Das Strompreisbremsengesetz (StromPBG) sowie das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG), im Folgenden kurz: „Energiepreisbremsen“, sind am 24.12.2022 in Kraft getreten und wurden bereits durch das am 03.08.2023 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetzes, zur Änderung des Strompreisbremsegesetzes sowie zur Änderung weiterer energiewirtschaftlicher und sozialrechtlicher Gesetze, geändert.
Daneben finden regelmäßige Überprüfungen des Wirtschaftsministeriums zur Anpassung der Differenzbeträge statt, letztmals mit Rechtsverordnung 20/7538 zur Änderung der Differenzbetragsanpassungsverordnung, nach der abweichend zu den bisherigen Regelungen vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 bei bestimmten Letztverbrauchern mit Entlastungen von mehr als 2 Mio. Euro, die Referenzpreise für leitungsgebundenes Erdgas von 8 ct/KWh auf 6 ct/KWh und bei Letztverbrauchern von Strom von 24 ct/KWh auf 18 ct/KWh weiter herabgesetzt werden.
Die Energiepreisbremsen bieten zusätzlich zu bereits bestehenden Maßnahmen wie dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) weitere Möglichkeiten zur Entlastung des Gas- und Wärmeverbrauchs und zusätzlich des Stromverbrauchs sowohl für Unternehmen als auch für Haushaltskunden. Einige dieser Entlastungen erfordern jedoch, dass bestimmte Voraussetzungen von den Begünstigten nachgewiesen werden müssen.
Für die Abschlusserstellung von Unternehmen in der Energiebranche stellen sich Fragen in Bezug auf die bilanzielle Abbildung der Energiepreisbremsen bei den Lieferanten (LF) bzw. Energieversorgungsunternehmen (EVU) und den Verteilernetzbetreibern (VNB) sowie hinsichtlich der bilanziellen Abbildung der Überschusserlösabschöpfung auf Ebene der stromerzeugenden Anlagenbetreiber (SEAB) und der Verteilernetzbetreiber (VNB).
Bilanzielle Abbildung der Energiepreisbremsen
Energieversorgungsunternehmen (EVU) gemäß § 4 StromPBG, Erdgaslieferanten gemäß § 3 EWPBG und Wärmeversorgungsunternehmen gemäß § 11 EWPBG, im Folgenden "Lieferanten", sind als Beteiligte durch die beiden Gesetze dazu verpflichtet, den Letztverbrauchern/Kunden die vorgesehenen Entlastungen zu gewähren.
Im Gegenzug haben die Lieferanten einen Erstattungsanspruch in Höhe der Entlastungsbeträge entweder gegen die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 31 EWPBG, im Fall von Erdgas und Wärme, oder gemäß § 20 StromPBG gegenüber ihrem jeweils regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), im Fall von Strom. Vorab können die Lieferanten Vorauszahlungen auf ihren Erstattungsanspruch beantragen, die anstelle der Zahlung des Letztverbrauchers oder Kunden treten (gemäß § 32 EWPBG und § 22a StromPBG).
Nach Auffassung des Energiefachausschusses des IDW (EFA) gelten hinsichtlich der Frage der handelsbilanziellen Behandlung der Entlastungsbeträge nach dem EWPBG und dem StromPBG bei den Lieferanten die gleichen Überlegungen wie zu dem EWSG.
Ausweis in der (Konzern-)Gewinn- und Verlustrechnung:
Die Umsatzrealisierung bleibt durch die Energiepreisbremsen selbst unberührt und basiert weiterhin lediglich auf den vereinbarten Preisen bzw. Tarifen, entweder anhand einer Stichtagsablesung oder einer sachgerechten Verbrauchsabgrenzung (Sukzessiv Lieferung).
Ausweis in der (Konzern-)Bilanz:
Die gewährten Entlastungsbeträge werden hierbei dem Kundenkonto des Letztverbrauchers als Leistung von dritter Seite gutgeschrieben. Die Lieferanten erfassen in ihrer Buchführung eine Forderung gegen die Bundesrepublik Deutschland im Falle des EWPBG oder gegen den Übertragungsnetzbetreiber, soweit es sich um Entlastungen nach dem StromPBG handelt, in Höhe der gewährten Erstattung. Bis zur Verbrauchsabrechnung oder -abgrenzung des Letztverbrauchers/Kunden stellen die vom ÜNB vereinnahmten Zahlungen beim Lieferanten, genauso wie die Abschlagszahlungen der Letztverbraucher/Kunden selbst, erhaltene Anzahlungen dar. Sollte sich im Rahmen der Verbrauchsabrechnung bzw. -abgrenzung herausstellen, dass der gewährte Entlastungsbetrag gegenüber dem Kunden zu hoch war, lebt die ursprüngliche Forderung gegen den Kunden wieder auf. Falls der Betrag bereits von der Bundesrepublik Deutschland oder dem Übertragungsnetzbetreiber erstattet wurde, muss eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe passiviert werden.
