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Steuerberatung

Emissionsrendite bei absolutem Zinsbetrag und festgeschriebener Laufzeit

BFH 12.7.2017, VIII R 48/14

Wird ein ab­so­lu­ter Zins­be­trag für eine Ka­pi­tal­for­de­rung ver­ein­bart, liegt eine von vorn­her­ein zu­ge­sagte, ein­deu­tig ab­grenz- und be­zif­fer­bare Emis­si­ons­ren­dite vor, auch wenn der Zins­be­trag nur auf einen sog. Be­ob­ach­tungs­zeit­raum der ge­sam­ten Lauf­zeit be­zo­gen war.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger er­warb am 31.5.2007 fünf "Call War­rant EUR Lock in Bull Cer­ti­fi­ca­tes on the DAX" (Op­tio­nen) zum Kurs­wert von ins­ge­samt 225.000 € zzgl. 2.250 € Pro­vi­sion. Ba­sis­wert der Op­tio­nen wa­ren "EUR Lock in Bull Cer­ti­fi­ca­tes on the DAX" (Zer­ti­fi­kate). Die Zer­ti­fi­kate im No­mi­nal­wert von je 50.000 € hat­ten eine Lauf­zeit vom 31.5.2007 bis zum 1.10.2008. Als "Ob­ser­va­tion Date" war der 28.7.2008 fest­ge­legt, als Ver­zin­sung war für den Zeit­raum vom 31.5.2007 bis zum 28.7.2008 ein Be­trag von 333 € je Zer­ti­fi­kat vor­ge­se­hen. Da­ne­ben mus­ste der Emit­tent je nach Er­rei­chen bzw. Nicht­er­rei­chen von in Abhängig­keit zum Re­fe­renz­wert fest­ge­leg­ten Ober- und Un­ter­gren­zen während der Be­ob­ach­tungs­phase (31.5.2007 bis 28.7.2008) zwi­schen 180 % und 15 % des No­mi­nal­werts zah­len.

Im März 2008 wurde die fest­ge­legte Un­ter­grenze un­ter­schrit­ten, so dass der Emit­tent am Ende der Lauf­zeit - ne­ben dem Zins von 333 € - 15 % des No­mi­nal­werts zu zah­len hatte. Der Kläger übte die Op­tion zum Er­werb der Zer­ti­fi­kate aus und veräußerte diese im Mai 2008 zum Kurs­wert. Das Bank­haus A be­schei­nigte ihm ne­ga­tive (ausländi­sche) Ka­pi­tal­erträge i.H.v. rd. 210.000 € nebst Auf­wen­dun­gen i.H.v. rd. 28.000 €.

In der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr (2008) machte der Kläger, der zu­sam­men mit sei­ner Ehe­frau (Kläge­rin) ver­an­lagt wird, die­sen Ver­lust gel­tend. Das Fi­nanz­amt er­kannte den Ver­lust un­ter Ver­weis auf die vom BFH in sei­nem Ur­teil vom 4.12.2007 (VIII R 53/05) ent­wi­ckel­ten Grundsätze nur zum Teil bei den Einkünf­ten des Klägers aus § 20 EStG 2008 an.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläger hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat die An­er­ken­nung wei­te­rer ne­ga­ti­ver Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG 2008 (Markt­ren­dite) zu Recht ver­sagt.

Ka­pi­tal­for­de­run­gen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2008 sind auf Geld­leis­tun­gen ge­rich­tete For­de­run­gen ohne Rück­sicht auf die Dauer der Ka­pi­talüber­las­sung oder den Rechts­grund des An­spruchs. Mit den Zer­ti­fi­ka­ten hatte der Kläger eine auf Geld­leis­tung ge­rich­tete For­de­rung ge­gen den Emit­ten­ten er­wor­ben, denn die­ser mus­ste dem Zer­ti­fi­kats­in­ha­ber aus­weis­lich der Emis­si­ons­be­din­gun­gen zum ver­ein­bar­ten Rück­zah­lungs­ter­min (1.10.2008) selbst bei ungüns­tigs­tem Ver­lauf min­des­tens 15 % des No­mi­nal­werts zah­len. Da die Höhe des Er­trags von einem un­ge­wis­sen Er­eig­nis - der Ent­wick­lung des DAX in­ner­halb des Be­ob­ach­tungs­zeit­raums - ab­hing, un­ter­fal­len die Zer­ti­fi­kate auch § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Buchst. c Alt. 2 EStG 2008.

