom­mis­sion im Rah­men ei­nes ver­pflich­ten­den Re­views (EMIR-RE­FIT) überprüft wer­den, Art. 85 Abs. 1 EMIR-VO. Ziel des Re­views sollte es sein, die An­for­de­run­gen der EMIR-VO ohne Be­einträch­ti­gung ih­rer über­ge­ord­ne­ten Ziele in be­stimm­ten Be­rei­chen an­zu­pas­sen, um die An­for­de­run­gen zu ver­ein­fa­chen, ef­fi­zi­en­ter zu ge­stal­ten und un­verhält­nismäßig hohe Kos­ten und Be­las­tun­gen zu ver­rin­gern.

In­fol­ge­des­sen wurde die EMIR-VO in das RE­FIT-Pro­gramm der Eu­ropäischen Kom­mis­sion auf­ge­nom­men, aus dem im Mai 2017 ein Vor­schlag der Eu­ropäischen Kom­mis­sion für eine Ände­rung der EMIR-VO her­vor­ging.

Nach zweijähri­gen Tri­log­ver­hand­lun­gen auf EU-Ebene wurde am 28.5.2019 die Ver­ord­nung (EU) 2019/834 zur Ände­rung der EMIR-VO im EU-Amts­blatt veröff­ent­licht (Ände­rungs­ver­ord­nung). Diese trat am 17.6.2019 in Kraft und ist von ei­ni­gen we­ni­gen Aus­nah­men ab­ge­se­hen ab die­sem Tag ver­bind­lich an­zu­wen­den.

Hinweis

Die Eu­ropäische Wert­pa­pier- und Markt­auf­sichts­behörde (ESMA) hat am 28.5.2019 ihre Fra­gen und Ant­wor­ten (Q&As) zur EMIR-VO ak­tua­li­siert. Ent­hal­ten sind nun auch Erläute­run­gen zu der Ände­rungs­ver­ord­nung.

Die Ände­rungs­ver­ord­nung nimmt eine breite Pa­lette von An­pas­sun­gen an be­ste­hen­den EMIR-An­for­de­run­gen vor, ins­be­son­dere in Be­zug auf die Klas­si­fi­zie­rung, die Clea­ring­pflicht, die Mar­gen und die Mel­de­pflich­ten:

Klassifizierung von finanziellen Gegenparteien

Als fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­teien i. S. d. Ände­rungs­ver­ord­nung sol­len künf­tig auch die Zen­tral­ver­wah­rer gel­ten - also Un­ter­neh­men, die eine Nach­han­dels­in­fra­struk­tur für die Ab­wick­lung von Wert­pa­pier­trans­ak­tio­nen an­bie­ten (Art 2 Nr. 8 lit. g Ände­rungs­ver­ord­nung). Da­ge­gen sol­len Or­ga­nis­men für ge­mein­same An­la­gen in Wert­pa­pie­ren (OGAW) oder al­ter­na­tive In­vest­ment­fonds (AIF), die aus­schließlich zum Zweck der Durchführung ei­nes oder meh­re­rer Mit­ar­bei­ter­ak­ti­en­kaufpläne ein­ge­rich­tet wur­den, im Ein­klang mit dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit nicht (mehr) als fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­tei gel­ten (Art. 2 Nr. 8 lit. d und lit. f Ände­rungs­ver­ord­nung).

Clearingpflicht

Die Über­schrei­tung der sog. Clea­ring­schwelle löst eine Clea­ring­pflicht aus. Die Be­rech­nung der Clea­ring­schwelle für nicht fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­teien gemäß Art. 10 der Ände­rungs­ver­ord­nung soll künf­tig nicht mehr kon­ti­nu­ier­lich an­hand der glei­ten­den Durch­schnitts­po­si­tion über einen Zeit­raum von 30 Ar­beits­ta­gen be­rech­net wer­den, son­dern ein­mal jähr­lich auf der Grund­lage der ag­gre­gier­ten durch­schnitt­li­chen Mo­nats­end­po­si­tion für die letz­ten zwölf Mo­nate. Die Clea­ring­pflicht gilt künf­tig nur noch in Be­zug auf die Ka­te­go­rien von OTC-De­ri­va­ten, bei de­nen die Clea­ring­schwelle tatsäch­lich über­schrit­ten wurde.

