deen

Steuerberatung

Entgeltumwandlung: Pensionsrückstellung für Alleingesellschafter-Geschäftsführer

BFH v. 27.5.2020 - XI R 9/19

Der An­satz ei­ner Pen­si­onsrück­stel­lung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 Halb­satz 2 EStG setzt eine Ent­gelt­um­wand­lung i.S.v. § 1 Abs. 2 Be­trAVG vor­aus. Diese Vor­aus­set­zung ist nicht erfüllt, wenn eine GmbH ih­rem Al­lein­ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer eine Ver­sor­gungs­zu­sage aus Ent­gelt­um­wand­lun­gen gewährt, da der Al­lein­ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer der GmbH kein Ar­beit­neh­mer i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 oder 2 Be­trAVG ist. Die darin lie­gende Be­vor­zu­gung von Pen­si­onsrück­stel­lun­gen für Ar­beit­neh­mer i.S.d. Be­trAVG ist ver­fas­sungs­gemäß.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist, ob im Fall ei­ner ver­trag­lich ver­ein­bar­ten un­ver­fall­ba­ren Pen­si­ons­zu­sage der Teil­wert-/Bar­wert­ver­gleich nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 Halb­satz 2 EStG zur An­wen­dung kommt. Die kla­gende GmbH wurde zum 12.6.2013 gegründet. Sie über­nahm Vermögens­werte und An­teile der A-GmbH. Al­lein­ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer war im Streit­jahr 2014 A. Die Kläge­rin über­nahm mit Ver­ein­ba­rung vom 15.1.2014 auch die be­ste­hende Ver­sor­gungs­zu­sage der A-GmbH für den im Jahr 1963 ge­bo­re­nen A. Wei­ter­hin gewährte sie A am 28.2.2014 eine wei­tere Ver­sor­gungs­zu­sage (Al­ters­rente oder vor­zei­tige Al­ters­rente so­wie Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung durch Wit­wen- und Wai­sen­ren­ten­zu­sage) aus Ent­gelt­um­wand­lun­gen. Der mtl. Bei­trag des A be­trug laut An­lage zur Ver­ein­ba­rung vom 28.2.2014 bis auf wei­te­res 4.500 € und wurde von der Kläge­rin (erst­mals ab Fe­bruar 2014) ein­be­hal­ten. Mit Ver­ein­ba­rung vom 25.8.2014 wurde der mtl. Bei­trag ab 1.9.2014 bis auf wei­te­res auf 3.500 € fest­ge­legt (Ge­samt­be­trag im Streit­jahr: 45.500 €).

Die in der Bi­lanz der Kläge­rin zum 31.12.2014 aus­ge­wie­sene Pen­si­onsrück­stel­lung be­trifft mit einem Teil­be­trag von rd. 315.000 € die ar­beit­ge­ber­fi­nan­zierte Pen­si­ons­zu­sage für A. Auf die ar­beit­neh­mer­fi­nan­zierte Pen­si­ons­zu­sage entfällt ein an­tei­li­ger Rück­stel­lungs­be­trag von rd. 46.500 €. Aus ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­schen Be­rech­nun­gen er­gibt sich für die Ver­sor­gungs­zu­sage vom 28.2.2014 zum 31.12.2014 bei ei­ner Be­mes­sungs­grund­lage von 45.500 € für den Ver­sor­gungs­bau­stein 2014 ein End­ka­pi­tal­wert zum Ren­ten­ein­tritt von rd. 100.000 €, ein Teil­wert von rd. 4.900 € (Dif­fe­renz des Bar­werts der künf­ti­gen Pen­si­ons­leis­tun­gen am Schluss des Wirt­schafts­jah­res ab­zgl. des sich auf den­sel­ben Zeit­punkt er­ge­ben­den Bar­werts be­tragsmäßig gleich­blei­ben­der Jah­res­beträge) und ein Bar­wert von rd. 46.500 € (Bar­wert der un­ver­fall­ba­ren künf­ti­gen Pen­si­ons­leis­tun­gen am Schluss des Wirt­schafts­jah­res).

Im Jahr 2016 fand u.a. für das Streit­jahr bei der Kläge­rin eine Außenprüfung statt. Die Fachprüfe­rin für ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sche Fra­gen nahm an, es seien bei der Be­rech­nung der Rück­stel­lung nicht nur der Ver­sor­gungs­bau­stein des Streit­jah­res, son­dern alle Ver­sor­gungs­bau­steine bis zum Ein­tritt des Ver­sor­gungs­falls und un­ter Berück­sich­ti­gung ei­ner lau­fen­den Al­ters­rente bei der Be­rech­nung zu berück­sich­ti­gen. Die Rück­stel­lung für die ar­beit­neh­mer­fi­nan­zierte Ver­sor­gungs­zu­sage sei aber nicht mit dem Bar­wert, son­dern gem. R 6a Abs. 12 Satz 4 der Ein­kom­men­steuer-Richt­li­nien (EStR) mit dem Teil­wert zu be­wer­ten, da sie (nur) auf­grund ei­ner ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung un­ver­fall­bar sei. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 Halb­satz 2 EStG gelte nur bei ei­ner Ent­gelt­um­wand­lung i.S.v. § 1 Abs. 2 Be­trAVG, die kraft Ge­set­zes un­ver­fall­bar sei. Auf A als be­herr­schen­den Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer sei das Be­trAVG in­des nicht an­wend­bar. Der Teil­wert für die Ver­sor­gungs­zu­sage zum 31.12.2014 be­trage da­her rd. 43.000 €. Das Fi­nanz­amt folgte im Körper­schaft­steuer-Ände­rungs­be­scheid die­ser Auf­fas­sung und min­derte in­so­weit die von der Kläge­rin ge­bil­dete Rück­stel­lung um rd. 4.000 €.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hat zu Un­recht da­hin er­kannt, dass auch in Fällen, in de­nen eine Ent­gelt­um­wand­lung nicht dem Be­trAVG un­terfällt, die Pen­si­onsrück­stel­lung mit dem Min­dest­bar­wert zu be­wer­ten sein kann. Dies ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin ver­fas­sungs­gemäß.