Hinweis: Bei der Rechnungstellung von Energieversorgern ergeben sich einige Besonderheiten und umsatzsteuerliche Risiken. Durch eine falsche Rechnungsausstellung kann es zu einem zu niedrigen Vorsteuerabzug durch den Letztverbraucher kommen. Daher sollten Energieversorger darauf achten, dass die Entlastungen nach den Energiepreisbremsen nicht zu einer Minderung des Umsatzsteuerausweises führen.
Bilanzielle Fragen im Hinblick auf die Überschusserlösabschöpfung
Zur Finanzierung der Entlastungsbeträge nach dem StromPBG haben bestimmte stromerzeugende Anlagenbetreiber (SEAB), wie bspw. von PV-Anlagen, Windparks, Kernkraftwerken oder Braunkohlekraftwerken, gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 StromPBG die Verpflichtung, 90 % der Überschusserlöse, die sie im jeweiligen Abrechnungszeitraum (1. Abrechnungszeitraum vom 01.12.2022 bis 31.03.2023 sowie 2. Abrechnungszeitraum vom 01.04.2023 bis 30.06.2023) aus den in ein öffentliches Netz eingespeisten Strommengen, die nach dem 01.12.2022 und vor dem 01.07.2023 erzeugt wurden, nach den Regelungen der §§ 13 ff. StromPBG an den angeschlossenen Netzbetreiber abzuführen. Die Zahlung muss gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 StromPBG bis zum 15. Kalendertag des fünften Monats erfolgen, der auf den jeweiligen Abrechnungszeitraum folgt (1. Zahlung bis 15.08.2023 / 2. Zahlung bis 15.11.2023). Die Regelungen zur Abschöpfung von Überschusserlösen liefen am 30.06.2023 endgültig aus.
Zur Ermittlung der sog. erwirtschafteten Überschusserlöse (§ 14 Abs. 2 und 3 i.V.m. §§ 16 bis 18 StromPBG) besteht ein Wahlrecht, positive und negative Ergebnisse aus Absicherungsgeschäften vor dem 01.11.2022 zu berücksichtigen (§ 17 Satz 1 Nr. 1 StromPBG). Das Ergebnis ist hierbei für jede Erzeugungsanlage zu ermitteln und entspricht der Summe der Fair Value Ergebnisse aller Absicherungsgeschäfte, die für diese Erzeugungsanlage zur finanziellen Absicherung abgeschlossen wurden.
Zur Berechnung haben die ÜNB auf Ihrer gemeinsamen Internetseite Netztransparenz.de ein Berechnungstool veröffentlicht.
Schematischer Abwicklungsprozess der Überschusserlösabschöpfung:
Bilanzierung bei den Verteilernetzbetreibern (VNB)
Der Betreiber von Stromerzeugungsanlagen (SEAB) übermittelt die erforderlichen Daten an den ÜNB (§ 29 StromPBG), welcher prüft, ob die Abrechnung anerkannt werden kann. Der ÜNB gibt dem Verteilnetzbetreiber (VNB) vor, in welcher Höhe dieser den Abschöpfungsbetrag einziehen und nach Zahlungseingang an den ÜNB weiterleiten muss.
- Ausweis in der (Konzern-)Gewinn- und Verlustrechnung:
Im Prozess der Überschusserlösabschöpfung fungiert der Verteilernetzbetreiber (VNB) als Zahlstelle und leitet nach Einschätzung des EFA in der Rolle eines Treuhänders den Abschöpfungsbetrag lediglich an den Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ohne Berührung der Gewinn- und Verlustrechnung weiter.
- Ausweis in der (Konzern-)Bilanz:
Der VNB erfasst erst mit Zahlungseingang des Abschöpfungsbetrags ohne Berührung der Gewinn- und Verlustrechnung eine Verbindlichkeit gegenüber dem ÜNB in der Bilanz.