Der von den Klägern be­gehrte An­satz der Markt­ren­dite gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG 2008 schei­det in­des aus, denn die Zer­ti­fi­kate hat­ten eine ein­deu­tig ab­grenz­bare Emis­si­ons­ren­dite. Als Emis­si­ons­ren­dite ist die vom Emit­ten­ten bei der Be­ge­bung der An­lage von vorn­her­ein zu­ge­sagte, ein­deu­tig ab­grenz- und be­zif­fer­bare Ren­dite zu ver­ste­hen, die bis zur Einlösung des Pa­piers bzw. Endfällig­keit der Ka­pi­tal­for­de­rung mit Si­cher­heit er­zielt wer­den kann. Eine Emis­si­ons­ren­dite ist bei ei­ner nur ge­ringfügi­gen Min­dest­ver­zin­sung zu ver­nei­nen, wenn tatsäch­lich nach den ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen eine höhere, aber nicht ge­nau be­zif­fer­bare Ver­zin­sung vor­ge­se­hen ist. Die Zer­ti­fi­kate hat­ten eine sol­che Emis­si­ons­ren­dite, denn sie wa­ren mit 333 € zu ver­zin­sen. Dies war der Er­trag, der von dem Kläger während der Lauf­zeit der Zer­ti­fi­kate mit Si­cher­heit er­zielt wer­den konnte.

Dass der Zins­be­trag von 333 € nur auf den sog. Be­ob­ach­tungs­zeit­raum be­zo­gen war, steht dem nicht ent­ge­gen. Eine nach einem Pro­zent­satz be­mes­sene Ver­zin­sung ist zur Be­stim­mung des Zins­er­tra­ges nur er­for­der­lich, wenn eine un­be­stimmte Lauf­zeit ver­ein­bart ist. Bei ei­ner fest­ge­schrie­be­nen Lauf­zeit be­darf es ei­ner sol­chen nicht. In die­sem Fall kann der Zins­er­trag auch durch die Ver­ein­ba­rung ei­nes kon­kre­ten Be­trags be­stimmt wer­den. Mit die­sem Be­trag le­gen die Be­tei­lig­ten den Zins­er­trag fest, der über die Lauf­zeit der Zer­ti­fi­kate zu er­zie­len ist, auch wenn die Zins­re­ge­lung for­mal an einen kürze­ren Zeit­raum anknüpft. Die Emis­si­ons­ren­dite war auch ein­deu­tig ab­grenz­bar, denn Ka­pi­tal­nut­zungs­ent­gelt und Wert­ent­wick­lung des ein­ge­setz­ten Ka­pi­tals wa­ren klar trenn­bar. Die von der Kurs­ent­wick­lung des DAX abhängige Wert­ent­wick­lung des von dem Emit­ten­ten zurück­zu­zah­len­den Ka­pi­tals war nicht in das Ka­pi­ta­lent­gelt ein­ge­bun­den.

Der An­satz der Markt­ren­dite ist nicht mit § 52a Abs. 10 S. 7 letz­ter Halbs. EStG zu begründen. Die Norm, die gemäß Art. 39 Abs. 8 JStG 2009 erst­mals ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2009 an­zu­wen­den ist, be­stimmt als Überg­angs­re­ge­lung die Be­hand­lung der Veräußerung oder Einlösung von Ka­pi­tal­for­de­run­gen i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG in der am 31.12.2008 an­zu­wen­den­den Fas­sung nach Maßgabe der ab 2009 gel­ten­den Ab­gel­tung­steuer. Sie be­trifft Veräußerungs- und Einlösungs­vorgänge in den Jah­ren ab 2009, nicht aber ent­spre­chende Vorgänge, die - wie hier - im Jahr 2008 ab­ge­schlos­sen wur­den (Alt­fall). Schon aus die­sem Grund ist sie nicht ge­eig­net, der Se­nats­recht­spre­chung für diese Altfälle "den Bo­den zu ent­zie­hen", und zwar auch dann nicht, wenn die Ver­an­la­gung noch nicht be­standskräftig ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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