Hinweis

Nicht­fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­teien, die sich da­ge­gen ent­schei­den, ihre Po­si­tion in Be­zug auf die Clea­ring­schwel­len zu be­rech­nen, ha­ben dies der Ba­Fin und der ESMA zu mel­den und sind dann in Be­zug auf alle Ka­te­go­rien von OTC-De­ri­va­ten clea­ring­pflich­tig.

Die Clea­ring­schwelle soll künf­tig auch für fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­teien gel­ten (Art. 4a Ände­rungs­ver­ord­nung). So­bald die Schwelle für eine Ka­te­go­rie von OTC-De­ri­va­ten (be­rech­net auf Grup­pen­ebene) über­schrit­ten wird, wird die fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­tei in Be­zug auf alle Ka­te­go­rien von OTC-De­ri­va­ten clea­ring­pflich­tig.

Hinweis

Fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­teien mit nur ge­rin­gem Ak­ti­vitätsvo­lu­men auf den OTC-De­ri­va­temärk­ten gel­ten als we­ni­ger ri­si­ko­reich und können von die­ser Aus­nahme pro­fi­tie­ren.

Mit der Ände­rungs­ver­ord­nung wurde die Pflicht für di­rekte und in­di­rekte An­bie­ter von Clea­ring­diens­ten ein­geführt, ihre Dienste zu „fai­ren, an­ge­mes­se­nen, nicht­dis­kri­mi­nie­ren­den und trans­pa­ren­ten Ge­schäfts­be­din­gun­gen“ (sog. FRAND-Be­din­gun­gen) zu er­brin­gen. Da­durch soll ins­bes. klei­ne­ren Markt­teil­neh­mern, die Schwie­rig­kei­ten ha­ben Clea­ring-Mit­glie­der zu fin­den, der Zu­gang zum zen­tra­len Clea­ring ermöglicht bzw. er­leich­tert wer­den (Art. 4 Abs. 3a Ände­rungs­ver­ord­nung).

Hinweis

Die Eu­ropäische Kom­mis­sion wird gleich­zei­tig be­auf­tragt, de­le­gierte Rechts­akte zu er­las­sen, die die Vor­aus­set­zun­gen für die sog. FRAND-Be­din­gun­gen kon­kre­ti­sie­ren sol­len. Die Ein­hal­tung der FRAND-Be­din­gun­gen ist dann ab dem 18.6.2021 ver­pflich­tend.

Das der­zei­tige Ver­fah­ren zur Aus­set­zung der Clea­ring­pflicht er­for­dert eine Ände­rung der tech­ni­schen Re­gu­lie­rungs­stan­dards und ist ins­be­son­dere in Kri­sen­zei­ten sehr zeit­aufwändig. Künf­tig kann die ESMA (u.U. auch auf An­trag der für die Be­auf­sich­ti­gung der Clea­ring­mit­glie­der zuständi­gen Behörden) die Eu­ropäische Kom­mis­sion auf­for­dern, die Clea­ring­pflicht für be­stimmte Ka­te­go­rien von OTC-De­ri­va­ten oder Ar­ten von Ge­gen­par­teien aus­zu­set­zen. Dies ist je­doch nur un­ter be­stimm­ten Be­din­gun­gen und vorüber­ge­hend, je­doch max. für zwölf Mo­nate, möglich (Art. 6a Ände­rungs­ver­ord­nung).

Hinweis

Eine dau­er­hafte Aus­set­zung ist nach wie vor nur durch eine Ände­rung ei­nes de­le­gier­ten Rechts­akts möglich.

Initial Margins

Die zen­tra­len Ge­gen­par­teien soll­ten ih­ren Clea­ring­mit­glie­dern In­stru­mente zur Si­mu­la­tion ih­rer Ein­schus­san­for­de­run­gen und einen de­tail­lier­ten Über­blick über die von ih­nen ver­wen­de­ten Mo­delle für die Be­rech­nung der Ein­schuss­zah­lun­gen zur Verfügung stel­len (Art. 38 Abs. 7 Ände­rungs­ver­ord­nung). Da­durch wird die Trans­pa­renz und Be­re­chen­bar­keit der Ein­schuss­zah­lun­gen (In­itial Mar­gins) erhöht und zen­trale Ge­gen­par­teien da­von ab­ge­hal­ten, ihre Mo­delle zur Be­rech­nung der Ein­schuss­zah­lun­gen in ei­ner Weise zu verändern, die pro­zy­kli­sch er­schei­nen könnte.