Dies schließt nicht aus, dass der VNB über eine Nebenbuchhaltung verfolgt, welchen Betrag er vom Betreiber der Stromerzeugungsanlage zu erwarten hat. Die Situation ist vergleichbar mit der Anforderung von Anzahlungen auf Bestellungen, die ebenfalls erst mit dem Zahlungseingang passiviert werden. In der buchhalterischen Erfassung werden die Zahlungseingänge der Anlagenbetreiber und die Verbindlichkeiten gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber mit gleichen Beträgen gegenübergestellt und somit ausgeglichen.
Entstehen dem VNB durch die Vorbereitung und Durchführung der Abschöpfung von Überschusserlösen Mehrkosten, hat er in Höhe dieser Mehrkosten einen finanziellen Erstattungsanspruch gegenüber dem vorgelagerten ÜNB (§ 22 Abs. 2 StromPBG). Die Erstattung der Mehrkosten wird gemäß § 277 Abs. 1 HGB als Umsatzerlös verbucht. Eine Verrechnung der Mehrkosten ist aufgrund des Saldierungsverbots gemäß § 246 Abs. 2 HGB nicht zulässig.
Bilanzierung bei den stromerzeugenden Anlagenbetreibern (SEAB)
- Ausweis in der (Konzern-)Bilanz:
In der Bilanz der stromerzeugenden Anlagenbetreiber wird der Abschöpfungsbetrag als sonstige Rückstellung (§ 266 Abs. 3 B. 3. HGB/IAS 37 und IAS 1.54) ausgewiesen, wenn Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe des Betrags bestehen, der an den Verteilnetzbetreiber und schließlich an den Übertragungsnetzbetreiber gezahlt werden muss. Dies ist in der Regel der Fall, wenn Anpassungen gemäß § 17 StromPBG in Verbindung mit Ergebnissen aus Absicherungsgeschäften durchgeführt werden müssen. Wenn jedoch keine Unsicherheit hinsichtlich der Höhe der Schuld besteht, ist der Abschöpfungsbetrag als sonstige Verbindlichkeit (§ 266 Abs. 3 C. 8. HGB/IAS 1.54(k)) im Jahresabschluss auszuweisen.
- Ausweis in der (Konzern-)Gewinn- und Verlustrechnung:
In der Gewinn- und Verlustrechnung wird der Abschöpfungsbetrag gemäß § 275 Abs. 2 Nr. 8 bzw. Abs. 3 Nr. 7 bzw. Abs. 5 Nr. 6 HGB unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen verbucht. Auch nach IFRS soll ein Ausweis innerhalb des operativen Ergebnisses unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen erfolgen oder alternativ als zusätzlicher Posten, wenn der Sachverhalt für das Verständnis der Ertragslage besonders relevant ist (IAS 1.85). Eine Minderung der Umsatzerlöse ist nicht sachgerecht, da diese gemäß der IDW EFA-Berichterstattung aus der Vermarktung des Stroms an einen Kunden resultieren, während es sich bei der Überschusserlösabschöpfung um eine Zahlung an einen Dritten aus einem anderen Rechtsgrund handelt. Auch aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass es sich bei der Überschusserlösabschöpfung lediglich um einen Finanzierungsmechanismus der Strompreiskompensation handelt, der auf fiktiven Erlösen beruht, weshalb eine Kürzung der echten Umsatzerlöse nicht erfolgen soll. Ebenfalls scheidet mangels eines Steuercharakters der Schuld sowohl nach HGB wie auch nach IFRS ein Ausweis des Aufwands unter den Steuern vom Einkommen und vom Ertrag oder den sonstigen Steuern aus.
Hinweise:
In der Kapitalflussrechnung wird die mit der Zahlung des Abschöpfungsbetrags einhergehende Minderung des Kapitalmittelfonds dem Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit (DRS 21.9) zugeordnet.
Im Anhang müssen dann Angaben gemacht werden, wenn es sich um einen Sachverhalt von außergewöhnlicher Bedeutung handelt und der Betrag nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Gemäß § 285 Nr. 31 Alt. 2 bzw. § 314 Abs. 1 Nr. 23 Alt. 2 HGB sind daher Angaben bezüglich des Betrags und der Art der Abschöpfung im Anhang zu machen.
Autoren: Markus Mock, Sebastian Lehmann