Ob § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 Halb­satz 2 EStG nur für Ent­gelt­um­wand­lun­gen gilt, die von Ar­beit­neh­mern i.S.d. Be­trAVG vor­ge­nom­men wer­den, ist um­strit­ten. Das FG hatte an­ge­nom­men, dass auch bei ei­ner Pen­si­ons­zu­sage außer­halb des Be­trAVG eine Be­wer­tung min­des­tens mit dem Bar­wert vor­zu­neh­men ist. An­dere Stim­men in der Li­te­ra­tur so­wie das bei­ge­tre­tene BMF (R 6a Abs. 12 Satz 4 EStR) ver­lan­gen hin­ge­gen, dass die Pen­si­ons­zu­sage gem. § 1b Abs. 5 Be­trAVG un­ver­fall­bar ist; die Un­ver­fall­bar­keit auf­grund ei­ner ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung rei­che nicht aus.

Die zu­letzt an­geführte Auf­fas­sung ist zu­tref­fend. Für sie spre­chen so­wohl die Ent­ste­hungs­ge­schichte der Re­ge­lung als auch der im Laufe des Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­rens ergänzte Ge­set­zes­wort­laut. Die vom Ge­setz­ge­ber be­ab­sich­tigte Ein­schränkung des An­wen­dungs­be­reichs der Neu­fas­sung kommt im Wort­laut der Vor­schrift ein­deu­tig zum Aus­druck. Denn § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG ver­langt für den vom FG vor­ge­nom­me­nen Teil­wert-Bar­wert-Ver­gleich, dass eine "Ent­gelt­um­wand­lung i.S.v. § 1 Ab­satz 2" Be­trAVG vor­liegt. Min­dest­bar­wert ist außer­dem die gem. den Vor­schrif­ten des Be­trAVG un­ver­fall­bare künf­tige Pen­si­ons­leis­tung.

Der Auf­fas­sung des FG, dass eine Dif­fe­ren­zie­rung nach der Rechts­stel­lung des Pen­si­ons­be­rech­tig­ten (ins­be­son­dere, ob er un­ter das Be­trAVG fällt, Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer ist oder in einem an­de­ren Rechts­verhält­nis zum Pen­si­ons­pflich­ti­gen steht) in § 6a EStG nicht an­ge­wie­sen sei, ist nicht zu fol­gen. Diese Aus­le­gung wi­der­spricht auch nicht dem mit dem Al­ters­vermögens­ge­setz ver­folg­ten Ge­set­zes­zweck. Durch das Al­ters­vermögens­ge­setz in der Aus­schuss­fas­sung soll­ten - u.a. ne­ben der Re­form der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung, der Bei­trags­satz­sta­bi­li­sie­rung und dem Auf­bau ei­ner zusätz­li­chen ka­pi­tal­ge­deck­ten Al­ters­vor­sorge mit staat­li­cher Förde­rung durch Zu­la­gen und steu­er­li­che Ent­las­tun­gen - (nur) Ar­beit­neh­mer einen in­di­vi­du­el­len An­spruch auf be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung durch Ent­gelt­um­wand­lung mit so­for­ti­ger ge­setz­li­cher Un­ver­fall­bar­keit er­hal­ten (BT­Drucks 14/5150, S. 10 f.).

Eine Aus­deh­nung auf Ent­gelt­um­wand­lun­gen von Per­so­nen, die keine Ar­beit­neh­mer i.S.d. Be­trAVG sind, war mit dem Al­ters­vermögens­ge­setz nicht be­ab­sich­tigt. Ent­spre­chend hat der Ge­setz­ge­ber auch die in § 6a EStG ein­gefügten Fol­ge­re­ge­lun­gen auf die mit dem Al­ters­vermögens­ge­setz stärker geförder­ten Pen­si­ons­zu­sa­gen be­schränkt. We­der diese Aus­le­gung des § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halb­satz 1 und 2 EStG noch § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Halb­satz 1 und 2 EStG sind ver­fas­sungs­wid­rig. Ins­be­son­dere liegt kein Ver­stoß ge­gen den Gleich­heits­satz (Art. 3 Abs. 1 GG) vor.

nach oben