Hinweis

Die Si­mu­la­tio­nen sind zwar nicht bin­dend, die Clea­ring­mit­glie­der könn­ten sich je­doch da­durch bes­ser auf wahr­schein­lich künf­tig an­fal­lende Mar­gin-Calls vor­be­rei­ten. Die neue Re­ge­lung ist ab dem 18.12.2019 ver­bind­lich an­zu­wen­den.

Meldepflichten

Bis­her muss­ten auch his­to­ri­sche Kon­trakt­da­ten, d.h. Kon­trakte die vor dem In­kraft­tre­ten der EMIR-VO ge­schlos­sen wur­den, an das Trans­ak­ti­ons­re­gis­ter ge­mel­det wer­den. Dies hat zu ho­hen Mel­de­ausfällen und Qua­litätsde­fi­zi­ten bei den ge­mel­de­ten Da­ten geführt. Aus die­sem Grund wurde die Pflicht zur Mel­dung his­to­ri­scher Kon­trakte auf­ge­ho­ben. Künf­tig gilt die Mel­de­pflicht nur noch für De­ri­va­te­kon­trakte, die vor dem 12. 2.2014 ge­schlos­sen und zu die­sem Zeit­punkt noch aus­stan­den, bzw. am oder nach dem 12.2.2014 ge­schlos­sen wur­den (Art. 9 Abs. 1 Ände­rungs­ver­ord­nung).

Darüber hin­aus wurde der Mel­de­auf­wand für nicht­fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­teien in Be­zug auf OTC-De­ri­vate-Kon­trakte, die kei­ner Clea­ring­pflicht un­ter­lie­gen, ver­rin­gert. So soll künf­tig die Ver­ant­wor­tung grundsätz­lich bei der fi­nan­zi­el­len Ge­gen­par­tei lie­gen, die letzt­end­lich für beide Kon­tra­hen­ten die Mel­dung ab­zu­ge­ben hat (Art. 9 Abs. 1a Ände­rungs­ver­ord­nung). In die­sem Fall hat die nicht­fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­tei je­doch alle für die Mel­dung re­le­van­ten Ein­zel­hei­ten der fi­nan­zi­el­len Ge­gen­par­tei zu über­mit­teln und ist für de­ren Rich­tig­keit ver­ant­wort­lich.

Hinweis

Diese neuen Re­ge­lun­gen sind erst ab dem 18.6.2020 ver­bind­lich ein­zu­hal­ten. Bis zu die­sem Zeit­punkt hat auch die ESMA Entwürfe tech­ni­scher Durchführungs­stan­dards zur Gewähr­leis­tung ein­heit­li­cher Be­din­gun­gen für die An­wen­dung der neuen Mel­de­pflich­ten aus­zu­ar­bei­ten und der Eu­ropäischen Kom­mis­sion vor­zu­le­gen.

Ge­schäfte zwi­schen Ge­gen­par­teien in­ner­halb ei­ner Un­ter­neh­mens­gruppe, bei de­nen min­des­tens eine Ge­gen­par­tei eine nicht­fi­nan­zi­elle Ge­gen­par­tei ist, wer­den un­abhängig vom Ort der Nie­der­las­sung der nicht­fi­nan­zi­el­len Ge­gen­par­tei, von der Mel­de­pflicht aus­ge­nom­men (Art. 9 Abs. 1 Ände­rungs­ver­ord­nung).

Hinweis

Hierfür müssen je­doch wei­tere, en­gere Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sein.

Fazit

Ob­wohl der EMIR-RE­FIT ei­nige Überg­angs­fris­ten enthält, sind diese von Na­tur aus re­la­tiv be­grenzt. Ins­be­son­dere gilt die Ände­run­gen der Be­rech­nung der Clea­ring­schwelle un­mit­tel­bar mit dem In­kraft­tre­ten der Ände­rungs­ver­ord­nung. Von fi­nan­zi­el­len und nicht­fi­nan­zi­el­len Ge­gen­par­teien wird da­her er­war­tet, dass sie in der Zwi­schen­zeit be­reits alle für die Be­rech­nung er­for­der­li­chen Da­ten und In­for­ma­tio­nen er­ho­ben ha­ben, um mit In­kraft­tre­ten der Ände­rungs­ver­ord­nung für die Be­rech­nung der Clea­ring­schwelle be­reit zu sein. In al­len an­de­ren Fällen sind ggf. vor­han­dene Pro­zesse zu ak­tua­li­sie­ren bzw. neue ein­zu­rich­ten.

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